Frage an Özlem Demirel von Josephin B. bezüglich Humanitäre Hilfe
Können wir ganz schnell etwas für die Menschen in Moria tun? Gerade während der Pandemie ist das unglaublich wichtig!
Sehr geehrte J. B.,
Sie sprechen da ein extrem relevantes Thema an, das mich und DIE LINKE insgesamt schon lange beschäftigt. Die Lage der Menschen in den Hotspots ist unerträglich. Alleine in dem für 3.000 Menschen ausgelegten Geflüchtetenlager Moria müssen momentan knapp 20.000 schutzbedürftige Menschen ausharren. Es gibt so gut wie keine medizinische und sanitäre Versorgung, tausende Kinder sind Elend und Gewalt schutzlos ausgeliefert. Bereits im Oktober 2019 hat DIE LINKE im Bundestag in einem Antrag gefordert, unbegleitete Minderjährige aus den Hotspots zu evakuieren (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/140/1914024.pdf), womit sie es geschafft hat, das Thema im Bundestag erstmals auf die Tagesordnung zu bringen. Zwar hat die Große Koalition mittlerweile
beschlossen, einige Kinder und Jugendliche aus den Lagern zu evakuieren, doch sind die erst einmal nur 47 Minderjährige in Anbetracht der Pandemie nicht auch nur ansatzweise ausreichend. Es ist kaum auszumalen, was bei einem Corona-Ausbruch passieren würde. Ich habe deshalb mit einem Schreiben an Innenminister und Außenminister die Aktion der Organisation Lifeline e.V. unterstützt. Am Anfang des vergangenen Monats war ich für mehrere Tage im Grenzgebiet zwischen Griechenland und der Türkei, um mir vor Ort ein Bild zu verschaffen. Ich bin überzeugt, dass schnelle humanitäre Hilfe und die Aufnahme der Geflüchteten jetzt vorrangig sind.
Jetzt geht es um eine Notsituation, auf die ohne Wenn und Aber wie folgt reagiert werden muss: Zunächst muss internationales Recht eingehalten werden. Das heißt, Menschen haben ein Recht auf ein geordnetes Asylverfahren. Zweitens müssen Deutschland und auch andere EU-Länder bereit sein, viel mehr Menschen aufzunehmen. Und die Städte und Gemeinden, die Unterbringung angeboten haben, müssen unterstützt werden. Inzwischen gibt es allein in Deutschland rund 140 Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen wollen. Drittens müssen die riesigen Lager, in denen Menschen seit Jahren gezwungen sind vor sich hin zu vegetieren, endlich aufgelöst werden. Alle Mitgliedstaaten der EU sind zur Aufnahme zu verpflichten, neu ankommenden Kindern muss der Zugang zur Schulbildung eröffnet werden. Integrationsmaßnahmen müssen dabei umgehend eingeleitet werden, damit Geflüchtete und Alteingesessene nicht gegeneinander ausgespielt werden können.
Opposition und Zivilgesellschaft müssen gemeinsam weiter den Druck erhöhen. Darum bedanke ich mich ausdrücklich für Ihr Engagement. Eine gute Möglichkeit, sich für das Thema weiter stark zu machen, ist Ihrer regionale Seebrücken-Gruppe (https://seebruecke.org/en/startpage-2/).
Mit Freundlichen Grüßen
Özlem Demirel