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Ole von Beust
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Frage von Regina F. •

Frage an Ole von Beust von Regina F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr von Beust,

im großen BILD-Weihnachtsinterview, Teil 1, teilen Sie heute den BILD-Zeitungslesern mit, worum es bei der Bürgerschaftswahl geht: "Um Ole oder um Kuddelmuddel." Da allerdings nicht ganz deutlich wird, wofür Ole steht, bitte ich Sie, dieses hier etwas genauer auszuführen: Wofür steht Ole?

Stehen Sie voller Überzeugung für Umweltschutz? Wenn ja: Wie verträgt sich diese Anspruchshaltung mit der Entscheidung, das Kraftwerk Moorburg zu bauen, mit dem jährlich zusätzlich 8 Mio. Tonnen CO2 freigesetzt werden (+ 40 %) http://www.abendblatt.de/daten/2007/04/21/727950.html ?

Stehen Sie für Bürgerbeteiligung? Wenn ja, wie verträgt sich dies mit der Entscheidung, das LBK entgegen eines Volksentscheidsbeschlusses zu privatisieren?

Stehen Sie für Bürgernähe? Wenn ja, werden Sie sicher die Fragen der Hamburgerinnen und Hamburger auf diesem Portal beantworten.

In Erwartung einer ehrlichen Antwort

mit freundlichen Weihnachtsgrüßen
Regina Fischer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Fischer,

natürlich beantworte ich die Fragen, die Sie mir stellen. Das ist doch selbstverständlich.

Es ist mir ernst mit dem Klimaschutz. Die Einrichtung einer „Leitstelle Klimaschutz“ (BSU) durch den Senat und das „Klimaschutzkonzept“ (Drs. 18/6803) dokumentieren den Stellenwert auf unserer landespolitischen Agenda. Es ist mein erklärtes Ziel, auch als Klimaschutzbeauftragter der Bundes-CDU, Hamburg zu einer Modellregion für Klimaschutz und Klimaforschung zu entwickeln. Hierzu wurde bereits ein Klimabeirat mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft eingerichtet.

Unser Klimaschutzkonzept ist ein auf alle Wirtschaftsbereiche, auf die Verwaltung, Privathaushalte und auf Wissenschaft und Forschung bezogener Maßnahmenkatalog. Unser Kernziel ist es, bis 2012 den CO2-Ausstoß um 2 Millionen t zu senken. Spezifische Controllingverfahren sollen den Weg zu diesem Ziel begleiten. Ab 2008 wird der Senat einen jährlichen „Hamburger Klimaschutzbericht“ vorlegen.

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Damit verträgt sich auch der Neubau eines hochmodernen Kohlekraftwerkes.

Leider sind wir sind noch nicht soweit, dass unsere Energieversorgung, vor allem die Grundlastversorgung, allein mit regenerativen Energien zu meistern ist. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist beschlossen, die erneuerbaren Energien können die Grundlast aber noch nicht allein sicherstellen. Wir benötigen also eine Generation an Kraftwerken, um den Zeitraum, in dem die AKWs bereits abgeschaltet sind, die erneuerbaren Energien aber noch nicht weit genug sind, zu überwinden. In Bezug auf die CO2-Bilanz sind hochmoderne Steinkohlekraftwerke weitaus besser für die Umwelt als die veralteten. Das sieht übrigens auch die Bundes-SPD so, die entsprechende Beschlüsse gefasst hat.

Es ist erst wenige Wochen her, dass die russischen Gaslieferanten eine Preiserhöhung um 50% für das Jahr 2008 androhten. Eine Abhängigkeit vom russischen Gas wäre daher schlecht.

Wir sehen es als unsere Pflicht an, Sorge dafür zu tragen, dass Ihnen, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, auch morgen noch bezahlbarer und ausreichend Strom zur Verfügung steht. Wenn wir also unseren heutigen Energiebedarf und den in der näheren Zukunft zu bezahlbaren Preisen decken wollen, brauchen wir einen Energiemix aus Kohle, Gas, erneuerbaren Energien und Atomkraft.

Ich bin der Überzeugung – und das ist im Übrigen auch das Bundesumweltministerium – die durch die Abschaltung von Atomkraftwerken entstehende Lücke mit einer neuen, effizienteren Kohlekraftwerks-Generation zu überwinden. Die Vattenfall Europe AG wird das veraltete Steinkohlekraftwerk in Wedel 2012 vom Netz nehmen und ein neues, hochmodernes in Moorburg bauen, welches durch modernste Techniken dafür Sorge tragen wird, dass bundesweit ca. 2,3 Mio. Tonnen weniger CO2 ausgestoßen werden. Das neue Kraftwerk hat einen sehr viel höheren Wirkungsgrad der Energiegewinnung als die jetzige Generation von Kohlekraftwerken, nämlich von über 46,5 %, ohne Berücksichtigung der Kraft-Wärme-Kopplung - das ist ein Spitzenwert.

Im übrigen hat die Vattenfall Europa AG einen Anspruch auf die Errichtung des Neubaus, wenn es die gesetzlichen Auflagen erfüllt. Nach intensiven, teilweise harten Verhandlungen mit dem Senat hat die Vattenfall Europe AG zahlreiche Zugeständnisse gemacht, die weit über die gesetzlichen Auflagen hinausgehen. Der Konzern investiert zunächst 120 Mio. € zusätzlich, um die folgenden Anforderungen der Stadt zu erfüllen:

Mit dem Neubau wird nach einem unabhängigen Gutachten des TÜV-Rheinland bundesweit eine jährliche Einsparung von 2,3 Mio. t CO2 erreicht werden können, weil alte Kraftwerke abgeschaltet werden können. Klimaschutz endet nicht an der Hamburger Stadtgrenze. Darüber hinaus hat der Konzern sich verpflichtet, eine CO2-Abscheideanlage zu errichten, die im Jahr 2015 in Betrieb gehen soll.

Um die unerwünschte Erwärmung der Elbe deutlich zu reduzieren, errichtet Vattenfall eine Kühlung, die sicherstellt, dass die Differenz zwischen Entnahme- und Einleitungstemperatur maximal 3 Grad beträgt.

Die Fernwärmeleistung wird von 450 auf 650 Megawatt erhöht, das Netz in Richtung Veddel, Wilhelmsburg und Harburg ausgebaut. Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad des Kraftwerks auf 60 Prozent. Dieser Wirkungsgrad, der das Doppelte des durchschnittlichen Wertes von Kohlekraftwerken beträgt, kann nur durch die stadtnahe Lage des Standortes erreicht werden.

Schließlich garantiert das geplante Kraftwerk eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung für zahlreiche Privathaushalte und Betriebe. Es leistet auf diese Weise einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung tausender Arbeitsplätze in zahlreichen Betrieben im Hamburger Hafen wie etwa der Norddeutsche Affinerie – und das mit nach heutigen Maßstäben modernster Technologie.

Die Entscheidung zur Teilprivatisierung des LBK habe ich mir nicht leicht gemacht. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie richtig und notwendig war.

Der LBK war ein Sanierungsfall. Die Teilprivatisierung war unumgänglich, um nicht in eine noch größere finanzielle Schieflage zu geraten und vor allem um die medizinische Versorgung in Hamburg auf qualitativ hochwertigem Niveau sicherzustellen und auszubauen.

Ausgangslange 2004 waren 560 Mio. Euro angehäufte Schulden, 136 Mio. Euro Verlust in 2004 und ein Investitionsbedarf von ca. 90 Mio. Euro.

Die Schulden des LBK hatten ein riesiges Loch in den Haushalt der Stadt gerissen – bis Ende 2004 waren es ca. 560 Mio. Euro. Da die Einnahmen die Kosten nicht deckten, wurden seit 1995 Kredite bei der Stadt aufgenommen. Diese Subventionierung stellte einen Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht dar und hätte bereits aus diesem Grund nicht fortgeführt werden dürfen. Im Jahr 2003 hat der LBK zur Sicherung seiner Zahlungsfähigkeit pro Woche fast 1,8 Mio. Euro von der Stadt Hamburg bekommen. Dieses Geld ist das Geld der Steuerzahler. Die Schulden bei der Stadt wären noch weiter angestiegen.

Ohne den Teilverkauf des LBK hätten wir Krankenhäuser schließen sowie Personal entlassen müssen und dabei nicht einmal Einnahmen für neue notwendige Investitionen erlangt. Durch den Verkauf sind uns gelungen:
- die Sicherstellung der medizinischen Versorgung für alle Hamburgerinnen und Hamburger auf hohem Standard
- die Sicherung der Arbeitsplätze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBK
- die Stärkung des Standortes Hamburg als Gesundheitsmetropole
- die Entlastung der Stadt Hamburg von Haushaltsrisiken

Sehr geehrte Frau Fischer,

es ist relativ leicht, mit einem solchen Thema Stimmung in der Stadt gegen den Senat zu machen; nicht so leicht ist es hingegen, Alternativen aufzuzeigen, wie der LBK auf andere Weise seriös hätte saniert werden können.

Ich hoffe, Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben und würde mich über Ihre Unterstützung bei der Wahl am 24.2. freuen

Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust