Frage an Olaf Scholz von Sascha S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Scholz,
in der FAZ haben Sie sich in einem Interview am 11. April 2009, bezogen auf mögliche Koalitionspartner nach der kommenden Bundestagswahl, folgendermaßen geäußert:“In der Bundespolitik sind wir inhaltlich von keiner Partei so weit entfernt wie von der Partei Die Linke“. Weiter definieren sie Herrn Westerwelle als:“ Mit dem kann man regieren“.
Jetzt weiß ich nicht genau, ob wir von der selben Partei „Die Linke“ sprechen? Falls sie die Linke meinen, welche mit knapp über 50 Abgeordneten im Bundestag vertreten ist, möchte ich Ihnen einige Forderungen dieser Partei hier mitteilen:
Mindestlohn
Bürgerversicherung in der Krankenversicherung
Stärkung der Gesamtschule
Erhöhung der Steuern für Vielverdiener
Abschaffung der Studiengebühren
( Quelle: www.die-linke.de )
Jetzt einige Forderungen Ihrer Partei (SPD):
Mindestlohn
Bürgerversicherung in der Krankenversicherung
Stärkung der Gesamtschule
Erhöhung der Steuern für Vielverdiener
Abschaffung der Studiengebühren
Quelle:www.spd.de)
Jetzt die Forderungen, bezogen auf die oben genannten Positionen, der Westerwelle Partei:
kein Mindestlohn
keine Bürgerversicherung in der Krankenversicherung
keine Stärkung der Gesamtschule
keine Erhöhung der Steuern für Vielverdiener
keine Abschaffung der Studiengebühren
( Quelle:www.fdp.de )
Sehr geehrter Herr Scholz,
ich frage mich jetzt indirekt, und sie ganz direkt, was ich bei diesem Thema nicht verstanden habe? Sehen Sie wirklich eine größere Übereinstimmung der politischen Inhalte mit der FDP? Wenn ja, wo?
Wenn Sie antworten, dann möchte ich Sie bitten, nicht in das übliche „Die Linke Bashing“ zu verfallen. Auch bitte kein inhaltsloses „Anti-Lafontaine-Bla-Bla“. Davon gibt es auf dieser Homepage schon genug.
Also nochmal ganz konkret meine Fragen:
- Kennen Sie die Forderungen der Partei "Die Linke" überhaupt?
- In wie vielen inhaltlichen Positionen sehen Sie mit der FDP eine größere Übereinstimmung als mit der Partei „Die Linke“?
Mit bestem Gruß
Sascha Steffens
Sehr geehrter Herr Steffens,
vielen Dank für Ihre Anfrage. In der Außen- und Europapolitik sind die Unterschiede zur Partei Die Linke offensichtlich. Gleiches gilt für Fragen der Sicherheit im Inneren. Was die Sozial- und Bildungspolitik angeht, die Sie ansprechen, so sollte man nicht glauben, nur weil die Sorge beider Parteien den gleichen Gruppen der Gesellschaft gilt, dass sie deswegen auch die gleichen Lösungen anbieten oder damit das gleiche meinen. Hier gibt es grundlegende Unterschiede zwischen der SPD und der Partei Die Linke.
Der Sozialstaat, in dem wir leben, bewahrt uns in der jetzigen Krise vor den schlimmsten Auswüchsen. Der solidarische Sozialstaat ist aber keine Selbstverständlichkeit. Für mich ist daher zunächst einmal entscheidend, dass die politischen Entscheidungsträger sich dafür verantwortlich fühlen, dass der Sozialstaat funktioniert. Das ist kein unwichtiger Punkt, wenn man bedenkt, dass in diesem Bereich jährlich mehrere hundert Milliarden Euro bewegt werden. Dabei ist die Frage, wie der Sozialstaat finanziert werden kann, ganz zentral - nur Ideen, wie Mittel ausgegeben werden können, reichen alleine nicht. Denn der Sozialstaat funktioniert nur, wenn alle bereit sind, daran mitzuwirken, d.h. seine Notwendigkeit erkennen und gleichzeitig auf ihn vertrauen.
Die SPD ist in ihrer über 140jährigen Geschichte immer eine Partei der Emanzipation gewesen. Ansatz unserer Politik war immer und ist es bis heute, dass Bürgerinnen und Bürger durch eigenes Tun ihr Leben verbessern können. Wir haben für das Recht auf Bildung gekämpft, damit auch Kinder aus weniger privilegierten Elternhäusern eine Hochschule besuchen können. Bis heute ist unser politisches Handeln darauf ausgerichtet, diese Emanzipation durch eigenes Handeln zu fördern. Wir lehnen es ab, Sozialpolitik einzig und allein darauf zu begrenzen, die Misere, in der sich eine Bürgerin oder ein Bürger befindet, etwas erträglicher zu gestalten. Dies ist aber der Kern des politischen Konzepts der Partei Die Linke. Uns genügt das nicht. Wir wollen mehr. Unsere Politik will allen Menschen in Deutschland eine realistische Chance verschaffen, eine schwierige Situation dauerhaft zu überwinden. Das hat nach meiner Auffassung auch etwas mit Würde zu tun. Unser vordringliches Anliegen ist es daher, dass jeder sein Leben durch Arbeit bestreiten kann. Oder wie Frank-Walter Steinmeier es auf dem Bundesparteitag formuliert hat: "Wir sind die Partei der Arbeit."
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz