Frage an Oliver Krischer von Thomas J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
guten tag herr krischer,
mit entsetzten habe ich wahrgenommen das die reform der rundfunkgebühren beschlossen wurde.
dies bedeutet für mich und meine frau das wir ab 2013 fünf mal rundfunkgebühern zahlen müssen!
(2 wohnsitze und 3 "gewerbe"betriebe.)
und das obwohl wie beide uns seit jahren dem fehrnsehen bewusst verweigern und dieses angebot auch weiterhin nicht nutzen wollen.
aus welchem grund ist diese gebühr nicht nutzungsabhängig oder geräteabhängig oder gar personengebunden?
warum sollen wir für die bespaßung der mitbürger monatlich ca. 60 euro bezahlen?
mit freundlichem gruß
Thomas Jumpertz
Sehr geehrter Herr Jumpertz,
die Rundfunkgebühren-Reform wird von den Landtagen beschlossen, das dieses Thema in Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Der Bundestag ist nicht unmittelbar involviert. Trotzdem antworte ich Ihnen gerne, weil ich die vom Landtag NRW kürzlich beschlossene Reform für richtig und gut halte.
Die von Ihnen angeführten Argumente, die aus Ihrer Sicht gegen die Rundfunkgebühren-Reform sprechen, überzeugen mich nicht. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Meinung, dass es weltweit kein vergleichbar vielfältiges und hochqualitatives Rundfunkangebot gibt, wie wir es in Deutschland kennen. Dazu tragen meiner Meinung nach die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die ja auch in den einzelnen Bundesländern nochmals für vielfältigen Qualitätsjournalismus im Hörfunk und in den dritten TV-Programmen mit stehen, erheblich bei, ja sie bilden aus m einer Sicht eben genau die Grundlage dafür.
Außerdem profitieren wir Bürgerinnen und Bürger auch direkt vom technischen Fortschritt, sei es durch die digital-terrestrische Verbreitung (DVBT) oder die Einführung des HD-Fernsehens, all diese Neuerungen werden ebenfalls aus der seit Jahren stabilen und bei Annahme des neuen 15. Rundfunkgebühren-Staatsvertrages (15. RÄStV) auch weiterhin zunächst stabil bleibenden Rundfunkgebühr in Höhe von 17,98 EURO pro Monat (und dann demnächst pro Haushalt - und eben nicht mehr pro Gerät!) finanziert.
Gerne schreibe ich Ihnen, welche Punkte aus meiner Sicht außerdem für die Annahme des neuen „Gebührenstaatsvertrags“ sprechen:
1. Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag regelt den Übergang von der Geräte- zur Haushaltsabgabe. Das war - sowohl im Sinne der Beitragsgerechtigkeit als auch im Sinne der heutigen Medienrealität - ein absolut sinnvoller Schritt, der eine zentrale Rolle für die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spielt. Alle Haushalte werden zum Rundfunkbeitrag herangezogen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt Verfassungsrang und wird nach dem Solidarprinzip von allen gemeinsam finanziert, auch wenn der Einzelne dieses Angebot persönlich nicht wahrnimmt. So, wie es ja auch viele Menschen gibt, die mit ihren Steuern Dinge solidarisch mitfinanzieren, die sie selbst nicht nutzen.
2. Nordrhein-Westfalen hat sich, seit die neue rot-grüne Landesregierung im Amt war (die Verhandlungen für den neuen Staatsvertrag waren bei Regierungsantritt im Wesentlichen von der schwarz-gelben Vorgängerregierung abgeschlossen), für einen stärkeren Datenschutz im 15. RÄStV eingesetzt. Außerdem sollte man sich in der Abwägung auch vor Augen führen, wie das System der Geräteabgabe bisher aussieht und dass dieses System darauf basiert, dass der GEZ-Mann (oder die GEZ-Frau) bisher an der Haustür klingelt und es jedes Jahr regelmäßig Beschwerden über Außendienstmitarbeiter der GEZ gibt, die versuchen, sich auch aus Kontrollgründen zu Wohnungen Zutritt zu verschaffen. Dieses System fällt mit der Neuregelung künftig endlich weg.
3. Die Höhe des monatlichen Beitrags soll mit 17,98 EURO stabil bleiben. Das heißt, auch künftig erhalten Sie für den Preis eines Vollkornbrötchens (ca. 60 Cent) täglich sämtliche öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehprogramme über alle Kanäle und sogar über das Internet – einige Fernsehprogramme ARD, ZDF, ARTE sogar auch schon in HD-Qualität ohne weitere Kosten. Auch die sogenannten Gebühren-Befreiungstatbestände bleiben bestehen. Allein in NRW zahlen rund 10 % der Rundfunkteilnehmer aus sozialen Gründen keine Rundfunkgebühren, weil sie davon befreit sind. Da es sich um ein nach dem Solidarprinzip organisiertes System handelt, zahlt ab dem Jahr 2013 jeder Haushalt eine solche Gebühr, unabhängig davon, ob und wie man dieses Angebot nutzt und wie viele Geräte dazu in einem Haushalt verwendet. Dies ist auch verfassungsrechtlich hinreichend geprüft, entsprechend hat der renommierte Verfassungsrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhoff dazu ein sehr umfangreiches Gutachten erstellt. Dass er dies in größter Unabhängigkeit getan hat, schon, weil er seinen wissenschaftlichen Ruf nicht aufs Spiel setzen will, sollten wir gemeinsam unterstellen. Jedenfalls liest sich sein 85-seitiges Gutachten wesentlich differenzierter, als mancher Beitrag, den man - auch in diesen Tagen in der ein oder anderen Publikation nachlesen kann.
Da ich Ihre persönliche Situation, sehr geehrter Herr Jumpertz, nicht kenne, kann ich natürlich nicht beurteilen, ob Sie ab 2013 durch den neuen Rundfunkbeitrag mehr belastet sein werden, als durch die bisherige Rundfunkgebühr und auch wenn Sie keine Fernsehgeräte nutzen, so hören Sie vielleicht doch Radio und profitieren von den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Radioangebotes, zum Beispiel auch des WDR hier in NRW.
Mit Dank für Ihre Anfrage und
mit freundlichen Grüßen