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Frage von Joachim R. •

Frage an Olaf Scholz von Joachim R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Scholz,

zunächst einmal vielen Dank für Ihre Antwort. Leider gehen Sie in Ihrem Kommentar in keinster Weise auf meine Bemerkung zum Sachverständigenrat ein.
Deshalb noch einmal: Wozu gibt es diesen Sachverständigenrat, wenn seine Vorschläge so rigoros übergangen werden?
Zu Ihrem Argument, dass sich in fast allen anderen europäischen Staaten kein Zusammenhang zwischen Mindestlohn und Arbeistlosigkeit feststellen lässt, sei gesagt, dass in kaum einem dieser Länder (und vor allem nicht in Großbritannien) derartig generös mit Sozialleistungen umgegangen wird, wie in Deutschland.
Wenn Sie schon vergleichen möchten, dann nur mit einem Land mit vergleichbarer Arbeitsmarktordnung (Tarifsysteme, Sozialleistungen etc). Hier lohnt sich der Blick nach Frankreich, wo sich sehr wohl negative Beschäftigungseffekte aufgrund des Mindestlohnes feststellen lassen.
Grundsätzlich birgt ein Mindestlohn zudem die Gefahr, als politisches Instrument zum Wählerfang mißbraucht und immer wieder erhöht zu werden (wie etwa in Frankreich).
Tatsächlich machen die "Dumpinglöhne" im Niedriglohnsektor sogar Sinn, da nur niedrige Löhne diese Arbeitsplätze rentabel machen. Diese Arbeitsplätze haben eine niedrige Arbeitsproduktivität und fallen sehr wohl weg, wenn sie aufgrund eines Mindestlohnes unverhätlnismäßig teuer werden. Die Unternehmen, die diese Dumpinglöhne bezahlen sind oftmals kleine Handwerksbetriebe, die sich einen Mindestlohn gar nicht leisten können und nur über den Preis oder Rationalisierungen in der Lage sind, die damit verbundenen Einbußen wettzumachen. Erklären Sie Ihre Argumente doch einmal dem Inhaber eines sächsischen Friseurbetriebes, der wird wenig Verständnis dafür haben.
Dass die Löhne in bestimmten Branchen nicht zum Leben ausreichen ist sicherlich ein großes Problem, aber Verteilungsgerechtigkeiten herzustellen obliegt nicht den Unternehmen, sondern ist sehr wohl Aufgabe des Sozialstaates.

Mit freundlichen Grüßen,

Joachim Reichardt

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Sehr geehrter Herr Reichardt,

vielen Dank für Ihre Email.

Meine Argumente für einen gesetzlichen Mindestlohn haben Sie meinen Antworten auf abgeordnetenwatch bereits entnehmen können. Deshalb will ich sie nicht wiederholen. Ich glaube nicht, dass weniger oft zum Friseur gegangen, seltener in Hotels übernachtet, auf die Bewachung von Diskotheken oder anderen Gebäuden verzichtet wird, wenn den Beschäftigten in diesen Branchen ein anständiger Lohn gezahlt wird. Die Unternehmen können Einsparungen dann einzig und allein nicht mehr grenzenlos auf Kosten ihrer Beschäftigten vornehmen. Die Unterstützung dieser Unternehmenspolitik ist nach meiner Auffassung auch nicht Aufgabe des Sozialstaates.

Wir schlagen vor, dass eine Kommission über die Höhe eines Mindestlohns entscheiden soll. Das verhindert die von Ihnen befürchtete Mißbrauchsgefahr. Im Übrigen bin ich sehr sicher, dass die Wählerinnen und Wähler in Deutschland sehr genau zwischen populistischen Sprüchen und realistischen Umsetzungsmöglichkeiten unterscheiden können. Insofern sehe ich keine besondere Mißbrauchsgefahr, wenn ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden wird. Ich bin mir auch ganz sicher, dass der Weg dorthin jetzt nach und nach beschritten wird und wir schon bald auch in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn haben werden. Das hilft nicht nur den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sondern auch ganz vielen Unternehmern, die gute Löhne für gute Arbeit zahlen und die wegen der Konkurrenz durch einige Unternehmen, die nur Dumpinglöhne bezahlen, in Schwierigkeiten geraten sind.

Zum Schluss noch ein Wort zum Sachverständigenrat und weiteren Expertengremien. Ich begrüße die Unterstützung der Politik durch Expertisen dieser Gremien und finde es hilfreich die Positionen dieser Gremien zu kennen. Welche Schlüsse die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus den Ratschlägen der Wissenschaft ziehen, müssen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aber selbst entscheiden. In einer Demokratie entscheiden die vom Volk gewählten Abgeordneten über die Gesetze und keine Expertengremien. Alles andere wäre das Gegenteil von Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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