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Frage von Kai D. •

Frage an Olaf Scholz von Kai D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Scholz,

kürzlich hat das Berliner Arbeitsgericht entschieden, dass das von der Christlichen Gewerkschaft mit dem Arbeitgeberverband mittelständische Personaldienstleister geschlossenen Tarifwerk ungültig ist. Die Gründe dafür seien an dieser Stelle einmal ausser Acht gelassen. Allerdings bedeutet dieses Urteil, dass bis zu 400.000 AN Nachforderungen an die damaligen/jetztigen AG stellen könnten. Dies würde unweigerlich das wirtschaftliche Aus für ALLE diese Unternehmen bedeuten, in der letzten Konsequenz würden 400.000 derzeit in AMP-Firmen beschäftigte Mitarbeiter (zumindest vorerst) arbeitslos werden. Dabei steht übrigens zu bedenken, dass es auch AMP-Firmen treffen würde, die zwar dem AMP-Vertragswerk unterliegen, aber die Mitarbeiter bisher schon übertariflich entlohnt haben, die Mitarbeiter also bisher besser gestellt waren, als Mitarbeiter die in IGZ oder BZA-Unternehmen beschäftigt waren. Ist diese Entwicklung aus Ihrer Sicht zu erwarten oder gibt es bei einer Bestätigung des Urteiles andere mögliche Szenarien und wenn gibt es Planung in Ihrem Hause, den betroffenen Firmen das Überleben zu ermöglichen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dankward,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Image der Zeitarbeitsbranche hat sich in den letzten Jahren vor allem dank der 2004 in Kraft getretenen Reform des Gesetzes zur Arbeitnehmerüberlassung deutlich verbessert.

Damals war den Beteiligten bewusst, dass nur mit einem fairen Interessenausgleich allen gedient ist. Seither gibt es in der Zeitarbeit eine Besonderheit: Es gilt der Grundsatz, dass der Lohn zu zahlen ist, der im Einsatzbetrieb auch sonst gezahlt wird, es sei denn, Gewerkschaften und Arbeitgeber regeln in einem Tarifvertrag eine andere Bezahlung. Normalerweise ist ein Tarifvertrag das Ergebnis einer Verhandlung mehr oder weniger gleich starker Partner. Darauf beruht die die Tarifautonomie.

Was wir jetzt bei manchen Unternehmen der Zeitarbeitsbranche beobachten, ist der Missbrauch von Tarifverträgen, um Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Deshalb brauchen wir den Mindestlohn in der Zeitarbeit und deshalb haben CDU/CSU und SPD Anfang des Jahres beschlossen, dass es auch in der Zeitarbeit eine Lohnuntergrenze geben soll.

Das BMAS wird die Urteilsgründe sorgfältig analysieren. Klar ist: Das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts hat, wenn es auf dem Instanzenweg bestätigt wird, weitreichende Konsequenzen. Darauf weisen Sie auch hin. Allerdings überrascht mich das Urteil nicht. Tarifverträge, insbesondere solche die gesetzliche Rechte (equal pay) der Arbeitnehmer beschränken, können nur auf Akzeptanz stoßen, wenn hinter ihnen starke, verhandlungsfähige Gewerkschaften stehen. Wer Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließt, deren Mitgliederzahl gering und unbekannt ist, ist deshalb schon immer ein erhebliches rechtliches Risiko eingegangen.

Ich will Ihnen gar nicht verhehlen, dass ich ein Ende des Lohndumpings in der Zeitarbeitsbranche sehr gut fände.

Weitere Fragen zu meinem Aufgabengebiet als Bundesminister für Arbeit und Soziales richten Sie bitte mit Ihrer vollständigen Anschrift direkt an das

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wilhelmstr. 49
10117 Berlin
E-Mail: info@bmas.bund.de.

Oder Sie nutzen das Kontaktformular auf der Internetseite des Ministeriums unter www.bmas.de. Bei vielen Fragen kann auch das Bürgertelefon des Ministeriums weiterhelfen, die Telefonnummern finden Sie ebenfalls unter www.bmas.de.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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