Stimmen Sie für eine allg. Impfpflicht? Halten Sie Impfpflichtgegner für Querdenker und rechtsradikal? Bereitet Ihnen die Entwicklung in Israel Sorge? Kann ich Ihnen weiter mein Leben anvertrauen?
Sehr geehrter Herr Altenkamp, mit großer Sorge verfolge ich die aktuelle Entwicklung im Bundestag. Von einer echten Impfdebatte kann keine Rede sein. Mit Bedauern stelle ich bei mir und im Bekanntenkreis ein abnehmendes Vertrauen in die Politikentscheidungen fest. Das war noch bis zur Pandemie anders. Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement und bitte Sie, noch einmal ohne Vorbehalt die Argument von Impfpflichtkritikern zu prüfen. Vielen Dank, Dorothea H.
Sehr geehrte Frau. H.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Zur allgemeinen Impfpflicht, die von Bundeskanzler Scholz befürwortet wird, habe mir noch kein abschließendes Urteil gebildet.
Einerseits halte ich - ebenso wie die zum Beispiel die Mitglieder des Deutschen Ethikrats - eine hohe Impfquote für wichtig, damit wir den Weg aus einer unberechenbaren Pandemie mit immer neuen Virusvarianten, Einschränkungen und Lockdowns in eine beherrschbare Endemie mit relativ harmlosen Krankheitsverläufen finden. Mit einer Impfpflicht könnten wir wahrscheinlich die Impfquote wesentlich erhöhen. Die Wirksamkeit, der Schutz vor Ansteckung oder einem schweren Verlauf der Krankheit und die gute Verträglichkeit insbesondere des BioNTech-Impfstoffs wurden bei den Zulassungsstudien und auch in mehreren nachfolgenden Studien unabhängig voneinander nachgewiesen und inzwischen auch in der Praxis millionenfach bestätigt.
Andererseits denke ich - und das ist auch die Sicht meiner Fraktionskolleginnen und Kollegen -, dass im Hinblick auf eine allgemeine Impfflicht noch sehr viele Fragen und Voraussetzungen offen sind, die geklärt werden müssen: ethisch, gesundheitspolitisch, epidemiologisch, durchsetzungstechnisch, verwaltungs- und verfassungsrechtlich. Für die Prüfung dieser Fragen müssen und können wir uns die nötige Zeit nehmen. Zur Brechung der Omikronwelle käme eine mögliche Impfpflicht im späten Frühjahr ohnehin zu spät.
Auch brauchen wir beim Thema Impfpflicht einen breiten demokratischen Konsens. Einer von mehreren möglichen Gruppenanträgen aus dem Bundestag, der vielleicht nur eine knappe Mehrheit bekäme, ist für uns nicht der richtige Weg.
Wir erwarten jetzt von der Bundesregierung, dass sie ihre Führungsrolle erfüllt und einen Vorschlag vorlegt, der allen Anforderungen gerecht wird, der allen Prüfungen standhält, der umsetzbar ist, und der uns tatsächlich den Weg aus der epidemischen Lage weisen kann. Meine Fraktion wird zur Orientierungsdebatte in der nächsten Woche keinen eigenen Vorschlag für eine allgemeine Impfpflicht vorlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Norbert Altenkamp