Sehr geehrte Frau Demirel, wie ist Ihre persönliche Meinung bezüglich gendergerechte Sprache?
Sehr geehrte Frau Demirel,
meine Frage an Sie bezieht sich auf ein äußerst aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema, nämlich die gendergerechte Sprache.
Wie ist Ihre persönliche Meinung (unabhängig von Ihrer Partei) hinsichtlich dieser Angelegenheit?Befürworter argumentieren, dass es ein wichtiger Schritt für die Gleichberechtigung der Geschlechter sei, vor allem aber auch für diejenigen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen zuordnen können oder wollen. Teilen Sie auch diese Meinung oder halten Sie die gendergerechte Sprache für ein weniger relevantes Thema oder sogar für einen irrtümlicher Versuch der Geschlechtergleichheit?
Über eine schnelle und ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine K.
Sehr geehrte Frau K.,
DIE LINKE hat sich schon vor einiger Zeit für die Verwendung geschlechtergerechter Sprache entschieden und ich teile diese Auffassung und Praxis meiner Partei. Mir scheint es nur natürlich, dass die tatsächlichen Veränderungen im Verhältnis zwischen den Geschlechtern auch ihren Ausdruck in unserer Sprache finden. Sprache hat sich verändert, seitdem Menschen sprechen und sie tut dies weiterhin. Sprache hat dabei schon immer auch die gesellschaftlichen Verhältnisse widergespiegelt. Frauen haben sich heute Zugang zu fast allen Bereichen der Gesellschaft erstritten, deshalb kommt es immer mehr Menschen z.B. nicht mehr richtig vor, sie sprachlich hinter generischen Maskulina verschwinden zu lassen.
Ich bin allerdings nicht davon überzeugt, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse umgekehrt mit ein paar Sprachregelungen verändern lassen. Der heutigen Sprachdiskussion sind anderthalb Jahrhunderte vorausgegangen, in denen Frauen weltweit für ihre Gleichberechtigung gekämpft haben.
Manchmal würde ich mir auch wünschen, dass Diskussionen um die zunehmende Verarmung und soziale Ausgrenzung weiter Teile unserer Gesellschaft mit der gleichen Leidenschaft geführt würden, die wir beim Thema geschlechtergerechte Sprache derzeit erleben. Ein Grund dafür: Bei den Themen Gleichstellung von Mann und Frau und LGBTI* Diskriminierung wird die Lage insbesondere dort schnell unerträglich, wo Menschen aufgrund ihrer sozialen Situation zusätzlich ins Abseits gestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Özlem Demirel