Sehr geehrte Frau MdEP >Özlem Demirel DIELINKE<, Deutschland wurde auf der Ranking-Liste *Pressefreiheit* von Platz 16 auf Platz 21 zurück gestuft. Was sagen Sie zu der Herabstufung? MfG Erhard J.
In der jährlichen Bewertung der Pressefreiheit durch Reporter ohne Grenzen, ist die Bundesrepublik Deutschland 2023 um fünf Plätze auf Rang 21 von 180 zurückgefallen. Anscheinend lag der Grund in Übergriffen, unter anderem von Demonstrierenden auf so genannten „Querdenker-Demonstrationen“.
Frei und unabhängig berichtende Medien sind wichtig, damit sich Menschen ein Bild von der Welt machen können, in der sie leben. Dafür müssen Journalist:innen ohne Behinderungen arbeiten können. Neben Übergriffen durch Privatpersonen auf Reporter:innen sehe ich noch andere Gefahren für eine wirklich freie Berichterstattung. Die große Mehrheit der Medien ist von Werbeeinnahmen abhängig. Trotz der immer wieder beschworenen Unabhängigkeit der Redaktion, scheint mir doch offensichtlich, dass Industrie und Wirtschaft in solchen Zeitungen inserieren, die ihnen nicht allzu kritisch gegenüberstehen. Mindestens indirekt arbeitet also jede Journalistin, jeder Journalist mit dieser Schere im Kopf.
Ein weiteres Risiko für die freie Berichterstattung scheint mir der weitgehende Abbau gesicherter Arbeitsverhältnisse von Redakteurinnen und Redakteuren zugunsten von freien Mitarbeiter:innen. Nicht nur bleibt durch den wirtschaftlichen Druck und die Ausdünnung der Redaktionen oft nur noch wenig Raum für Recherche, auch bewirken die ungesicherten Arbeitsverhältnisse, dass Journalist:innen, aus Angst vor Auftragsverlust, keine starke journalistische Persönlichkeit mehr entwickeln. Was wir brauchen, sind unabhängige und kritische Medien, in denen Journalist:innen die ökonomische und politische Freiheit haben, unabhängig und informiert zu berichten.