Frage an Özlem Demirel von Reinhard G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Seit Ende 2019 wird Nord Stream 2 wegen der US-Sanktionsdrohungen nicht weiter gebaut. Mehrere EU-Länder sollen so genötigt werden, das umweltschädlich geförderte Fracking-Gas aus den USA anstelle von russischem Erdgas zu beziehen. Das wäre kaum mit dem „Green Deal“ und den Klimazielen der EU zu vereinbaren. Bei der Gasförderung durch Fracking wird in hohem Maße Methan freigesetzt, dass 25-mal so klimaschädlich sein soll, als CO2.
Auch Greenpeace setzt beim Übergang zur vollständigen Nutzung Erneuerbarer Energien auf konventionell gefördertes Erdgas, lehnt aber Fracking-Gas (Schiefer-Gas) komplett ab.
https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/risiken-durch-fracking.pdf
Ich habe heute gehört, dass die Außenministerkonferenz über Sanktionen und über Nord Stream 2 berät.
Kann die Außenministerkonferenz die Beendigung von Nord Stream 2 beschließen oder wird auch das Parlament gefragt? Wer würde voraussichtlich eine Entschädigung zahlen, falls das Projekt kurz vor Fertigstellung beendet wird? In welchem Umfang wird in der EU zur Zeit Fracking-Gas bezogen und wo stehen bereits Flüssig-Gas-Terminals? Sollte die EU den Bezug von Fracking-Gas nicht reduzieren, oder besser einstellen?
Sollte nicht ein unabhängiges Gericht über den Fall Navalny entscheiden, bevor aufgrund einer (Verschwörungs-) Theorie weitreichende Entscheidungen getroffen werden? Welches Gericht könnte das sein? Richter des Internationalen Gerichtshofes wurden ja kürzlich auch sanktioniert.
Manchmal kann die Wahrheit eine andere sein, als es zunächst den Anschein hat. Als beispielsweise in den 80igern immer wieder vermeintliche sowjetische U-Boote vor der Küste Schwedens auftauchten, hatte das Auswirkungen auf die Entspannungspolitik von Olof Palme. Heute weiß man, dass es keine sowjetischen U-Boote waren. Die Vorfälle werden einem „Komitee für Täuschungsoperationen“ zugerechnet.
https://www.youtv.de/tv-sendungen/3581380-taeuschung
https://www.nachdenkseiten.de/?p=25975
1.
*Kann die Außenministerkonferenz die Beendigung von Nord Stream 2
beschließen oder wird auch das Parlament gefragt? *
Nord Stream 2 (NS2) ist kein europäisches, sondern ganz wesentlich
ein deutsch-russisches Projekt für das Genehmigungen der Staaten
erforderlich waren, durch deren Gewässer die Pipeline verläuft.
Überarbeitete Energieregeln der EU von 2019, das sogenannte "Dritte
Energiepaket", würden allerdings verlangen, Erdgasproduktion und der
Leitungsbetrieb nicht in einer Hand liegen und diese auch für andere
Anbieter zu öffnen. Inhaberin der Pipeline ist derzeit eine 100 %
Gazprom-Tochter und der Konzern beabsichtigt auch, NS2 für den
Export des eigenen Gas zu nutzen. Bei der Umsetzung der Richtlinie
in nationales Recht, hat die Bundesregierung die Möglichkeit einer
generellen Ausnahmegenehmigung geschaffen, die von der Richtlinie in
der Weise nicht vorgesehen war und über die die Bundesnetzagentur
entscheiden soll.
2.
*Wer würde voraussichtlich eine Entschädigung zahlen, falls das
Projekt kurz vor Fertigstellung beendet wird? *
Längere Zeit ruhte der Weiterbau aufgrund der von den USA verhängten
Sanktionen. Eine Entschädigung durch US-amerikanischer Stellen
erscheint allerdings wenig aussichtsreich.
3.
*In welchem Umfang wird in der EU zur Zeit Fracking-Gas bezogen und
wo stehen bereits Flüssig-Gas-Terminals? *
Nach dem vierteljährlichen Report der EU zur Entwicklung des
europäischen Gasmarktes überstiegen im vierten Quartal 2019 die
Flüssiggas (LNG) Importe zum ersten Mal seit Beginn der verfügbaren
Zeitreihen (2014) die Pipeline-Gasimporte aus Norwegen, was
bedeutet, dass Flüssigerdgas in diesem Quartal Norwegen als
zweitgrößter Gaslieferant außerhalb der EU abgelöst hat. Russland
bleibt nach wie vor der wichtigste Gaslieferant der EU. Dieser Trend
hat sich im ersten Quartal 2020, bei insgesamt leicht sinkenden
Importen fortgesetzt. Der Anteil russischen Gases lag bei rund 40 %
der gesamten Importmenge, gefolgt von 28 % LNG und 24 % aus Norwegen.
Die LNG-Importe der EU stiegen im 1. Quartal 2020 im Jahresvergleich
um 26% weiter an. Die Vereinigten Staaten blieben der wichtigste
LNG-Lieferant für Europa und stellten im 1. Quartal 2020 30% der
gesamten EU-Importe, noch vor Russland (22%) und Katar (15%). Im 1.
Quartal 2020 importierte die EU 25 Milliarden Kubikmeter LNG, und
die drei größten Importländer waren: Spanien (6 Mrd. m³), Frankreich
(5 Mrd. m³) und Belgien (4 Mrd. m³).
Die umfangreiche Förderung von Schiefergas durch Fracking und
unzureichende Umweltregulierung sorgen für einen wettbewerbsfähigen
Preis für LNG aus den USA und damit insgesamt zu einer Ausweitung
des Anteils von LNG an den Gasimporten der EU.
Es könnte aber sein, dass die hohen LNG Importe, insbesondere aus
den USA auch wieder zurück gehen. Sie waren nämlich zu einem
gewissen Teil eine Reaktion auf das drohende Ende des
Ukraine-Transits für russische Erdgaslieferungen und damit
möglicherweise entstehenden Engpässen. Erst im Dezember 2019 kam ein
neues Transitabkommen für die kommenden fünf zustande. Ein weiterer
Grund für den Anstieg könnte auch darin liegen, dass 2020 wegen der
Corona-Krise, die die Energienachfrage weltweit zurückgegangen ist.
LNG aus den USA erzielt in anderen Erdteilen gewöhnlich bessere
Preise als in Europa.
„Die EU unterhält einen regelmäßigen Energiedialog mit wichtigen
Energielieferanten und Partner bilateral und über multilaterale
Plattformen, die auch einen liquiden und flexiblen globalen Markt
für verflüssigtes Erdgas (LNG) gewährleisten sollen.“ So heißt es
lapidar im Bericht der Kommission für 2020 über den Stand der
Energieunion von Mitte Oktober. Irgendeine Form von
Problembewusstsein ist dort leider nicht zu erkennen.
Anfang 2020 gab es europaweit 36 LNG-Terminals, über die
Flüssigerdgas an Land gebracht wird. Gemeinsam verfügen die
europäischen Terminals über eine Regasifizierungskapazität von 241
Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Deutschland besitzt zur Zeit noch
keinen eigenen LNG-Terminal, bezieht LNG beispielsweise über die
LNG-Terminals Dunkerque, Gate und Zeebrugge. An vier Standorten in
Deutschland werden derzeit LNG-Anlagen geplant: Brunsbüttel,
Rostock, Stade, Wilhelmshaven.
4.
*Sollte die EU den Bezug von Fracking-Gas nicht reduzieren, oder
besser einstellen?*
Weil Erdgas mit seinem höheren Wirkungsgrad die niedrigsten
spezifischen CO2-Emissionen hat und rückstandsfrei verbrennt, ging
man bisher davon aus, dass es gegenüber Erdöl, Kohle und Braunkohle
weniger umweltschädlich sei. Untersuchungen der letzten Jahre weisen
darauf hin, dass die Erdgaserzeugung aber weitaus klimaschädlicher
sein könnte als früher angenommen. Die Menge an Methan, die bei der
Förderung, Verarbeitung und dem Transport frei wird, ist in der
Vergangenheit zu niedrig bewertet worden. Bislang nicht ausreichend
berücksichtigte Faktoren können Lecks in Kraftwerken oder Pipelines
sein. Insbesondere bei der Gasförderung aus unkonventionellen
Quellen, durch Fracking, entweichen wohl große Mengen Methan
unverbrannt in die Atmosphäre. Zweifel an der Tauglichkeit von
Erdgas, als Übergangstechnologie auf dem Weg zu 100 % erneuerbaren
Energiequellen, nehmen daher zu. Dies gilt um so mehr für
Fracking-Gas mit seinem hohen Treibhausgs-Faktor. Ich setze mich
dafür ein, die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten mithilfe von Fracking, wie auch den Import solchen
Gases zu beenden.
5.
*Sollte nicht ein unabhängiges Gericht über den Fall Nawalny
entscheiden, bevor aufgrund einer (Verschwörungs-) Theorie
weitreichende Entscheidungen getroffen werden? Welches Gericht
könnte das sein? *
Es steht für mich außer Frage, dass der Fall Nawalny lückenlos
aufgeklärt werden muss, denn bisher stehen unterschiedliche Aussagen
dazu im Raum, ohne dass eine davon eindeutig belegt wäre. Deshalb
ist eine gerichtliche Klärung und Bestrafung der Täter und
Drahtzieher der Vergiftung von Alexej Nawalny dringend erforderlich.
Deutsche Strafverfolgungsbehörden haben bislang gesagt, dass sie
nicht zuständig sind. Die russischen Behörden sind gefordert, diesen
Fall aufzuklären und dem Vernehmen nach werden in Russland
strafrechtliche Ermittlungen geführt. Ein verfahren vor dem
internationalen Strafgerichtshof scheidet aus rechtlichen Gründen
aus, weil Russland diesem nicht angehört.