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Frage von Peter K. •

Frage an Olaf Scholz von Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrtee Herr Minister Schloz,

nach meinem Rechtsverständnis gelten an erster Stelle die Inhalte des neuen Gesetzes, wenn dieses an ein bereits bestehendes Gesetz angegliedert wird, bei meiner späteren Frage das OEG von 1976 zum BVG von 1950.

Nach der Leitsatzentscheidung des BVerfG v. 14.03.00 werden die
Entschädigungsleistungen in drei Hauptgruppen eingeteilt, wie

einkommensabhängige Leistungen (wie BSA nach § 30 BVG)
fürsorgliche Leistungen (Ausgleichsrente nach § 32 BVG
u n d die sog. Grundrente / Schwerstbeschädigtenzulage (§ 30 BVG)

Letztere hat eine reine Genugtuungsfunktion. Sie ist unabhängig vom
Einkommen und Vermögen zu zahlen.

1. Ist es zutreffend, dass die Grundrente immer zusätzlich zu den
einkommensabhängigen Entschädigungsleistungen zu zahlen ist.

Nach § 3 Abs. 4 OEG ruhen nur konkurrierende (gleichartige)
Leistungsansprüche nach § 65 BVG, um staatliche Doppelzahlungen zu vermeiden.

Die Unfallrente der BGs ist Einkommensersatz und zweifelsfrei in voller Höhe Einkommen. Um eine Unfallrente beanspruchen zu können, muss es sich um einen Berufsunfall handeln und der Arbeitgeber zuvor Pflichtbeiträge bezahlt haben.

OEG-Leistungen sind in der Unfallrente nicht enthalten.

§ 65 BVG ist vor allem auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet (z.B. Unfallausgleich in Höhe der Grundrente)

2. ist die Unfallrente der BG ein reiner Einkommensersatz -
vergleichbar dem BSA des § 30 BVG?

3. hat ein Gewaltopfer, bei dem die Gewalttat auch als Berufsunfall
anerkannt ist, einen oder keinen Anspruch auf die gesetzlichen
OEG-Leistungen, insbesondere einen Anspruch auf die Grundrente?

4. Ist eine Verweigerung der OEG-Leistungen (§§ 31/32 BVG) mit Verweis auf die Ruhensvorschrift des § 65 BVG gesetzes- und verfassungskonform, da nach dem OEG nur konkurrierende Leistungen zum Ruhen gebracht werden können?

5. ist die Grundrente eine konkurrierende Leistung zur Unfallrente?

Frau BJuMin. Zypries schrieb, dass Sie zuständig sind.

Mit freundlichem Gruß
Peter Köberle

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Sehr geehrter Herr Köberle,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Nach der von Ihnen bereits erwähnten Vorschrift des § 65 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ruht der Anspruch auf Versorgungsbezüge in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhen. Bei einem Unterschied zwischen einer Versorgung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen und aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge ruht der Anspruch ebenfalls in Höhe dieses Unterschieds.

Die Vorschrift in § 3 Abs. 4 OEG schließt für die unter das OEG fallenden Schädigungen eine Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) aus. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, dass nach dem OEG anspruchsberechtigte Gewaltopfer nicht von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgeschnitten sind, da diese unter Umständen höher als die im Versorgungsrecht ausfallen können. Zusammen mit der Ruhensregelung des § 65 Abs. 1 Nr. 1 BVG wird gleichzeitig sichergestellt, dass es nicht zu einer Doppelbegünstigung des Beschädigten kommt. So hat auch das Bundessozialgericht entschieden. Auch mit der Sonderregelung für versorgungsberechtigte Beamte in § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG wird eine aus öffentlichen Mitteln getragene Doppelversorgung vermieden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll also die gesetzliche Unfallversicherung Schäden der Opfer von Straftaten abdecken, die im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit (Arbeitsunfälle) stehen. Dabei entschädigt die Unfallrente pauschal die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit. Sie dient damit vorrangig dem Erwerbsschadensausgleich, setzt einen solchen aber nicht zwingend voraus. Nur wenn die von der gesetzlichen Unfallversicherung zu tragenden Leistungen hinter dem Anspruch auf Leistungen nach dem OEG zurückbleiben, werden aus dem des Opferentschädigungsrechts (zusätzliche) Leistungen erbracht. Sofern damit Betroffenen wegen eines Arbeitsunfalls ein Anspruch auf Unfallrente zusteht, der auf derselben Ursache beruht wie ein Anspruch auf Leistungen nach dem OEG, ist die Unfallrente wegen § 65 Abs. 1 Nr. 1 BVG vorrangig zu gewähren. Dies gilt auch für einkommensunabhängige Leistungen wie die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage, die den Ersatz schädigungsbedingter Mehraufwendungen sicherstellen. Da aber selbstverständlich diejenigen, denen über die Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung hinaus zusätzliche Ansprüche auf OEG-Leistungen wie beispielsweise Berufsschadensausgleich zustehen, nicht schlechter gestellt werden sollen, ruht nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 BVG der Anspruch nur in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Gleiches gilt im Übrigen auch nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 BVG für die Anrechnung des Unterschiedsbetrages zwischen der Versorgung aus allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen und aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge auf OEG-Leistungen.

Damit stehen also im Ergebnis Opfern von Straftaten, die zugleich Arbeitsunfälle sind, Ansprüche in gleicher Höhe zu wie Betroffenen, bei denen es sich um Gewaltopfer nach dem OEG handelt. Einen Widerspruch zum Grundgesetz kann ich darin nicht erkennen.

Weitere Fragen zu meinem Aufgabengebiet als Bundesminister für Arbeit und Soziales richten Sie bitte mit Ihrer vollständigen Anschrift direkt an das

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Wilhelmstr. 49
10117 Berlin
E-Mail: info@bmas.bund.de

Oder Sie nutzen das Kontaktformular auf der Internetseite des Ministeriums unter www.bmas.de. Bei vielen Fragen kann auch das Bürgertelefon des Ministeriums weiterhelfen, die Telefonnummern finden Sie ebenfalls unter www.bmas.de.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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