Norbert Jung
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Cornelia F. •

Frage an Norbert Jung von Cornelia F. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Wie verhindern Sie die Entvölkerung der Dörfer im Osten der Republik ?

Wie fördern Sie kleine landwirtschaftliche Betriebe, die nur 10 oder 20 ha zur Bewirtschaftung haben ?
Es herrscht im östlichen Teil Deutschlands die industrielle Agrarindustrie - 2 Menschen bearbeiten ca 500 ha Land...
Kleine Höfe bedeuten Zukunft auf dem Lande : Tiere werden artgerecht gehalten, Monokulturen werden verhindert, Traditionen werden gepflegt, Menschen arbeiten miteinander und erhalten die Umwelt. Lebendigkeit und Vielfalt sollen geopfert werden für große Landwirtschaftsbetriebe ohne Transparenz ! Warum erfahren kleine Betriebe so gut wie keine Förderung ?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Fischer,

 

vielen Dank für ihre Fragen an mich vom 20.08.2013. Bitte finden Sie untenstehend meine entsprechenden Antworten.

Wie verhindern Sie die Entvölkerung der Dörfer im Osten der Republik ?

Meine Antwort:

Ich habe Anfang 2000 anderthalb Jahre in Schwerin gearbeitet und dort in der Umgebung einige wirklich verwaiste Dörfer gesehen, was mich sehr beschäftigt. Hauptgrund für Abwanderungsbewegungen sind meiner Meinung nach fehlende berufliche Perspektiven, die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften und ggf. eine Familie ernähren zu können. Diese Anfänge münden in einer Abwärtsspirale mit Schließung öffentlicher Einrichtungen, Schulen, Einzelhandel usw. Die Umkehrung ist ein Kraftakt von vielen Beteiligten, wo Politik den Rahmen setzen kann und muss, zuvorderst in Form von ausreichender finanziellen Ausstattung der einzelnen Kommunen. Eine große Schwierigkeit sehe ich im Konkurrenzkampf der Kommunen untereinander. Hier sind die lokalen Akteure gefragt, sich über Gemeindegrenzen hinweg fair und offen auszutauschen. Den Zeitraum für einen Stop der Entvölkerung , evtl. sogar für eine Wiederbevölkerung sehe ich nur mittel-, nicht kurzfristig.

 
Wie fördern Sie kleine landwirtschaftliche Betriebe, die nur 10 oder 20 ha zur Bewirtschaftung haben ?

Meine Antwort:

Erlauben Sie mir, die Antwort auf diese Frage in die Antwort auf die folgende Frage eingehen zu lassen.

 

Es herrscht im östlichen Teil Deutschlands die industrielle Agrarindustrie - 2 Menschen bearbeiten ca. 500 ha Land. Kleine Höfe bedeuten Zukunft auf dem Lande : Tiere werden artgerecht gehalten, Monokulturen werden verhindert, Traditionen werden gepflegt, Menschen arbeiten miteinander und erhalten die Umwelt. Lebendigkeit und Vielfalt sollen geopfert werden für große Landwirtschaftsbetriebe ohne Transparenz ! Warum erfahren kleine Betriebe so gut wie keine Förderung ?

Meine Antwort:

Ihren Erläuterungen zu den Auswirkungen der industriellen Agrarproduktion und der Darstellung der großen Vorteile der kleineren Höfe und naturnahen Bewirtschaftungsweisen stimme ich voll zu. Die bisherige Förderpraxis ist dringend zu reformieren, um u.a. auch das von Ihnen o.g. Missverhältnis bei der Förderung unterschiedlicher Betriebsgrößen zu beenden. Sie wird den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen u.a. aus dem demografischen Wandel und der Klimaschutzziele nicht gerecht, im Gegenteil.

Wichtige Maßnahmen, für die sich BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN einsetzt sind u.a.:

> Subventionen für Großbetriebe kappen und stattdessen aktive Bauern und kleine Höfe unterstützen, u.a. Sonderprämie für Betriebe unter 50 ha

> Beihilfen stärker an Umweltschutz-Auflagen koppeln, Prinzip „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ und konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung des Greening-Konzeptes der EU

> Bürokratieabbau bei der Anwendung steuerfreier Gewinnrücklage

> Leichterer Zugang zu Mikrokrediten der KfW.

> konsequente Weiterentwicklung der Erneuerbaren Energien, die hauptsächlich dezentral stattfindet und stattfinden wird und neue Wertschöpfungen auch für kleine Agrarbetriebe bietet.

> konsequente Förderung regionaler Produktion und Vermarktung.

Das Thema Agrarpolitik ist seit ich denken kann stets hochemotional und dogmatisch geführt worden und wird wohl auch noch eine Zeit so bleiben. Leider laufen Entwicklungen manchmal unangenehm langsam. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass die o.g. Maßnahmen nicht nur umsetzbar sind, sondern auch umgesetzt werden.

Mir ist klar, das meine Antwort nicht erschöpfend und ausreichend sein kann. Die Herausforderungen, vor denen die ländlichen Räume mit all ihren aktuellen und zukünftigen BewohnerInnen stehen , sind immens. Und die Diskussionen müssen auf allen Eben geführt werden. Sie sind gerne eingeladen, den Weg in eine unserer Mitgliederversammlungen zu finden, sei es beim Kreisverband Saalekreis oder Mansfeld-Südharz, um ein Stück dieser notwendigen Debatte mit uns gemeinsam zu führen. Oder Sie besuchen uns auf einem unsere Stände im Wahlkampf, z.B. 31.8./1.9. beim Kobermännchenfest in Sangerhausen in der Göpenstrasse oder am 8.9. in Merseburg beim Südparkfest.

 

Über eine Rückantwort würde ich mich freuen und verbleibe

 

mit freundlichem Gruß

Norbert Jung