Frage an Oliver Krischer von Christine K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krischer,
ich wende mich an Sie, weil Sie Mitglied im Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Bundestages sind.
Meine Frage zielt auf den Gesundheitsschutz der Bevölkerung ab. Sind Sie der Ansicht, dass die Gesundheit der Bevölkerung durch kontrollierte Messungen von staatlicher oder wenigstens neutraler Seite gut genug geschützt ist?
Zum Hintergrund: Ich wohne in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem in Kürze in Betrieb gehenden Braunkohlestaubkraftwerkskomplex. In diesem Anlagenkomplex wird auch formaldehydhaltiges Gas verfeuert, das von einer anderen Firma zugeliefert wird. Allerdings wird die Zufuhr dieses formaldehydhaltigen Gases automatisch unterbrochen, wenn es mehr als 1,5 % Sauerstoff enthält.
Die Frage ist, welcher Verwendung wird dieses formaldehydhaltige Gas zugeführt, wenn die Zuleitung in den Brennkessen des Braunkohlestaubkraftwerks unterbrochen wird. Wird es "über Dach gefahren"? Alleine in der für die Verbrennung vorgesehenen Abgasmenge sind 60.453 kg Formaldehyd enthalten. Details können Sie hier http://zukunftfechenheim.wordpress.com/2011/08/11/formaldehyd/ nachlesen. Welche Mengen Formaldehydgas darüber hinaus noch anfallen und gar nicht für die Verfeuerung eingeplant sind, ist der Öffentlichkeit unbekannt.
Wer stellt sicher, dass das formaldehydhaltige Abgas tatsächlich nur in begrenzten Zeiträumen emittiert wird? Besteht hier eine Gesetzeslücke oder sehen Sie keinen Regelungsbedarf? Sollten Sie Regelungsbedarf sehen, was werden Sie unternehmen?
Ich bedanke mich im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Christine Kirchhoff
Sehr geehrte Frau Kirchhoff,
vielen Dank für Ihre Email. Die Frage die Sie aufwerfen ist tatsächlich sehr interessant, nur leider aus dem Stegreif auch für mich nicht zu beantworten. Wir werden aber recherchieren und Ihnen schnellstmöglich antworten.
Mit freundlichen Grüße
Ihr Oliver Krischer
Sehr geehrte Frau Kirchhoff,
gerne möchte ich Ihnen nun ausführlicher auf Ihre Frage antworten.
Grundsätzlich sind die Vollzugsbehörden der Länder dafür zuständig, die nach der Verwaltungsvorschrift TA Luft erteilten Sonderemissionsgenehmigungen zu erteilen und ihren Gebrauch zu überwachen.
In Ihrer Sache habe ich Mitte September 2011 eine Anfrage an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gestellt. Darin habe ich im Wesentlichen folgende Frage an Ihn formuliert:
Wie stellen die Vollzugsbehörden der Bundesländer sicher, dass Anlagen, die über eine Sondergenehmigung nach Ziffer 5.1.2 TA Luft zur Emission von formaldehydhaltigen Gas verfügen, die zugelassenen Emissionswerte tatsächlich nur in Sonderfällen überschreiten?
In diesen Tagen ist die Antwort des Ministers Dr. Norbert Röttgen in meinem Büro eingetroffen.
Wird eine Sondergenehmigung zur Emission von formaldehydhaltigem Gas nach Ziffer 5.1.2. TA Luft erteilt, so hat die zuständige Vollzugsbehörde Einzelheiten zur Anwendung dieser Sondergenehmigung im Genehmigungsbescheid festzulegen. Dazu gehören Anforderungen zur Überwachung hinsichtlich des Messverfahrens, der Messhäufigkeit und der Unterrichtung der zuständigen Behörde. Messungen sind entweder als wiederkehrende Einzelmessungen oder kontinuierliche Messungen vorzunehmen. Die durchgeführten Messungen werden in Messberichten festgehalten, welche auch über den jeweiligen Betriebszustand Auskunft geben. Ob diese Messberichte der Behörde regelmäßig oder nur auf Verlangen vorgelegt werden müssen, steht im Ermessen der zuständigen genehmigenden Behörde.
Neben der TA Luft können zudem noch landesspezifische Regelungen die Anwendung der Genehmigung konkretisieren.
Im Ergebnis stellt also die jeweilige Vollzugsbehörde im Bundesland sicher, dass die zugelassenen Emissionswerte tatsächlich nur in Sonderfällen überschritten werden. Nach Auskunft des BMU hat sie dabei einen großen Entscheidungsspielraum in Bezug auf die Häufigkeit und Intensität der Kontrollen.
Insofern könnte es also hilfreich sein, für konkrete Informationen über die Kontrollen des Kraftwerkes, in dessen Nachbarschaft sie wohnen, das entsprechende Landesministerium zu kontaktieren.
In vielen Bundesländern werden die Emissionsdaten und die Art der Messung von den für die Überwachung zuständigen Behörden für jede Anlage veröffentlicht, z. T. online oder tagesaktuell im Internet. Welche Behörde das ist (in der Regel Landkreis oder Bezirksregierung) und wo genau die Daten der von Ihnen genannten Anlage erfasst und veröffentlicht werden, erfahren Sie auf jeden Fall beim zuständigen Landesministerium.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN setzen sich darüber hinaus für eine Verschärfung der gesetzlichen Grundlagen Bundesimmissionsschutzgesetz und -verordnung ein. Einige der heute geltenden Grenzwerte für die Emissionen bestimmter Stoffe aus bestimmten Anlagen sind nicht mehr zeitgemäß, weil es auch hier einen Fortschritt der Anlagentechnik gibt. Im Zuge dessen muss auch überprüft werden, ob die Überwachung und die Art der Messung bestimmter Schadstoffe verbessert werden können. Dazu greifen wir gerne Ihre Hinweise auf. Leider haben Anträge zur Änderung der einschlägigen Bundesimmissionsschutzverordnung, die wir als Grüne im Bundesrat (über das Land NRW) und den Bundestag initiiert haben, nicht die erforderliche Mehrheit bekommen. Die derzeitige Bundesregierung sieht hier - für uns unverständlich - keinen Handlungsbedarf. Wir werden uns aber weiter dafür einsetzen, dass zumindest der Stand der Technik sowohl bei der Schadstoffreduzierung als auch bei der Überwachung möglichst eingesetzt wird.
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Krischer