Frage an Olav Gutting von Michael W. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Gutting,
durch die historisch niedrigen Sparzinsen und die expansive Geldpolitik der EZB beobachtet man seit einiger Zeit neben einem enormen Anstieg von Wertpapierinvests nie dagewesene Investitionen in Immobilien und (unbebaute) Grundstücke. Wer die Mittel hat, investiert in Zweit-, Drittimmobilien (usw.) um diese zu vermieten oder im Fall von unbebautem bereits erschlossenem Bauland als lukrative Sachwertsanlage zu nutzen. Ich sehe hier gewisse Parallelitäten zu z.B. Spekulationen mit Nahrungsmitteln.
Welche konkreten Maßnahmen befürworten Sie, um diese Situation für Menschen zu entschärfen, die sich eine selbst bewohnte Erstimmobilie zulegen möchten?
Die Erschließung neuer Baugebiete ist eine langwierige Angelegenheit. Kurzzeitig erfolgversprechend könnten zusätzlich folgende Maßnahmen sein:
Können Sie sich vorstellen eine Abgabe auf unbebautes bereits erschlossenes Bauland zu erheben? Wie stehen Sie einer ermäßigten Grunderwerbsteuer/Grundsteuer für die erste/selbst genutzte Immobilie gegenüber (wenngleich die Zuständigkeit dieser Steuern nicht beim Bund liegen)? Wieso können große Immobiliengesellschaften die Grunderwebsteuer umgehen, während private Immobilienkäufer diese Möglichkeit nicht haben?
Sehr geehrter Herr Dr. Weinert,
mit dem Abschluss des Gesetzgebungsvorhabens zur Grunderwerbsteuer sind wird - aus meiner Sicht - konsequent gegen eine Umgehung der Grunderwerbsteuer bei Immobilienkäufen vorgegangen. Bisher dahin konnte die Grunderwerbsteuer umgangen werden, wenn nicht mehr als 94,9 Prozent an der Grundstücksgesellschaft über fünf Jahre den Eigentümer wechseln. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist dem privaten Hauskäufer, der die Grunderwerbsteuer zahlen muss, nicht erklärbar.
Deshalb haben die Koalitionspartner beschlossen, dass
• die steuerauslösende Grenze von 95 auf 90 Prozent sinkt,
• die Haltefrist von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt wird und
• diese Regeln nun auch für Kapitalgesellschaften verschärft werden.
Mit diesen Änderungen bekämpfen wir wirksam die missbräuchlichen Steuergestaltungen der Vergangenheit. Dadurch erreichen wir, dass ein Immobilieninvestor beim Erwerb eines Kaufhauses seinen Anteil zur Finanzierung des Staatswesens genauso trägt wie die junge Familie beim Erwerb des eigenen Heimes.
Ich hätte mir gewünscht, dass die SPD beim Vergleich dieser zwei Fälle unserer Forderung zugestimmt hätte, einen Freibetrag für den Ersterwerb der selbstgenutzten Wohnimmobilie einzuführen. Es entzieht sich meinem Verständnis, weshalb hier der Koalitionspartner Arbeitnehmern und jungen Familien den Traum vom Erwerb des eigenen Heims nicht erleichtern will. Dies habe ich in meiner Plenarrede, auch in Richtung der Bundesländer noch einmal deutlich gemacht:
"Der Traum vom Eigenheim scheitert bei jungen Familien oft am fehlenden Eigenkapital und den Erwerbsnebenkosten. Hier spielt die Grunderwerbssteuer eine herausragende Rolle. Deswegen möchte ich noch einmal an die Bundesländer appellieren: Unterstützen Sie den Ersterwerb einer Familienwohnung mit einem Freibetrag, mit einer Senkung oder einem Erlass der Grunderwerbsteuer."
Die Forderung, den Ersterwerb für Familien grunderwerbsteuerlich zu entlasten, werden wir auch in unser Wahlprogramm aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Olav Gutting