Frage an Oliver Krischer von Volker L. bezüglich Innere Sicherheit
Guten Tag
nun geht es in meiner Frage dialektisch zu. Zum einen möchte ich wissen wie der Bundestag 2003 zum Entschluss kam von Linux weg zu XP zu gehen - und damit viel Geld auszugeben.
Um dann aber 2014 nicht XP abzulösen sondern Microsoft 120000 Euro zu bezahlen für die weitere Pflege von XP.
Hat ja auch gut funktioniert wie man aus den Berichten lesen kann.
Wie stehen Sie nun nach diesem Debakel und der Peinlichkeit zu proprietärer Software und unterstützen Sie nun die Einführung einer geldsparenden OpenSource Lösung ? (siehe München oder die Französische Polizei).
Sehr geehrter Herr Langwald,
herzlichen Dank für Ihre Frage vom 11.06.2015 und das Interesse an meiner Arbeit als Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. Über beides habe ich mich gefreut. Entschuldigen Sie bitte zugleich, dass ich erst heute, nach zwei anstrengenden Sitzungswochen, dazu komme, mich erneut bei Ihnen zu melden.
Als grüne Bundestagsfraktion machen wir, das ist auf dem innen- und netzpolitischen Blog www.gruen-digital.de meines Kollegen, unseres netzpolitischen Sprechers Konstantin von Notz, auch sehr klar dokumentiert, seit langem auf die massiven Defizite im Bereich der IT-Sicherheit in und außerhalb des Parlaments und die Notwendigkeit eines verstärkten Einsatzes von FOSS aufmerksam.
So verweisen wir immer wieder, gemeinsam mit den höchst engagierten Entwicklerinnen und Entwicklern, auf die vielfältigen Vorteile, die der Einsatz freier und offener Software bietet. Gegen die Rückabwicklung der von Ihnen angesprochenen Leuchturmprojekte haben wir uns immer wieder ausgesprochen und auf vielfältigen Wegen parlamentarisch nachgehakt. Im Bundestag haben wir uns in den vergangenen Jahren immer wieder für den vermehrten Einsatz freier und offener Software eingesetzt.
Zuletzt haben wir im Rahmen der Debatte um das IT-Sicherheitsgesetz auf die Vorteile freier und offener Formate hingewiesen und die Bundesregierung noch einmal aufgefordert, sich endlich für den verstärkten Einsatz von FOSS einzusetzen. Hier finden Sie die Rede meines Kollegen sowie den von usn vorgelegten Antrag: https://gruen-digital.de/2015/06/it-sicherheitgesetz-der-bundesregierung-notwendiger-schutz-dig-infrastrukturen-privater-kommunikation-faellt-aus/
Sicher ist der Einsatz von FOSS kein Allheilmittel, dennoch ist freie und offene Software, gerade wenn es darum geht, die Vulnerabilität gegenüber IT-Angriffen zu verringern, zweifellos ein zentraler Baustein. Hierauf hat übrigens auch die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, die sich in einer eigenen Projektgruppe sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt hat, hingewiesen. Die Bundesregierung muss endlich einen ganzeinheitlichen Ansatz beim Schutz unserer digitalen Infrastrukturen verfolgen. Dies ist – übrigens auch verfassungsrechtlich – geboten.
Angesichts der derzeitigen Situation wäre eine lückenlose Bestandsaufnahme der eingesetzten Hard- und Software ja durchaus ein erster Anfang. Auch wenn es absurd anzumuten scheint: Eine solche hat man bis heute, obwohl wir sie wiederholt gegenüber der Bundesregierung angemahnt haben, nicht vorgenommen.
Zum derzeitigen IT-Angriff auf den Bundestag: Häme verbietet sich hier unseres Erachtens. Gleichzeitig muss man feststellen, dass man durchaus vorgewarnt war. Es ist ja mitnichten der erste Angriff auf den Bundestag, wenn auch dieser Angriff, verglichen mit vorherigen, zweifellos von einer anderer Qualität ist. Nun liegt das Kind im Brunnen und es wird einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand benötigen, die bestehenden Defizite effektiv und langfristig abzubauen.
Auch im Zuge der nun laufenden Gespräche über die Neuaufstellung der IT-Landschaft des Bundestages machen wir, wie in den Jahren zuvor, immer wieder auf die Vorteile freier und offener Software aufmerksam.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer