Frage an Oliver Grundmann von elke R. bezüglich Gesundheit
Ich bin jetzt 70 und u.U. auf die Pflege meines Sohnes angewiesen, der im fernen Stuttgart arbeitet. In einem Betrieb mit unter 25 Beschäftigten.
Ich weiß von meiner eigenen Mutter, wieviel Zeit es beansprucht z. B. nach einem Schlaganfall ein Pflegeheim zu suchen, die Weiterführung des Haushalts zu organisieren und was sonst noch dran hängt, wenn jemand plötzlich pflegebedürftig wird. Ich habe damals eine Woche gebraucht, um das Nötigste auf die Reihe zu bringen.
Mein Sohn soll dafür nun Urlaub nehmen müssen, weil sein Betrieb zu klein ist?
Wie steht es denn mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz - oder wird die CDU wieder warten, bis der BGH den Teil des Gesetzes als grundgesetzwidrig verwirft?
Auch die Mitarbeiter kleinerer Betriebe haben Eltern!!!!!!!!!!!!!
Bitte äußern Sie sich, wie Sie persönlich dieses Vorhaben beurteilen.
Sehr geehrte Frau Rabanus,
vielen Dank für Ihre Frage. In Deutschland leben derzeit rund 2,6 Millionen pflegebedürftige Menschen, deren Zahl weiter steigen wird. Etwa zwei Drittel davon werden in ihrer gewohnten Umgebung betreut und versorgt – dies oft von Angehörigen. Die Familie ist damit Pflegestation Nummer eins in Deutschland.
Diejenigen, die in den Familien zusammenhalten, die für den anderen da sind, sich sorgen, kümmern und pflegen, sie alle haben unsere Anerkennung, unseren Respekt und unseren Dank verdient.
Um die pflegenden Angehörigen in dieser nicht nur psychisch belastenden Situation nicht allein zu lassen, haben wir das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf verabschiedet. Schwerpunkte des Gesetzes sind das Pflegeunterstützungsgeld, der Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen und der Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Künftig können dadurch mehr Menschen die Pflegezeit in Anspruch nehmen.
Zum Pflegefall werden – das kann einen jeden von uns treffen, von heute auf morgen. Mit einem Schlag ist für den Betroffenen selbst, aber auch für die Angehörigen alles anders. Wie Sie am Beispiel ihrer Mutter beschrieben haben, benötigt man erst einmal Zeit sich zurechtzufinden, Zeit, um die Pflege des nahen Angehörigen zu organisieren. Für diesen Fall haben wir das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung bei einer bis zu 10-tägigen Arbeitsverhinderung eingeführt. Der Anspruch auf die 10-tägige Pflegeauszeit gilt für alle Beschäftigten unabhängig von der Größe des Unternehmens.
Durch den neu eingeführten Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit können pflegende Angehörige ihre Arbeitszeit für insgesamt 24 Monate auf 15 Wochenstunden reduzieren. Dieser Anspruch gilt jedoch nicht in Betrieben mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten. Das liegt daran, dass für kleinere Unternehmen der – mitunter kurzfristige – Ersatz von Fachkräften viel schwieriger umzusetzen ist. Hier muss also eine Abwägung erfolgen zwischen dem, was für die einzelne Person wünschenswert und hilfreich ist, und dem, was von der Gesellschaft – dazu gehören natürlich auch Arbeitgeber – geleistet werden kann. Für die Beschäftigten von Kleinunternehmen besteht dennoch die Möglichkeit, mit ihrem Arbeitgeber entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Soweit der Arbeitgeber der Pflegezeit zustimmt, können die Beschäftigten künftig das zinslose Darlehen in Anspruch nehmen. Zudem genießen sie während dieser Zeit den besonderen Kündigungsschutz.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Grundmann