Oda steht vor einer Hauswandecke und lacht. Sie trägt eine grüne Jacke.
Oda Hassepaß
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan K. •

Gibt es Überlegungen das Wohnungsproblem außer mit immer mehr Bauen zu lösen? Was in der Realität ja nicht funktioniert. (andere Verteilung, Zuzugsmoratorium, o.ä.)

Sehr geehrte Frau Hassepaß, wie kann die Überforderung der Infrastruktur in Berlin (zu wenig Ärzte, Wohnungen, Schul-, Kitaplätze, MitarbeiterInnen in Ämter, usw.) mit immer mehr Wachstum/Zuzug beantwortet werden? Braucht es nicht andere Lösungen als ein einfaches immer „Mehr“ an Bauen? Beispielsweise andere Verteilung des Wohnraums oder ein Zuzugsmoratorium? Es steht dem Umweltschutz ja auch diametral entgegen. Mit freundlichen Grüßen

Oda steht vor einer Hauswandecke und lacht. Sie trägt eine grüne Jacke.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

als Pankowerin kann ich Ihren Unmut sehr verstehen.
Egal wo man in Pankow schaut - gebaut wird einfach überall, wo Baurecht besteht - ohne dass die soziale (Kitas, Schulen, ...) und Verkehrsinfrastruktur (ÖPNV, Radwege) mitwächst. Von allen Berliner Bezirken verzeichnet Pankow das stärkste Wachstum. Menschen, die wegen Familienzuwachs Wohnraum suchen, brauchen eine Perspektive.

Aber es macht einen Unterschied, wie gebaut wird. Wir wollen mehr bezahlbaren Wohnraum durch eine behutsame Nachverdichtung und effektivere Nutzung bereits existierender Gebäude. Wir wollen klug mit der Flächenknappheit umgehen, um Raum für Neues zu schaffen, ohne tief in die Natur oder in bestehende Quartiere eingreifen zu müssen. Plant man neue Quartiere, muss der ÖPNV zuerst da sein, damit Leute ihr Auto das letzte Mal beim Umzug ins neue Quartier brauchen. Für alle heute im Bezirk Pankow geplanten Quartiere gibt es ambitionierte Anforderungen. Mobilitätsgutachten fokussieren vor allem auf den Umweltverbund: die Anbindung ans ÖPNV- und Radwegenetz muss zeitgleich fertig werden, ein Stellplatzschlüssel bezogen auf die Wohneinheiten soll dafür sorgen, dass Autos nur so viele angeschafft werden, wie wirklich gebraucht werden. So hält sich die Belastung für die vorhandene Nachbarschaft in Grenzen.
Wir wollen keine reinen Wohnstädte bauen: die soziale Infrastruktur muss mit gebaut werden: dann profitieren auch Nachbarn von neuen Kitas, der neuen Schule und dem Quartierszentrum. Aus Fehlern der Vergangenheit (z.B. reine Wohnstädte wie Karow Nord) haben wir gelernt. Wir wollen Quartiere, die sozial und ökologisch nachhaltig sind. Das heißt: möglichst viel gemeinwohlorientierten Wohnraum (Ziel: 50 Prozent), möglichst viel Klimaschutz im Bau, z.B. durch Kreislaufwirtschaft, die Nutzung emissionsfreier Materialien und die Errichtung von Passiv- und Plusenergiehäusern, und eine Stadtplanung, die Versiegelung verhindert. Das heißt auch: „Stadt der 15 Minuten“, also eine kleinteilige Stadtplanung, bei der man im Alltag keine langen Strecken zurücklegen muss und diese Strecken auch bequem und barrierefrei zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV zurücklegen kann. Kurz: wir wollen beiden Zielen näherkommen: neuen Wohnraum zu schaffen - und gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu steigern. Soweit zum Wunsch.
Ihre und unsere Beobachtung ist eine andere und das hat Gründe: die Bauordnung erlaubt "Lückenbauten" bis zu einer beträchtlichen Größe, ohne das der Bauherr sich um Kitas, Schulen oder ÖPNV-Anbindung kümmern muss. Die einzige Chance sind Bebauungspläne, die verbindliche Ziele für konkrete Gebiete vorgeben und z.B. die Zahl der Wohnungen begrenzen. Diese werden in der BVV beschlossen und im Stadtentwicklungsamt erarbeitet. Leider haben sich nach der letzten Wahl Linke, SPD und CDU zusammengetan, um die Grünen von Ämtern fernzuhalten, in denen gestaltet wird. Der Zuständigkeitsbereich für Stadtentwicklung liegt im Bezirk und Land in SPD-Hand (Senator Geisel: "Bauen, bauen, bauen").
Die Grüne Fraktion in BVV und AGH bemüht sich nach Kräften, bei der Stadtentwicklung die o.g. Ziele zu erreichen. Gerade jüngst konnten wir die jahrelange Rot-Rote Blockade überwinden, so dass am Rangierbahnhof Greifswalder Straße mit perfekter S-Bahn und Tram-Anbindung nun ein Quartier und eine Schule entstehen können. Im Bereich Pankow-Zentrum haben die Grünen die Aufstellung von B-Plänen vorangetrieben: 3-80 "Sommerbad Pankow" sichert die Wiedereröffnung des Schwimmbads und den Bau einer neue Schule, 3-88 B "Am Schloßpark" sichert die Grünflächen zwischen den Wohngebäuden.
Nun gilt es in den nächsten Jahren auch am Rangierbahnhof Pankow, der Michelangelostraße, dem Blankenburger Süden, dem Karower Süden, Buch und der Elisabeth-Aue die Planungen so zu verbessern, dass die Quartiere außer neuen Wohnungen auch einen Mehrwert für die Nachbarn bringen.

WOHNUNGSPROBLEM

Vorschlag Bettina Jarasch, Vermietende, die sich gemeinwohlorientiertem Vermieten verpflichten erhalten geringeren Erbbauzins

(Tagesspiegel (Hrsg.) (2021): „Mietenschutzschirm“ – so soll die grüne Alternative zu Enteignungen funktionieren, unter: https://www.tagesspiegel.de/berlin/vermieter-foerdern-und-ihnen-etwas-drohen-mietenschutzschirm-so-soll-die-gruene-alternative-zu-enteignungen-funktionieren/27461552.html)

Generell gilt: Mehr Wohnungsbestand in gemeinwohlorientierter Hand (Mehr Genossenschafts- und kommunale Wohnungen), Ziel sind 50%, erreichbar mit Mitteln des Erbbaurechts und Vorkaufrechts  

INFRASTRUKTURPROBLEM

Position der Berliner Koalition: Beschleunigung Schulbauoffensive, gesamtstädtische Planung eines Schulnetzes, Prüfung zusätzlicher Bau- sowie Finanzierungskapazitäten (Koalitionsvertrag Zukunftshauptstadt Berlin 2021-2026, S. 110)

Position der Berliner Koalition: Kitaausbauprogramm, mehr Mittel für den Kita-Ausbau bereitstellen (Koalitionsvertrag Zukunftshauptstadt Berlin 2021-2026, S. 103)

Massiven Wiederaufbau von Personal in den Bezirksämtern vorantreiben (Wahlprogramm Berlin 2021, S. 10)

Weitere Informationen zu den Grünen Positionen bei den Themen Wohnen und Bauen finden Sie hier: https://gruene-pankow.de/themen/mieten-wohnen/
 

Herzliche Grüße,
Oda Hassepaß

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