Frage an Oliver Jütting von Andreas K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Jütting,
2 Fragen an Sie
1.Im Berliner Senat kommt wissenschaftlicher Politikberatung im weitesten Sinne, Anbindung an die Sozialwissenschaft im engeren Sinne, in den letzten Jahren sehr wenig Bedeutung zu. Reicht das ihrer Meinung nach aus oder benötigt die Berliner Politik und ihre Vertreter mehr wissenschaftliche Unterstützung?
2. In Zeiten wachsender Imageberatung etc sinkt das Vertrauen der Bürger in die Politik und die Politiker noch rapider als vorher. Worin sehen sie die Gründe, sehen Sie darin eine Gefahr und wenn ja, wie wollen Sie das Vertrauen wieder gewinnen.
Grüße aus dem Wahlkreis
A. Kolbe
Sehr geehrter Herr Kolbe,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zu 1.: Ich sehe die Tendenz, sich Unterstützung und Beratung einzukaufen, generell eher kritisch. Sicherlich ist es notwendig, dass sich die Politik, sei es im Senat, sei es im Abgeordnetenhaus, gerade auch wissenschaftlich auf dem neuesten Stand hält. Aber dafür gibt es angestelltes Fachpersonal, das Einholen von Beratungsfirmen ist oftmals teuer und von den MitarbeiterInnen bereits erarbeitete Ergebnisse werden lediglich bestätigt. Zum Andern ist es ja nicht grundlos so, dass PolitikerInnen gewählt werden. Sie stehen damit im Fokus der Öffentlichkeit und sind ihr gegenüber verantwortlich. Die immer weitere Verlagerung der politischen Arbeit auf MitarbeiterInnen und Beratungsfirmen führt letztlich dazu, dass politische Arbeit von Menschen erledigt wird, die nicht demokratisch legitimiert sind.
Zu 2.: Der Verlust des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Politik (sichtbar z. B. in der seit Jahren langsam, aber stetig sinkenden Wahlbeteiligung) ist ein sehr komplexes Thema. Es gibt verschiedene Ursachen dafür: Eine ist sicherlich die Menge der unterschiedlichen Entscheidungsebenen (BVV, Abgeordnetenhaus, Bundestag, Europaparlament) und die daraus resultierende Unübersichtlichkeit vieler politischer Entscheidungen. Eine andere Ursache ist aber sicherlich auch fehlende BürgerInnennähe vieler PolitikerInnen. Ein gutes Mittel gegen beides ist meines Erachtens nach der direkte Kontakt mit von Entscheidungen Betroffenen, aber auch allen anderen BewohnerInnen. Stände sollten nicht nur zu Wahlkampfzeiten stattfinden, sondern gerade auch in Zeiten ohne Wahlen, um den Menschen Politik erfahrbar zu machen. Überparteiliche Tage der offenen Tür, BürgerInnensprechstunden u. ä. sind hier gut erprobte Mittel.
Mit freundlichen Grüßen,
Oliver Jütting