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Olaf Scholz
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Frage von Klaus- Peter S. •

Frage an Olaf Scholz von Klaus- Peter S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Scholz,
ich bitte Ihre Stellungnahme zum Thema soziale Gerechtigkeit, oder auch Glaubwürdigkeit der Politik. Leider ist wieder einmal die Selbst- und Überversorgung unserer "Volksvertreter" negativ in die Schlagzeilen geraten. Motto : Wasser predigen und Wein saufen! BILD meldete am 5.August 2005 "Die Bundestagsabgeordneten bekommen wegen der vorzeitigen Auflösung des Bundestages bis zu 250 Euro mehr Pension. Obwohl diese Legislatur- periode schon nach drei Jahren endet, werden für die Pensionen vier Jahre gutgeschrieben". Für die Bürger ist dies wieder einmal ein Schlag ins Gesicht ( Nullrunden für Rentner, Senkung der künftigen Renten ,Erhöhung des Renteneitrittsalters zur Rentensenkung etc.).
Frage: Wundern Sie sich eigentlich noch über folgende Umfrage-Ergebnisse ?
85 % mißtrauen der Bundesregierung
78 % mißtrauen der Opposition
90 % mißtrauen den Parteien
Man könnte auch sagen:" Schnauze voll"

Klaus-Peter Steinberg
"Bürger in Wut"

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Steinberg,

ich bin wie Sie der Auffassung, dass die Altersversorgungsregelungen für Abgeordnete verändert werden müssen. Meines Erachtens folgt das Modell der Alterversorgung von Politikern zu Unrecht dem Vorbild der Beamtenversorgung. Bei Beamten können wir im Prinzip davon ausgehen, dass sie ein ganzes Berufsleben lang für ihren jeweiligen Dienstherren (die Gemeinde, das Bundesland, die Bundesrepublik Deutschland) tätig sind. Abgeordnete und andere Politiker haben meistens vor ihrer Tätigkeit als Berufspolitiker lange in einem anderen Beruf gearbeitet und sind oft auch nach der Zeit als Berufspolitiker noch erwerbstätig. Deshalb sollte es bei den Abgeordneten und anderen Politikern so wie bei allen anderen sein, dass nämlich Versorgungsansprüche nur für jedes Jahr der Tätigkeit zum Beispiel als Abgeordneter anteilig entstehen. Dann wäre ausgeschlossen, dass eine im Verhältnis zur Dauer der Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag zu hohe Altersversorgung entstehen kann. ich verstehe gut, dass viele Bürgerinnen und Bürger über die jetzige rechtliche Lage empört sind.

Die Sozialdemokratische Partei hatte sich zusammen mit dem Koalitionspartner vorgenommen in diesem Jahr das Thema der Abgeordnetenversorgung aufzugreifen. Wir werden das nun nach der unvorhergesehenen Bundestagswahl tun.

Was wir geschafft haben, ist eine Neuregelung der Veröffentlichungspflicht von Nebentätigkeiten. Jetzt müssen Abgeordnete alle Nebentätigkeiten öffentlich angeben und auch Angaben zur Höhe der Einkünfte aus Nebentätigkeiten machen. Die FDP hat dagegen gestimmt, die CDU/CSU hat sich enthalten. (Wohl weil sie sich wegen der bevorstehenden Wahl nicht getraut hat wie die FDP dagegen zu stimmen).

Auch wenn Sie nicht danach gefragt haben, will ich mich gerne zur Höhe der Abgeordneten-Entschädigung, den sogenannten Diäten, äußern. Denn auch gerade in diesen Tagen wird öffentlich über das Einkommen der Abgeordneten diskutiert. Das finde ich völlig in Ordnung. Transparenz hat noch niemandem geschadet und wer ein öffentliches Amt wahrnimmt, muss sich Fragen zum Beispiel nach seinem Einkommen gefallen lassen.

Die Bundestagsabgeordneten erhalten monatlich ein steuerpflichtiges "Gehalt" von 7.009 Euro brutto. Bei der Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland wurde vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Feiertag gestrichen. Da die Abgeordneten jeden Tag Abgeordnete sind, konnte man ihnen natürlich keinen Feiertag streichen, deshalb wurde das ausgezahlte "Gehalt" reduziert auf aktuell 6.989,80 Euro. (Offiziell heißt das "Gehalt" übrigens Entschädigung).

Das ist viel Geld. Die Abgeordneten verdienen damit mehr als viele ihrer Wählerinnen und Wähler. Ich finde deshalb auch falsch, wenn sich Abgeordnete darüber beklagen, dass sie zuwenig verdienen. Natürlich sind diese 7.009 Euro weniger als das Monatsgehalt vieler Führungskräfte in der Wirtschaft, den Verbänden, den Gewerkschaften, und dazu muss man gar nicht auf die höchsten Hierarchiestufen schauen. Trotzdem: kein Abgeordneter leidet an Armut.

Niemand macht Politik - oder sollte Politik machen -, weil er oder sie Geld verdienen will. Auch ein gut verdienender Rechtsanwalt, eine Topmanagerin, ein hoch bezahlter Wissenschaftler oder eine gut verdienende Künstlerin kann in die Berufspolitik gehen. Sie müssen aber wissen, dass sie ihr früheres Einkommen dabei meistens nicht wieder erreichen, sondern weniger verdienen werden. Das ist bei einem öffentlichen Amt auch zumutbar, soweit zum Beispiel die Abgeordnetenentschädigung nicht zu gering und angemessen ist.

Ich finde ohnehin, dass bei der Höhe der Abgeordnetenentschädigung vor allem die Frage zu beantworten ist, was ist angemessen. Was ist angemessen für einen Wahlkreisabgeordneten oder eine Wahlkreisabgeordnete, die die Interessen von ca. 250.000 Bürgerinnen und Bürgern vertreten? Was ist angemessen für jede und jeden der knapp 600 Abgeordneten, die in unserem Land darüber entscheiden, ob deutsche Soldaten ins Ausland geschickt werden (Beispiel Kosovo, Afghanistan) oder nicht (Beispiel Irak). Was ist angemessen, für die Abgeordneten, die über die Zukunft unserer Kranken- und Rentenversicherung, über die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und darüber entscheiden, welche Steuern wir zahlen sollen.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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