Frage an Oliver Grundmann von Lutz S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Grundmann,
die Corona-Pandemie fordert viele Opfer. Nicht nur im gesundheitlichen Bereich. Die Bundesregierung versucht mit finanziellen Unterstützungen zu helfen. Das reicht leider nicht. Viele kleinere und mittelständige Gewerbetreibende stehen trotzdem kurz vor der Insolvenz oder sind bereits pleite. Studenten fehlen die Jobs zum Lebensunterhalt usw.
Immer wieder hört man, dass ja die sogenannte „Fixkosten“ weiter gehen und abgedeckt werden müssen. Also Miete, Energiekosten (Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Müllentsorgen etc.).
Was mich sehr verwundert: Gerade hier scheint die Corona-Krise vorbeizumarschieren. Im Gegenteil. Die entsprechenden Unternehmen (u.a. auch die kommunalen Versorger) erhöhen in der jetzigen Situation noch die Preise. Einige wenige Vermieter sind „großzügig“ bereit, die anstehende Miete auszusetzen. Trotzdem muss die Miete später nachgezahlt werden. Wovon denn?
Warum werden Energieversorger und Vermieter nicht auch belastet?
Preiserhöhungen der Energie- und Ver- bzw. Entsorgungskosten sind das völlig falsche Signal in diesen Zeiten!
DIe Schere klafft immer weiter auseinander: Einkommensverluste bei gleichzeitiger Erhöhung der Kosten.
Ich erwarte von der Politik, dass sie neben den vielen Milliarden-Euro-Unterstützungen für Großunternehmen (Lufthansa, TUI, Automobilbranche etc.) und den Unterstützungen für kleinere Unternehmen an die schon gebrochenen Existenzen denkt.
Das könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass eine Mietpreisbremse endlich umgesetzt wird, den Vermietern die steuerlichen Abschreibungen z.Zt. gestrichen werden, Energieunternehmen und kommunale Einrichtungen verpflichtet werden, keine Preiserhöhung vorzunehmen.
Mir ist klar, dass Politik nicht direkt in die Preisgestaltung von Unternehmen eingreifen darf. Trotzdem hat Politik über Abgaben, Steuern, Verordnungen etc. ausreichende Steuerungsinstrumente in der Hand.
Ich bitte Sie als Vertreter meines Wahlkreises im Bundestag sich entsprechend einzusetzen.
MfG
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Wie Sie richtig sagen, stellt uns die Corona-Pandemie vor enorme soziale und wirtschaftliche Herausforderungen. Mit den Hilfspaketen und Überbrückungshilfen für Selbständige und Unternehmen unterstützt der Bund mit allen Kräften die angeschlagene Wirtschaft. Dabei geht es aber nicht allein um die Unterstützung von prominenten Großunternehmen, sondern vor allem um den Erhalt der vielen Millionen Arbeitsplätze z.B. auch im deutschen Mittelstand. Alleine für das Kurzarbeitergeld hat unser Land bis Jahresende rund 20 Milliarden Euro ausgegeben. Laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) konnten damit in der Spitze der Corona-Krise über 2,9 Millionen Arbeitsplätze gesichert werden. Und es wäre für unseren Staat noch viel teurer gekommen, wenn die Menschen, deren Jobs durch Kurzarbeit erhalten werden konnten, arbeitslos geworden wären. An jedem Arbeitsplatz hängt auch immer ein menschliches soziales Schicksal.
Zur Realität gehört auch, dass die Gesamthilfen mit einer Neuverschuldung von knapp 180 Milliarden Euro verbunden sind, der zweithöchsten in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Herausforderung – insbesondere auch der kommenden Wahlperiode – wird daher sein, Deutschland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzuführen und solide zu wirtschaften.
Neben diesen finanziellen Unterstützungen für die Wirtschaft, wurden aber auch Entlastungen für die breite Bevölkerung beschlossen, wie bspw. die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer. Zusätzliche Belastungen der Bürgerinnen und Bürger durch steigende Preise, sind also nicht im Interesse des Bundes. Gleichzeitig sind die Kompetenzen des Bundes aber auch begrenzt. Dazu gehört auch die langfristig ausgerichteten Preisgestaltungen der jeweiligen Stromkonzerne. Klar ist aber auch: Energieversorger dürfen keinen Sondergewinn auf dem Rücken der privaten Haushalte machen. Das gilt generell, aber insbesondere in Zeiten einer solchen Krise.
Was den Schutz von Mietern betrifft, hat der Bund beschlossen, dass Zahlungsrückstände aus dem Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2020 den Vermieter nicht zur Kündigung berechtigen – und das für die Dauer zwei Jahren. Das heißt, erst, wenn der Mieter die Zahlungsrückstände auch nach dem 30. Juni 2022 noch nicht beglichen hat, kann ihm wieder gekündigt werden. Mit den Regelungen wird verhindert, dass infolge vorübergehender Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie Mieter ihr Zuhause verlieren. Die von Ihnen erwähnte Mietpreisbreme ist bereits am 1. Juni 2015 in Kraft. Diese gilt jedoch ausschließlich in Gebieten mit sog. "angespannter Wohnungslage". Mieten dürfen dort bei Wiedervermietung bestehender Wohnungen nur noch maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Zusätzliche Belastungen der Bevölkerung in diesen ohnehin schon schwierigen Zeiten wollen wir vermeiden. Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung und dafür setze ich mich auch weiterhin mit aller Kraft ein!
Gerne können Sie sich in Zukunft auch direkt an mich wenden, unter: oliver.grundmann@bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen nach Kutenholz und bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Grundmann