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Frage von Lothar K. •

Frage an Olaf Scholz von Lothar K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

die SPD hat mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz dafür gesorgt, daß Arbeitnehmer auf Minijobbasis die gleichen Arbeitnehmerrechte haben wie Mitarbeiter in "normalen" Arbeitsverhältnissen zB bezahlten Urlaub gemäß Bundesurlaubsgesetz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, anteilige Beteiligung an Weihnachts- und Urlaubsgeld, Beteiligung an Lohnerhöhungen, Bezahlung nach dem niedrigsten Tariflohn usw.

In der Praxis werden die Rechte meist nicht gewährt. Wenn überhaupt etwas kontrolliert wird dann ob die Minijobs korrekt angemeldet sind und die Abgaben abgeführt werden. Die meisten Beschäftigten kennen ihre Rechte nicht. Um die gesetzlichen Rechte zu erlangen muß man sie einklagen. Die meisten Beschäftigten sind dringend auch auf einen schlecht bezahlten Job angewiesen. Sie werden deshalb ihren Arbeitgeber nicht verklagen. Die wenigen, die es doch tun müssen im Gegensatz zu anderen Gerichten vor dem Arbeitsgericht ihre Kosten unabhängig vom Ausgang selbst tragen. Und selbst wenn ein Arbeitnehmer tatsächlich klagt und Recht bekommt und der Arbeitgeber Lohnnachzahlungen leisten muss gilt das Urteil nur für diesen einen Beschäftigten und den wird man dann entlassen.

Allen anderen Beschäftigten kann der Arbeitgeber die ihnen zustehenden gesetzlichen Rechte nach wie vor vorenthalten bis auch diese sie einklagen. Eine Lohnnachzahlung ist erst einklagbar wenn der Lohn 30 % unter dem niedrigsten Tariflohn liegt, 29 % darunter ist noch im gesetzlichen Rahmen. Die Höchststrafe für Verstöße gegen gesetzliche Arbeitnehmerrechte liegt meines Wissens bei 5000 Euro für das Unternehmen. Die Höchststrafe für das verbotene Ausspionieren eines Arbeitnehmers liegt dagegen bei 250.000 Euro pro Arbeitnehmer. Wo ist da die Verhältnismäßigkeit?

Was will die SPD tun, damit Arbeitgeber ihren Beschäftigten die ihnen gesetzlichen zustehenden Rechte auch tatsächlich gewähren müssen? Warum hat die SPD Minijoblern diese Rechte zugestanden aber nichts dafür getan, dass diese auch gewährt werden?

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Sehr geehrter Herr Kindermann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. In der Tat müssen wir dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Rechte kennen und diese gegebenenfalls auch einfordern. Es ist allerdings grundsätzlich so, dass Rechte nur individuell einklagbar sind, dies gilt auch im Arbeitsrecht. Wer die Arbeitsgerichte in Anspruch nimmt, muss wie in den Verfahren vor den Zivilgerichten mit anfallenden Gerichtskosten und eventuell außergerichtlichen Kosten auf Grund der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts rechnen. Im Unterschied zu den Verfahren vor den Zivilgerichten werden bei den Arbeitsgerichten jedoch keine Kostenvorschüsse für anfallende Gerichtskosten erhoben. Zudem ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Arbeitsgerichten erster Instanz nicht gefordert.

Dabei besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. Dies bedeutet, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen muss, unabhängig davon, ob der Rechtsstreit zu ihren Gunsten entschieden wird oder nicht. Zweck dieser besonderen Kostentragungsregelung ist die Verbilligung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens für die Parteien. In der Berufungs- und der Revisionsinstanz findet diese Regelung keine Anwendung. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren werden übrigens keine Gerichtskosten erhoben.

Wenn die finanziellen Mittel nicht ausreichen, um die Kosten einer vorgerichtlichen Beratung durch einen Rechtsanwalt oder eines arbeitsgerichtlichen Prozesses sowie die Kosten der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ihrer Wahl zu tragen, besteht die Möglichkeit eines Antrags auf Gewährung von Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG) sowie die Möglichkeit eines Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beim zuständigen Arbeitsgericht. Daneben gibt es die Möglichkeit eines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz. Häufig helfen auch die Gewerkschaften bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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