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Frage von Doris K. •

Frage an Olaf Scholz von Doris K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Scholz,

meine Fragen betreffen Ihre Antwort vom 12.06.09 an Peter Köberle.

1. Verstehe ich Ihre Ausführungen richtig, dass einem Verbrechensopfer, das gleichzeitig als Opfer eines Berufsunfalls anerkannt wird, auch die reinen Genugtuungsleistungen (§ 31 BVG) des OEG´s mit Verweis auf § 65 BVG verweigert werden - ja oder nein?
Dabei ist zu beachten, dass die sogenannte Grundrente/Schwerstbeschädigtenzulge lt. Gesetz, BVerfG und BSG "...keine Unterhaltsersatzfunktion hat und nicht dem Bestreiten des Lebensunterhalts dient (-) sie ist unpfändbar..." (Zitat Ende)

Falls Sie Frage 1 mit "Ja" beantworten, ergibt sich daraus die Frage:
2. Wie ist Ihr "Ja" mit den Entscheidungen des BSG zu vereinbaren, wonach die Verletztenrente der Berufsgenossenschaft (BG) - ges. UV - ausschließlich Lohnersatz (wie der BSA) ist und § 850 ZPO voll anwendbar ist, die Verletztenrente also bis zur Pfändungsfreigrenze pfändbar ist?
3. Und wie vereinbart sich Ihr "Ja" zu Frage 1 mit der Leitsatzentscheidung des BVerfG vom 14.3.2000, wonach die sog. Grundrente/Schwerstbesch.Zulage unabhängig von Einkommen (z.B. ges. UV-Rente, BSA) und Vermögen zu zahlen ist?
4. und wie vereinbart sich Ihr "Ja" mit den Ausführungen zu § 3 Abs.4 OEG, die da lauten: "...konkurrieren Ansprüche auf Versorgung nach diesem Gesetz mit Leistungen aus der UV, gilt § 65 BVG..." ?

Es konkurrieren (=sind gleichartig) z. B.:
BSA mit UV (Verletztenrente BG)
Grundrente BVG mit Unfallausgleich (Beamtenrecht)
Pflegegeld der BG mit Pflegezulage des BVG/OEG

5. Wie konkurriert (ist gleichartig) die sogenannte Grundrente/Schwerstbeschädigtenzulage nach dem OEG, die reine Genugtungsfunktion hat, nicht dem Bestreiten des Lebensunterhalts dient etc. (Erläuterung s. o.) mit der ges. UV-Rente der BG, die, wie erläutert, reiner Lohnersatz - zum Bestreiten des Lebensunterhalts dient - ist?

Für eine - auch dem Laien - verständliche, weder juristisch, noch politisch verklausulierte Antwort wäre ich dankbar.

D.K.

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Sehr geehrte Frau Köberle,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, in der Sie sich auf meine Antwort an Herrn Peter Köberle beziehen. Sie äußern die Vermutung, die Genugtuungsleistungen nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) könnten dem Betroffenen unter Verweis auf § 65 BVG "verweigert" werden. Zu einem Ruhen der Leistungen kommt es aber nur hinsichtlich des Anspruches, der bereits durch die gesetzliche Unfallversicherung abgegolten wird. Gehen die Höhe der Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage nach dem BVG darüber hinaus, sind diese zusätzlichen Leistungen selbstverständlich weiter zu erbringen. Einen Widerspruch insbesondere zu der von Ihnen genannten Leitsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. März 2000 sehe ich hier nicht. Zwar hat das BVerfG hervorgehoben, dass Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage nicht dem Lohnersatz, sondern als Genugtuungsleistungen der Abgeltung des schädigungsbedingten Mehraufwandes dienen. Dies schließt aber eine Anrechnung der nach dem Bundessozialgericht (BSG) als Lohnersatz zu wertenden Verletztenrente aus der Unfallversicherung nicht aus. Denn wie ich bereits in meiner Antwort an Herrn Köberle versucht habe deutlich zu machen, sind die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund ihrer Beitragsfinanziertheit vorrangig vor den Leistungen des Sozialen Entschädigungsrechts zu erbringen und daher gemäß § 65 BVG anzurechnen, was auch der von Ihnen genannten Vorschrift des § 3 Abs. 4 Opferentschädigungsgesetz (OEG) entspricht. Diese sieht nämlich mit dem Ausschluss von § 4 Abs. 1 Nr. 7 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gerade vor, dass Unfallopfer, die gleichzeitig als Gewaltopfer nach dem OEG anerkannt wurden, unfallversichert sein müssen und damit vorrangig Ansprüche nach dem Leistungssystem des SGB VII haben. Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass bei Rentenleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ohnehin kein besonderer "Genugtuungsanteil" berechnet oder ausgewiesen wird, der mit der Grundrente nach dem BVG vergleichbar wäre.

Käme es im Übrigen bei der Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage nicht zu einem Ruhen dieser Leistungen nach § 65 BVG, so wäre dies verfassungsrechtlich problematisch. Denn im Ergebnis stünden diejenigen Bezieher von Versorgungsbezügen nach dem OEG i. V. m. dem BVG, die durch die gleiche gesundheitliche Schädigung auch einen Anspruch nach dem SGB VII haben, aufgrund des doppelten Bezuges von Leistungen für die gleiche Schädigung besser da als diejenigen, die lediglich anspruchsberechtigt nach dem OEG sind. Dieses wäre aber sachlich nicht gerechtfertigt. Zwar regelt das OEG eine besondere staatliche Einstandspflicht über die allgemeinen sozialen Sicherungssysteme hinaus für diejenigen Opfer, die der Staat mit seinen Polizeiorganen nicht vor einer vorsätzlichen Gewalttat hat schützen können. Daraus ergibt sich jedoch keine Rechtfertigung für eine Besserstellung von Gewaltopfern, die zusätzliche Ansprüche aus dem beitragsfinanzierten sozialen Sicherungssystem des SGB VII haben. Denn die staatliche Einstandspflicht nach dem OEG ist insoweit bereits durch die Leistungen nach dem SGB VII abgegolten.

Wir ich bereits in meiner Antwort an Herrn Köberle mitgeteilt habe, richten Sie bitte weitere Fragen zu meinem Aufgabengebiet als Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Ihrer vollständigen Anschrift direkt an das

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wilhelmstr. 49
10117 Berlin
E-Mail: info@bmas.bund.de .

Oder Sie nutzen das Kontaktformular auf der Internetseite des Ministeriums unter http://www.bmas.de .

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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