Frage an Olaf Scholz von Manfred K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Olaf Scholz,
werden Sie den Willen der Wählermehrheit zum Afghanistaneinsatz bei Ihrer Abstimmung oder die Parteirichtlinie vertreten?
Mit freundlichem Gruß
Manfred Köhler
Sehr geehrter Herr Köhler,
seit fast fünf Jahren ist die Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan aktiv am Aufbau von staatlichen Strukturen und in verschiedenen Bereichen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit engagiert. Die Bundeswehr leistet dabei einen unverzichtbaren Beitrag zur notwendigen militärischen Absicherung des Stabilisierungsprozesses in Afghanistan. Allerdings sind 23 Jahre Bürgerkrieg und die Taliban-Herrschaft nicht kurzfristig zu überwinden. Die Probleme, mit denen die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft konfrontiert sind, sind substantiell.
Seit einiger Zeit müssen wir eine Verschlechterung der Sicherheitslage vor allem im Süden und Südosten des Landes beobachten. Auch Deutschland ist für den Erfolg der Gesamtmission mit verantwortlich. Wenn die Stabilisierung der Lage im Süden scheitert, ist auch der Erfolg beim Wiederaufbau im Norden infrage gestellt.
Bereits beim NATO-Gipfel in Riga hat Deutschland eine Diskussion angestoßen, wie die Strategie zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan weiter entwickelt werden sollte. Die Bundesregierung hat dabei für einen politischen Gesamtansatz plädiert, der den zivilen Wiederaufbau und die zivil-militärische Kooperation nach dem Vorbild der Regionalen Wiederaufbauteams (PRTs) im Norden verstärkt. Diese Argumente haben viel Zustimmung von unseren Verbündeten erhalten, zuletzt auf dem NATO-Außenministertreffen Ende Januar.
Klar ist: Wir haben ein vitales Interesse an einem Erfolg der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force, kurz ISAF) in ganz Afghanistan. Denn nur wenn ISAF insgesamt erfolgreich sein wird, werden auch die von uns im Norden erzielten Erfolge von Dauer sein.
Deshalb haben wir auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Verlängerung der Bundestagsmandate für die Bundeswehreinsätze in Afghanistan eine breite Diskussion innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion begonnen. Nach einer Sondersitzung der Fraktion in dieser Woche werden auch auf einer Klausursitzung im September ausführlich über die Situation in Afghanistan sprechen. Ich verstehe sehr gut, dass die hohe Zahl an zivilen Opfern Ihnen Sorgen bereitet. Das geht vielen Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht anders. Trotzdem sollten wir uns gut überlegen, ob wir unseren Einfluss, den wir momentan auch auf das andere Afghanistan Mandat (Operation Enduring Freedom, kurz OEF) zur Bekämpfung der Taliban haben, gegen gar keinen Einfluss eintauschen sollten, wenn wir uns unüberlegt aus diesem Mandat zurückziehen sollten. In unserer Fraktion gibt es weiterhin die unbedingte Bereitschaft, die großen Probleme Afghanistans gemeinsam lösen zu helfen und uns nicht Schritt für Schritt aus der Verantwortung zu stehlen.
Wichtig wird für uns dabei sein, dass wir auch auf die enge Verzahnung von zivilen und militärischen Maßnahmen setzen und unser gesamtes Engagement in Afghanistan auf das Ziel ausrichten, dass die afghanische Regierung auf allen Ebenen in die Lage versetzt wird, das Schicksal des Landes selbst zu bestimmen.
Wir sollten übrigens nicht vergessen: Das internationale Engagement in Afghanistan war die Folge des Angriffs der Al Qaida Terroristen am 11. September in New York. Al Qaida und das Taliban Regime waren eng verbündet.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz