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Oliver Grundmann
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Frage von Christian W. •

Frage an Oliver Grundmann von Christian W. bezüglich Gesundheit

Guten Tag Herr Grundmann,
was hat Sie bitte dazu bewegt, am vergangenen Mittwoch (21.04.2021) der Änderung des Infektionsschutzgesetzes zuzustimmen?
Besten Dank
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wolff

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Sehr geehrter Herr Wolff,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Gern erläutere ich Ihnen meine Entscheidung, weshalb ich für die Novelle des Bevölkerungsschutzgesetzes gestimmt habe.

Besonders in Krisensituationen wie der derzeitigen Lage fallen Entscheidungen, an die weitgehende Konsequenzen gebunden sind, sehr schwer. Ich persönlich und auch alle Kollegen, mit denen ich immer wieder gesprochen habe, nehmen die Situation sehr ernst. Den Gesetzgebungsprozess habe ich sehr gewissenhaft, kritisch und konstruktiv begleitet und dabei auch immer wieder die Rücksprache mit Fachleuten aus unserer Region gesucht.

Wir sehen die Härten, die der derzeitige gesellschaftliche Stillstand für alle - von Kindern bis zu alten Menschen - mit sich bringt. Wir sehen aber auch die Gefahren für die Gesundheit vieler Mitmenschen, die mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen verbunden sind. Ein wichtiger Indikator ist hier die Zahl der insgesamt in Deutschland verfügbaren Intensivbetten, für die wir derzeit von Medizinern immer neue Warnungen erhalten. Sie können selbst auch die Zahlen nachvollziehen: https://www.divi.de/register/tagesreport . Dazu ein Bericht von vor rund zwei Wochen aus dem Elbe-Kliniken, die momentan am Limit (26 stationär, davon 9 auf Intensivstation) arbeitet: https://www.facebook.com/elbekliniken/videos/509795430025121/

Wenn es nicht gelingen sollte, einen weiteren Anstieg frühzeitig zu stoppen, wären die Konsequenzen fatal und angesichts eines schon greifbaren Erfolgs der Impfkampagne auch tragisch. Seit Mitte März hatte sich der Anstieg der Infektionszahlen beschleunigt. Derzeit liegen wir bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von rund 150 Infektionen pro 100.000 Einwohner mit einer stabilen Tendenz, was uns für den Moment freuen sollte, aber leider noch keine Entwarnung darstellt. Erfahrungsgemäß kommen diejenigen, die sich heute anstecken und schwerer erkranken, binnen zwei Wochen auf den Intensivstationen an. Das heißt: Deutschland befindet sich mitten in der dritten Welle. Der Blick zu unseren europäischen Nachbarn von Portugal, über England, Frankreich bis nach Polen zeigt deutlich, dass wir mit dieser Erfahrung nicht alleine sind. Und es zeigt auch: Eine erfolgreiche Bekämpfung der neuen und ansteckenderen Virusvariante aus England verlangt uns ein konsequenteres Vorgehen ab. Schließlich geht es nicht nur um Menschen, die sterben könnten. Explizit möchte ich auch die Gefahren des bislang wenig erforschten Krankheitsbildes „Long Covid“ hervorheben, an dem ca. zehn Prozent der Erkrankten leiden und von dem ich mir im persönlichen Gespräch mit Betroffenen ein Bild machen konnte.

Diese Argumente bitte ich bei allem verständlichen Ärger und aller Frustration über die derzeitige Lage auch wahrzunehmen. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang auch nicht verhehlen, dass ich das Krisenmanagement – vorsichtig formuliert – für verbesserungswürdig halte. Durch die erste Welle sind wir noch besser als viele andere gelangt, danach sind auf nahezu allen Ebenen Fehler geschehen. Ein entschiedeneres Handeln wäre im Rückblick besser gewesen - ähnlich haben sich auch bereits verschiedene Ministerpräsidenten geäußert.

Warum nun noch einmal die Änderungen im Bevölkerungsschutzgesetz? Grundsätzlich konkretisiert die Novelle des Gesetzes nur noch einmal, was die Ministerpräsidenten der Bundesländer gemeinsam mit der Kanzlerin ohnehin beschlossen hatten, aber nicht mit Konsequenz vollziehen. Dass das nun notwendig wurde, ärgert auch mich. Es bleibt aber nicht einzusehen, dass bei gleich hohen Infektionszahlen in einem Bundesland der Lockdown verschärft wird, während in einem anderen weitere Öffnungsschritte vollzogen werden. Das kann zurecht kein Mensch verstehen und gefährdet die Eindämmung der Pandemie in ganz Deutschland. Die nun vorgesehene bundesweit einheitliche Regelung der Maßnahmen schafft Verbindlichkeit und Klarheit: Liegt die Sieben-Tages-Inzidenz in einem Landkreis drei Tage lang über 100, dann greift sie automatisch und zwar überall in Deutschland.

Die bundesweite Notbremse ist befristet bis zum 30. Juni dieses Jahres. Damit ist auch die Perspektive für den Kraftakt gesetzt, den die Pandemie jetzt erneut von uns verlangt. Bereits bis heute wurden 22 Millionen Deutsche mindestens einmal geimpft. Im jetzigen Quartal von April bis Juni erwarten wir die Lieferung von weiteren 69 Millionen Impfdosen. Rückschläge kann niemand ausschließen, aber die Perspektive auf eine schrittweise Normalisierung der Lage ist damit klar gesetzt. Ich werde weiterhin mit aller Kraft dafür einstehen, dass wir diese Perspektive halten können.

Mir persönlich ist sehr bewusst, was sich vor Ort in den Gemeinden, Märkten und Städten abspielt, wie überdrüssig wir alle der Situation sind. Das geht auch mir persönlich so. Gleichzeitig müssen wir uns klar machen, dass es um das Leben und die Gesundheit vieler Menschen geht. Und wir haben heute mit unserem Wissen, mit Schnelltests und Impfstoffen mehr Mittel in der Hand. Ich möchte daher auch bei Ihnen um Unterstützung für die Maßnahmen gegen das Corona-Virus werben. Das Bundesgesetz ist eine Notbremse, es entlässt weder die Länder noch die Gemeinden aus Ihrer Verantwortung und am Ende kommt es bei der Bekämpfung der Pandemie auf die Bereitschaft jedes Einzelnen und jeder Einzelnen an.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute, danke Ihnen nochmals für Ihre Kontaktaufnahme und verbliebe in der Hoffnung, dass ich Ihnen mein Abstimmungsverhalten nachvollziehbar erläutern konnte. Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Grundmann

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