Frage an Norbert Geis von Friederike P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber Herr Geis,
mit befremden habe ich gelesen, wie sehr sie die Kandidatur von Frau
Schwan für das Amt des Bundespräsidentin ablehnen. Deshalb meine Fragen an Sie:
1) Ist es in Demokratien üblich, dass mehrere Kandidaturen für ein Amt erfolgen, und sehen Sie das als sinnvoll an? Oder darf gegen amtierende Politiker nicht kandidiert werden, wenn diese beliebt sind?
2) erwarten Sie in Zukunft, dass Parteien, mit denen Sie koalieren, auch keine Spitzenkandidaten mehr für Bundestagswahlen aufstellen dürfen?
3) Finden Sie es einen guten Umgang mit dem Koalitionspartner, dass Sie, ohne Absprache mit der SPD, und zusammen mit der Oppositionspartei FDP, einseitig vorgeprescht sind, und Herrn Köhler vorgeschlagen haben? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, mit dem Koalitionspartner zusammen nach einem gemeinsam getragenen Kandidaten zu suchen?
4) oder gilt die Aufforderung zur Disziplin, nicht mit anderen Parteien zusammenzuarbeiten, nur für die SPD und die Union darf mit der FDP machen, was immer sie will? Oder braucht nur die SPD die Erlaubnis der Union einen eigenen Kandidaten aufzustellen, umgekehrt aber nicht?
5) Unterstützen Sie die Wahl von Horst Köhler auch dann, wenn Sie rechnerisch auf die Stimmen der Neonazos angewiesen wären, oder lehnen Sie jegliche Zusammenarbeit ab? Oder sehen Sie die Mitwahl durch die NPD nicht als Zusammenarbeit?
6) wenn letzteres gilt: gilt das auch für die mitwahl von Frau Schwan durch die Linkspartei, oder gelten auch hier andere Regeln für Union und SPD?
Mit freundlichen Grüßen und in gespannter Erwartung, welche demokratischen
Spielregeln sie angewandt haben möchten,
Friederike Preuß
Sehr geehrte Frau Preuß,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
1. Frau Schwan ist eine schätzenswerte Persönlichkeit und selbstverständlich ist es üblich, dass mehrere Bewerber kandidieren und auch aufgestellt werden. Vom Grundsatz ist das das gute Recht der SPD.
aber
2. Bundestagswahl und Bundesversammlung sind zwei unterschiedliche Dinge. Es entspricht dem demokratischen Prinzip unseres parlamentarischen Parteisystems, dass Kandidaten der verschiedenen Parteien zur Bundestagswahl gegeneinander antreten. Alles andere wäre undemokratisch.
3. Noch bis vor sehr kurzer Zeit hat die SPD signalisiert, dass man eine erneute Wahl von Horst Köhler befürworten würde. Das Prinzip in einer großen Koalition ist gerade jenes, nach Beratung und Verhandlung eine gemeinsame Position zu finden. Das Amt des Bundespräsidenten ist nicht parteiisch. Der Bundespräsident vertritt keine Parteilinien. Daher ist es umso unverständlicher, wieso man jetzt einen Gegenkandidaten aufstellt, obwohl die Mehrheit mit der Amtsführung des Bundespräsidenten Horst Köhler sehr zufrieden ist. Die SPD verfolgt hier wahltaktische Manöver und bricht eindeutig ihr Versprechen, mit den Linken keine Bündnisse einzugehen und auch nicht mit ihrer Hilfe nicht gewählt zu werden. Es ist aber klar, dass mit großer Wahrscheinlichkeit eine Wahl von Gesine Schwan nur mit den Stimmen der Linken zum Erfolg führt. Dies ist dann der Probelauf für die Bundestagswahl 2009. Ich bin der Meinung, dass das Amt des Bundespräsidenten viel zu wichtig ist, als dass man es für machtpolitische Interessen missbrauchen sollte. Das gab es auch in der Vergangenheit noch nie.
4. Für alle Parteien gelten die gleichen Regeln.
5. Nein, dieser Fall wird aber schon rein rechnerisch überhaupt nicht eintreten können, zumal die NPD erwägt einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Damit ist auch die letzte Ihrer Fragen beantwortet.
Mit freundlichen Grüßen