Frage an Olaf Scholz von Hans H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Scholz,
bitte erklären Sie mir, warum die Auszahlung der Abwackprämie auf Hartz IV angerechnet werden soll. Es handelt sich hierbei meines Erachtens nicht um ein Einkommen sondern muss zweckgebunden zur Finanzierung eines Neu- oder Jahreswagens ausgegeben werden. Sollte es sich Ihrer Meinung nach um eine einkommensähnliche Zahlung handeln, müssen auch Erwerbstätige die Abwrackprämie in der Steuererklärung angeben und versteuern.
Eine einseitige Benachteiligung von Arbeitssuchenden kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht bringt ja eine Erklärung des Bundesministers für Arbeit und Soziales aus der Sozialdemokratischen PD etwas Licht ins Dunkel?
Mit den besten Grüßen
Sehr geehrter Herr Harnisch,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Umweltprämie. Zu diesem Thema haben mich viele Schreiben erreicht und ich verstehe sehr gut, dass diese Frage die Bürgerinnen und Bürger bewegt.
Zunächst: Natürlich haben alle Bürgerinnen und Bürger, die die Bedingungen für die Prämie erfüllen, Anspruch auf sie. Auch die Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II oder anderer Sozialleistungen.
Wie Sie sicher wissen, wird die Grundsicherung für Arbeitslose (Arbeitslosengeld II) aus Steuermitteln finanziert. Alle Bürgerinnen und Bürger die Steuern zahlen, tragen daher die Ausgaben für die Betroffenen. Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass die Steuermittel sorgfältig und zweckgemäß eingesetzt werden. Daher schreiben die geltenden Gesetze vor, dass Arbeitslosengeld II nur gezahlt werden kann, wenn kein Einkommen vorhanden ist (oder bestimmte Vermögensgrenzen nicht überschritten werden). Jede und jeder erwerbsfähige Hilfebedürftige kann ein Auto im Wert von bis zu 7.500 Euro besitzen.
Sie werden in den Medien verfolgt haben, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine sorgfältige rechtliche Untersuchung vorgenommen hat, um zu prüfen, ob bei der geltenden Rechtslage die Umweltprämie als Einkommen bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende anzurechnen ist. Das Ergebnis dieser Prüfung ist, dass nach dem geltenden Gesetz für den Monat, in dem die Abwrackprämie gezahlt wird, die Prämie als Einkommen anzurechnen ist. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat sich daher dafür ausgesprochen, die gesetzliche Regelung zu ändern und die Umweltprämie von der Anrechnung als Einkommen auszunehmen. Diesen Weg hat der Bundestag beispielsweise beim Kinderbonus in Höhe von 100 Euro gewählt, der ebenfalls im Konjunkturpaket II enthalten ist. Damit der Kinderbonus nicht als Einkommen angerechnet wird, enthält das "Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland" einen besonderen Artikel, der regelt dass die Zahlung der 100 Euro nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Die CDU/CSU-Fraktion war leider nicht zu einer solchen Änderung des Gesetzes bereit, die auch die Abwrackprämie anrechnungsfrei gestellt hätte.
Ich möchte Ihnen gerne erklären, warum nach der Auffassung der Fachleute meines Ministeriums bei der bestehenden Rechtslage die Umweltprämie als Einkommen zu behandeln ist. Grundsätzlich gelten nach dem zweiten Sozialgesetzbuch alle Einnahmen (Geld oder Geldeswert) als Einkommen, die ein Leistungsempfänger während des Leistungsbezuges erhält. Diese Einnahmen werden nur dann nicht als Einkommen gewertet, wenn sie erstens zweckbestimmt sind und zweitens die Lage des Empfängers nicht so günstig verbessern, dass weitere Leistungen der Grundsicherung nicht gerechtfertigt wären. Die Grundsicherung soll die Existenzgrundlage der hilfebedürftigen Betroffenen sichern. Der zweite Punkt (Höhe der Einnahme im Verhältnis zur Höhe des Arbeitslosengeldes II) führt dazu, dass die zweckbestimmte Umweltprämie als Einkommen gewertet werden muss. Bei zweckbestimmten Einnahmen - etwa Zuschüssen für die Anschaffung von Energiesparlampen - wird ab einer Summe in der Höhe des halben Regelsatzes (also derzeit etwa 175 Euro) eingehend geprüft, ob die Einnahmen als Einkommen anzurechnen sind. Die Umweltprämie übersteigt diesen Wert um das 14-Fache. Daher haben nach dem Wortlaut des geltenden Gesetzes die Arbeitsagenturen und JobCenter vor Ort leider keine andere Möglichkeit, als eine Anrechnung auf das Arbeitslosengeld II vorzunehmen.
Weitere Fragen zu meinem Aufgabengebiet als Bundesminister für Arbeit und Soziales richten Sie bitte mit Ihrer vollständigen Anschrift direkt an das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wilhelmstr. 49
10117 Berlin
E-Mail: info@bmas.bund.de.
Oder Sie nutzen das Kontaktformular auf der Internetseite des Ministeriums unter www.bmas.de. Bei vielen Fragen kann auch das Bürgertelefon des Ministeriums weiterhelfen, die Telefonnummern finden Sie ebenfalls unter www.bmas.de.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz