Frage an Oliver Krischer von Wolf H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Krischer,
warum lehnen es die Grünen ab, das Alter von (angeblich) minderjährigen Immigrantinnen und Imigranten medizinisch bei jedem Betreffenden festzustellen, um so den Mißbrauch von Leistungen und Privilegien (z.B. Abschiebeschutz, Familiennachzug ...) auszuschließen. Anscheinend wird ja bei der Alterangabe viel gemogelt - zumindest wird da behauptet und dieser Behauptung wäre - wenn sie den falsch wäre - durch solche Reihenuntersuchungen leichter entgegenzutreten.
Viel Erfolg für Ihre Arbeit,
W. H.
Sehr geehrter Herr H.,
gerne erläutere ich Ihnen unsere Position zur Altersfeststellung bei Geflüchteten.
Es gibt keine verlässliche Möglichkeit für eine exakte Einschätzung des Alters.
Bei der Altersfeststellung ist nur eine grobe Schätzung mit einer Streubreite von mehreren Monaten bis Jahren möglich. Der Beweis, dass eine Person volljährig ist, lässt sich auch durch bildgebende Verfahren nicht mit der geforderten "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" erbringen. Denn der Reifungsprozess des Knochenalters kann durch verschiedene Faktoren, insbesondere die Ernährung, psychosoziale Einflüsse, ethnische oder soziale Herkunft, beeinflusst werden.
Aus unserer Sicht ist es daher notwendig, dass es verbindliche bundeseinheitliche Mindeststandards braucht, so dass alle Beteiligten sich auf die erfolgten Einschätzungen verlassen können. Bei der Wahl der Methoden muss ausgeschlossen sein, dass diese das Wohl der betroffenen Personen verletzten bzw. einen Eingriff in die körperliche Integrität darstellen.
Die grünen Position in Bund und Ländern ist daher, dass die Altersschätzung bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen gemäß den Handlungsempfehlungen der Landesjugendämter zunächst sozialpädagogisch erfolgen soll. Eine medizinische Untersuchung sollte nur in besonderen Ausnahmefällen auf Antrag des Flüchtlings oder bei Verdacht auf Missbrauch auf gerichtliche Anordnung vorgenommen werden. So sieht es auch die Ethikkommission der Bundesärztekammer.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer