Würden sie sich im Falle einer Wahl dafür einsetzen die Rahmenbedingungen mindestens für eine freiwillige Einigung auf ein Doppelresidenzmodell für Trennungskinder und deren Eltern zu schaffen?
Unser gemeinsames Kind wird auch nach der Trennung zu gleichen Teilen von der Mutter und mir, dem Vater betreut. Wir haben uns hier selbstständig auf ein paritätisches Wechselmodell geeinigt, unter anderem deshalb, weil dies aus erziehungspsychologischer Sicht als vorteilhafter gilt, was zahlreiche Langzeitstudien, u.a. aus Australien, Neuseeland und Belgien, wo dieses Modell der Standard ist, belegen. Ein solches Modell ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt.
Ein Problem besteht unter anderem darin, dass unsere Tochter nur einen gemeldeten Wohnsitz haben kann, da anders als in allen anderen westeuropäischen Ländern, kein Doppelresidenzmodell vorgesehen ist. Das hat u.a. zur Folge, dass nur bei einem Elternteil, trotz gleichem zeitlichen und finanziellen Aufwand das eigene Kind in der Steuerklasse berücksichtigt wird.
Sehr geehrter Herr T.,
die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat am 2. Oktober 2015 die Resolution 2079 (2015)35 einstimmig verabschiedet, mit der sie alle Mitgliedstaaten auffordert, die Doppelresidenz oder auch das Wechselmodell, als bevorzugtes Modell gesetzlich zu verankern. Demnach soll ein Kind nach der Trennung seiner Eltern von beiden Elternteilen abwechselnd, jeweils aber mit ungefähr dem gleichen Zeitaufwand und der gleichen Verantwortlichkeit betreut werden. Ausnahmen sollen dabei auf Fälle von Kindesmisshandlung, Vernachlässigung, oder häuslicher Gewalt beschränkt bleiben.
Resolutionen des Europarats sind nicht rechtsverbindliche und verpflichten die Mitgliedstaaten nicht zu ihrer Umsetzung.
Obwohl es sich hier um einen Beschluss der europäischen Versammlung des Europarats handelt und nicht des Europäischen Parlaments, dem ich angehöre, möchte ich Sie gerne auf die Initiative unserer Bundestagsfraktion in Berlin in dieser Sache hinweisen. Im Jahr 2018 hat die Fraktionen DIE LINKE einen Vorschlag im Deutschen Bundestag eingebracht, in dem sie den Deutschen Bundestag auffordert zu beschließen, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen (BT-Drs. 19/1172).
Hier finden sie ein Themenpapier unserer Bundestagsfraktion zum Thema:
https://www.linksfraktion.de/themen/a-z/detailansicht/wechselmodell.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Özlem Demirel