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Norbert Geis
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Frage von randy s. •

Frage an Norbert Geis von randy s. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo, Herr Geis,

Jobs, die oft auf 12 Monate befristet sind, Helferjobs in der Industrie, die auf Dauer finanziell wenig einbringen und die Gesundheit schädigen, Behördenwillkür beim Thema Hartz IV, geringe Einarbeitungszeiten, zunehmende Leiharbeit, Bewerbermarathons für Arbeitssuchende mit Zick-Zack-Lebenslauf und eine hohe Anzahl an Niedriglohnjobs -“ so stellt sich der Arbeitsmarkt in Deutschland heutzutage dar. Aktuell sollen 15 Mio. Menschen von Armut bedroht sein.

Wie passt denn Ihrer Meinung nach vor diesem Hintergrund die Schulterklopferei der schwarzgelben Koalition über einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen zusammen -“ bei zum Teil verhältnismäߟig niedriger Binnennachfrage (z.B. Autokauf)?

Bildung für alle, Leistung lohnt sich und Wachstum geht vor -“ diese Prinzipien hört man von der Koalition oft. Ist es wirklich ein Erfolg, wenn trotz angeblichem Fachkräftemangel Fachkräfte auf 400-Euro-Basis als Hilfsarbeiter oder Taxifahrer arbeiten müssen?

Stimmt Ihrer Meinung nach noch das Prinzip "Angebot und Nachfrage regeln den Preis" -“ vor allem vor dem Hintergrund, dass es für prominente Persönlichkeiten viel Geld für einen einstündigen Vortrag gibt, während eine Krankenschwester dafür hart arbeiten muss?

Die Qualität der Arbeit und des Produktionsprozesses ist hier zu Lande sehr hoch. Zu hoch? Der Normalbürger wird das Gefühl nicht los, dass man bereits für die Durchführung eines Gymnastikkurses um die Ecke fast schon ein abgeschl. Diplom-Sportlehrerstudium vorweisen muss.

Wie könnten Alternativen für Menschen aussehen, die auf dem 1. Arbeitsmarkt keine Chancen haben, aber auch nicht bis zur "Rente mit 67" als Produktionshelfer arbeiten können? Wäre hierbei nicht auch das bedingungslose Grundeinkommen eine Option?

Hat die CSU vor, alternative Jobs in der Umwelt zu schaffen -“ so nach dem Motto "lieber 6h Tiere bei Wind und Wetter zu schützen als 6h monotone Arbeiten in einer stickigen Lagerhalle zu verrichten"?

Viele Grüߟe

Randy Scholz

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Scholz,

Sie haben recht, dass sich die Arbeitswelt geändert hat. Das hat neben der rasant voranschreitenden Technisierung und der Globalisierung der weltweiten Wirtschaft noch vielfältige andere Gründe.

Sicherlich bringen diese Veränderung auch viele negative Effekte mit sich. Zweifellos gibt es Verwerfungen auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Vordergründig einfach erscheinende Lösungen, wie den gesetzlichen Mindestlohn lehne ich ab. Denn dieser könnte zu massiven Jobverlusten in manchen Branchen führen. Wir fordern stattdessen branchenspezifische Lohnuntergrenzen. Denn die Tarifautonomie ist ein hohes und wichtiges Gut, das gewahrt bleiben muss. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen am besten welcher Lohn angemessen und vor allem finanzierbar ist. Zudem würde ein Mindestlohn von beispielsweise 8,50, wie er manchmal gefordert wird, das Armutsrisiko in keiner Weise minimieren. Es kommt darauf an, dass man ausreichend Arbeitszeit pro Woche bzw. Monat hat, um auf einen anständigen Lohn zu kommen. Lediglich 1,4 Prozent der 23 Millionen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland mussten 2011 ihren Lohn vom Jobcenter aufstocken lassen. Das sind immer noch zu viele, aber eben doch nur ein verhältnismäßig kleiner Teil. Seit 2007 ist die Zahl der Aufstocker auch rückläufig.

Zu Ihren Fragen:

1. Die Beschäftigungsquote ist in Deutschland heute auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse sind massiv angestiegen. Das ist angesichts der anhaltenden Krise in Europa, den USA und Japan sowie dem zunehmenden Konkurrenzdruck aus Asien und Südamerika ein großartiger Erfolg der deutschen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Aber auch die Politik unter Bundeskanzlerin Merkel hat ihren Teil dazu beigetragen, damit Deutschland schnell und gut durch die Krise gekommen ist. (z.B. Zeitarbeit, Abwrackprämie) Kaum ein Land in Europa oder der Welt steht heute so gut wie Deutschland dar. Das schlug sich auch in zuletzt relativ deutlichen Lohnsteigerungen wieder. Die deutsche Binnennachfrage hat daher angezogen. Die Nachfrage beim Autokauf wurde durch die prinzipiell sehr sinnvolle Krisenmaßnahme der "Abwrackprämie" kurzfristig reduziert.

2. Prinzipiell halte ich sog. Mini-Jobs für eine sinnvolle Einrichtung, da der Arbeitsmarkt dadurch flexibler wird und den Arbeitnehmern Hinzuverdienste ermöglicht werden, ohne dass sie dafür Sozialabgaben oder Steuern zahlen müssen. Übrigens hat die Koalition kürzlich die Erhöhung der Pauschale auf 450 Euro beschlossen. Diese Möglichkeit nutzen vor allem ALG II Bezieher, um ihre Bezüge aufzubessern. Insofern sind die Mini-Jobs auch eine Möglichkeit, um wieder Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten.
Der Fachkräftemangel ist wieder eine völlig andere Baustelle. Hier denke ich muss der Bildungssektor praxisnäher gestaltet werden. Fachkraft ist ja nicht gleich Fachkraft. Fakt ist aber, dass auch dieses Jahr wieder viele Lehrstellen unbesetzt geblieben sind, weil nicht genügend adäquate Bewerber zu finden sind. Hier denke ich muss vor allem die Schulpolitik der Länder mehr tun.

3. Nachfrage wird ja auch künstlich erzeugt z.B. durch Werbung. Ich stimme diesem Prinzip daher nur bedingt zu. Ich stimme Ihnen aber vollkommen zu, dass sich Leistung lohnen muss. Ich selbst halte auch viele Vorträge, aber als Politiker gehört das zu meinen Aufgaben. Deshalb verlange ich dafür natürlich kein Geld.
Was die Leistung von Krankenschwestern oder auch Pflegekräften angeht, so bin ich mit Ihnen einer Meinung, dass hier konsequent für Verbesserungen gesorgt werden muss. Allerdings müssen steigende Lohnkosten, die ja dauerhaft fällig werden, auch langfristig finanzierbar sein. Angesichts einer überalternden Gesellschaft und immer weniger Beitragszahlern stehen die gesetzlichen Kranken- und Sozialversicherungen mittel- und langfristig schon heute vor enormen Finanzierungsschwierigkeiten. Entsprechend schwierig gestalten sich die Lohnverhandlungen.

4. In der CDU/CSU wissen wir, dass die wichtigste Ressource in Deutschland die Menschen sind. Bildung ist die Grundvoraussetzung, um in der hochtechnisierten und globalisierten Welt erfolgreich sein zu können. Diese Bundesregierung hat deshalb trotz aller Bemühungen den Bundeshaushalt zu konsolidieren und die Neuverschuldung abzusenken, die Ausgaben für Bildung massiv erhöht. Noch nie hat eine Bundesregierung so viel Geld für Bildung und Forschung ausgeben wie diese.
Nichtsdestotrotz darf die Bürokratie nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Z.B. setzen wir uns zur Zeit gegen eine Richtlinie der EU ein, die den Eintritt in die Pflegeberufe durch sehr hohe Auflagen unnötig erschwert. Qualität ist natürlich wichtig, aber immer mit Augenmaß und Blick auf die Lebenswirklichkeit.

5. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist immer die beste Sozialpolitik. Wenn die Wirtschaft wächst, finden die Menschen Arbeit. Voraussetzung dafür ist eine gute Bildung bzw. Fortbildung der Menschen. Diese Bundesregierung hat auf diesen Gebieten vieles erreicht. Wir bauen die Bildungsförderung massiv aus, der deutschen Wirtschaft geht es so gut wie seit langem nicht mehr, die Löhne in Deutschland steigen trotz der weltweiten Krise und zunehmender Konkurrenz aus Billiglohnländern. Das ist ein großer Erfolg.
Von dem Konzept des Grundeinkommens halte ich gar nichts, da es schlichtweg nicht finanzierbar ist. Auch würde es jungen Menschen m.A.n. völlig falsche Anreize während ihrer Ausbildung geben.

6. Von staatlich geförderten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen halte ich ebenfalls nichts. Ein Job muss wirtschaftlich vernünftig sein. Wenn das Geschäftsprinzip darauf beruht, dass der Staat bzw. die Gemeinschaft einen Teil des Lohns erstatten muss, taugt das gesamte Geschäftsmodell meist nichts.

Insgesamt denke ich ist Deutschland auf einem guten Weg, auch wenn es sicherlich noch sehr viel zu tun gibt.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Geis MdB