Frage an Norbert Röttgen von Ingrid B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr.Röttgen,
unter den vielen Fragen, die uns bewegen ist doch unsere zukünftige gesetzliche Rente wann und wie viel ab einer gewissen Altersgruppe drängend.
Da ich mir überlege, jetzt eine Frau als Kanzlerin für dieses Land mit zu wählen, habe ich folgende Frage, die in keinem Programm irgend einer Partei erklärt wird oder Beachtung findet:
Ab 01.01.1952 geborene Männer und Frauen müssen nach der neuesten Rentenreform bis zum 65.Lebensjahr arbeiten, auch wenn sie wollten könnten sie nicht gegen Kürzungsabschläge vorher in den Ruhestand gehen! Nun wird bereits über eine stufenweise Heraufsetzung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre nachgedacht. Warum sind Politiker aller Parteien nicht in der Lage über eine LEBENSARBEITSZEIT unabhängig vom Alter nachzudenken? In Europa gibt es das schon! Wenn ich mit 65 Jahren endlich in Rente gehen darf, habe ich 47 Jahre gearbeitet und auch noch ein Kind groß gezogen - unter Soll - aber immerhin!
Vielleicht kann ich von einer künftigen Regierung in der Lebensarbeitszeitfrage eine Antwort finden.
Über einen Denkanstoß zu diesem Thema würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
I.Brandes
Sehr geehrte Frau Brandes,
für Ihr Schreiben vom 08. September 2005 zum Thema „Lebensarbeitszeit“ möchte ich mich herzlich bedanken.
In der Rentenpolitik müssen wir uns leider den Realitäten stellen, die Rot-Grün uns hinterlassen hat:
Anstatt die gesetzliche Rentenversicherung rechtzeitig zukunftsfest zu machen, hat die rot-grüne Bundesregierung die zielführende Rentenreform der Kohl-Regierung zurückgenommen. Die Streichung des demographischen Faktors durch die Regierung Schröder 1999 war nicht nur ein schwerer Fehler, sondern hat auch Milliarden-Löcher in die Rentenkassen geschlagen. Nachträglich hat der Bundeskanzler persönlich eingeräumt, dass diese Zurücknahme ein riesiger Fehler war.
Anstatt die gesetzliche Rentenversicherung rechtzeitig zukunftsfest zu machen, hat die rot-grüne Bundesregierung bei der Rente jahrelang von Substanzverbrauch gelebt. Statt unbequemer Reformschritte wurden hier Wahlgeschenke gemacht und die gesetzliche Schwankungsreserve der Rentenversicherung kontinuierlich von einer Monatsausgabe auf heute noch 0,2 Monatsausgaben abgeschmolzen. War vor 2000 noch eine Reserve von über 13,5 Milliarden Euro vorhanden, so sind es heute nur mehr rund 2 Milliarden. Damit fehlt der Rentenkasse jeglicher Spielraum, um die Beitragsausfälle zu überbrücken, die durch die hausgemachte Konjunkturschwäche verursacht werden.
Mit Blick auf die Alterssicherung treten wir gemeinsam mit Ihnen für den Erhalt der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente bedarf allerdings der Ergänzung durch die private und betriebliche Vorsorge. Und die Leistungen, die Kindererziehende für die gesetzliche Rentenversicherung erbringen, müssen stärker honoriert werden; daher planen wir einen Kinderbonus als Beitragsermäßigung von 50 Euro monatlich für Kinder, die ab dem 1. Januar 2007 geboren werden.
Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ist eine Anhebung der Lebensarbeitszeit unerlässlich, sollen die Beiträge nicht weiter steigen. Das ist aber nicht gleichzusetzen mit einer Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Vielmehr ist insbesondere ein früherer Berufseintritt anzustreben. Das tatsächliche Renteneintrittsalter ist dem gesetzlichen anzunähern. Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters kommt erst bei einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsmarktlage in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Norbert Röttgen