Fragen zum Thema Grundsicherung und Arbeitslosenstatistik.
Sehr geehrter Frau Demirel, wie stehen Sie zum Thema Bürgergeld/ Grundsicherung ( Sozialhilfe, Altersgrundsicherung) und Mindestlohn? Hauptsächlich zum Thema Höhe, Anpassung bezgl. Inflation und einer aussagekräftigeren Arbeitslosenstatistik?
Mit freundlichen Grüßen
Kanstansin K.
Hallo Kanstansin K.
grundsätzlich muss die EU dafür sorgen, dass in allen Staaten ein sicheres soziales Netz geschaffen wird: Sozialleistungen und gesetzliche Mindestlöhne müssen sicher vor Armut schützen (= Mindeststandards und das europäische Mindesteinkommen).
Wir setzen uns ein für gute Sozialleistungen. Und wir kämpfen für gute Löhne, sichere Arbeitsverhältnisse und gute öffentliche Dienstleistungen, so dass weniger Menschen auf Sozialleistungen angewiesen sind: Weil dann die Löhne und Renten für ein gutes Leben reichen, die öffentlichen Dienstleistungen gebührenfrei sind und dann Wohnen und Energie bezahlbar sind.
Bzgl. der Renten, setzten wir uns für eine Reform ein- so dass alle Erwerbstätigen in das Rentensystem einzahlen und wie in Österreich, wo die Menschen im Schnitt 800€ mehr Rente haben.
Unser Ziel ist, die Armut abzuschaffen. Der Reichtum von wenigen ist die Armut vieler. Wir streiten für eine gerechte (Um-)Verteilung des Reichtums, einen starken Sozialstaat und eine ausgebaute öffentliche Daseinsvorsorge überall in Europa.
Gegen Armut hilft Geld! Die Sozialleistungen müssen in der gesamten EU wirksam vor Armut schützen (entsprechend den jeweiligen Armutsgrenzen in den Mitgliedstaaten). In Deutschland z.B. kritisieren die Sozialverbände, dass die Sozialleistungen zu niedrig sind: sie fordern für allein lebende Erwachsene ein Bürgergeld von 813 Euro (statt derzeit 563 Euro).
Leider wachsen die Unterschiede zwischen den reichsten und den ärmsten Regionen in der EU immer weiter. Das liegt an der rigiden Kürzungspolitik (Austeritätspolitik): wenn die öffentlichen Dienste und die Sozialleistungen gekürzt werden, trifft es die Ärmsten am härtesten. Der „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ verpflichtet die EU-Staaten, die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Als Folge wurden öffentliche Einrichtungen (Krankenhäuser, Wohnungsgesellschaften, Verkehrsbetriebe u.a.) verkauft, sozialstaatliche Leistungen zurückgefahren und arbeitsmarktpolitische Schutzrechte der Beschäftigten geschliffen. Das Angebot in der Daseinsvorsorge ist eine Klassenfrage. Mit einer gut ausgebauten öffentlichen Daseinsvorsorge bekämpfen wir Armut in Europa.
Deshalb setzten wir uns u.a. ganz konkret für eine verbindliche Richtlinie für ein Europäisches Mindesteinkommen ein, das sicher gegen Armut schützt.
Zudem kämpfen wir für verbindliche Mindeststandards in den sozialen Sicherungssystemen der EU-Länder. Die Sozialleistungen für Kinder und Erwerbslose und die Renten müssen in allen Mitgliedstaaten mindestens so hoch sein, dass sie wirksam vor Armut schützen. Soziale Standards in den EU-Ländern dürfen niemals nach unten, sondern nur nach oben angeglichen werden.
Bzgl. der EU-Mindestlohrichtlinie haben wir es in der letzten Legislatur geschafft viele unserer Forderungen durchzusetzen, zudem waren wir die ersten, die solche eine Richtlinie überhaupt gefordert haben. Nun gilt es die beschlossene Richtlinie bis Ende 2024 in den Mitgliedsstaaten umzusetzen- hier werden wir natürlich Druck machen, auch in Deutschland.
Auch wenn dies nur ein Richtwert und kein MUSS ist, stärkt die Richtlinie damit massiv die Forderung nach einem Mindestlohn der demnach in der BRD bei 14€ aktuell liegen müsste, wir fordern mit Blick auf die Inflation hier bereits mindestens 15€, denn auch einen Verweis auf reale Kosten für elementare Güter und Dienstleistungen wie Miete, Strom, Nahrungsmitteln konnten wir als Verweis in die Richtlinie einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Özlem Demirel