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Norbert Geis
CSU
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Frage von Markus S. •

Frage an Norbert Geis von Markus S. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Geis,

Ich möchte nicht nervtötend wirken und bin mir wohl bewusst, dass alle entscheidenden Argumente im Themenkontext "Betreuungsgeld" prinzipiell ausgestauscht wurden.
Dennoch verbleiben noch einige wenige Fragezeichen betreffs der nominellen Diskussion.

1. Können sie mir die endgültig valide Summe nennen, die dass Betreuungsgeld kosten wird, im Idealfall nach Haushaltsperioden aufgeschlüsselt?
2. Die Zahl der fehlenden ErzieherInnen wird von Bildungsinstituten auf ~30.000 geschätzt. Teilen sie diese Annahme? Gibt es in der CSU Pläne für eine Ausbildungsoffensive, die man etwa im BMin FSFJ vergeblich sucht?
3. Erwähnte Institute bemessen die Zahl fehlender Kitaplätze auf ~200.000. Bis wann dürfte eine vollständiger Ausbau gelingen? Ist der Bund bereit, die Kommunen finanziell zu unterstützen, wenn sich sich im Zuge der Klagewelle ab 2013 (Rechtsanspruch) hoher Schadensersatzforderungen ausgesetzt sehen?
4. Das das Betreuungsgeld Frauen von der Wieder-/Aufnahme einer Arbeit abhalten wird, ist nicht zu bestreiten. Wie man diesen Fakt wertet, sei aber dahin gestellt. Wichtig ist mir zu wissen, ob die CSU den volkswirtschaftlichen Schaden bereits beziffern, sprich schätzen kann und ob ein entsprechender Ausgleich, etwa über partielle Mehrabgaben geplant ist.

Herzlichen Dank im schon mal Vorraus,

Markus Saft

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Saft,

vielen Dank für Ihre Fragen zu den Themen Kita-Ausbau und Betreuungsgeld. Gerne gehe ich näher auf die jeweiligen Punkte ein. Vorab möchte ich aber festhalten das Kita-Ausbau und Betreuungsgeld keine Gegensätze sind, sondern sich ergänzende familienpolitische Maßnahmen. An dieser Stelle sollte man auch festhalten, dass die Kinderbetreuung eigentlich eine Aufgabe der Länder ist. Der Bund leistet aber wertvolle Unterstützung und wird diese auch weiter ausbauen. Ich gehe davon aus, dass wir die selbst gesteckten Ziele, so ehrgeizig sie sein mögen, auch erreichen werden. Schon beim Bundesfreiwilligendienst, dem Nachfolger des Zivildienstes, wurde uns von vielen ein großer Reinfall prognostiziert. Heute ist der Bundesfreiwilligendienst ein großartiger Erfolg und von den Kritikern plötzlich nichts mehr zu hören. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch beim Kita-Ausbau der Fall sein wird.

zu 1.
Während der Anlaufphase des Betreuungsgeldes sind im Jahr 2013 Ausgaben in der Höhe von 300 Mio. Euro und im Jahr 2014 in der Höhe von 1,11 Mrd. zu erwarten. Mittelfristig werden sich die Ausgaben ab 2015 auf 1,23 Mrd. Euro belaufen. Dabei ist auch die Geburtenrate der kommenden Jahre zu berücksichtigen.

zu 2.
Das BMFSFJ hat den Fachkräftemangel längst erkannt und die Gewinnung von Fachpersonal in das 10-Punkte-Programm für ein bedarfsgerechtes Angebot in der Kindertagesbetreuung 2013 aufgenommen. Auch hier sei wieder auf die originäre Zuständigkeit der Länder hingewiesen.
Gemäß unseren Berechnungen werden bis zum Kitajahr 2013 noch rund 14.000 Erzieherinnen und Erzieher und mindestens 16.000 Tagesmütter und –väter gebraucht. Dieser Fachkräftemangel muss behoben und das Image der Kinderbetreuung attraktiver werden. Wer die Kinderbetreuung mit pauschal mit Kampfbegriffen wie „Herdprämie“ abwertet, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich nur wenige Menschen für einen Beruf in der Kinderbetreuung interessieren.
Die Ausbildungskapazitäten auf Landesebene für Erzieher/innen müssen zweifellos gesteigert werden. Ebenso wollen wir erreichen, dass Personalverordnungen in den Ländern so gestaltet werden, dass es auch Quereinsteiger aus vergleichbaren Berufen möglich ist, in Kitas zu arbeiten, wenn parallel eine Teilzeitausbildung zur staatlich anerkannten Erzieher/in absolviert wird.
Zudem werden mehr Tagesmütter und –väter benötigt. Indem wir eine Alternative zu der von vielen als Hürde empfundenen formalen Selbständigkeit erschaffen, können wir auch diese Betreuungsform ausbauen. Wir wollen Tagesmüttern/vätern ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anbieten, das ihnen ein vernünftiges Einkommen und spätere Rentenansprüche ermöglicht. Der Bund zahlt deshalb für ein Jahr Lohnkostenzuschüsse in Höhe von bis zu 50 Prozent des Arbeitgeberbruttogehalts für die Festanstellung einer Tagesmutter. Dieses Modell wurde auch schon zuvor über mehrere Jahre erfolgreich in Modellstandorten des Aktionsprogramms Kindertagespflege erprobt.
Ebenfalls unterstützt das BMFSFJ die Initiative der Gewerkschaften und Berufsverbände „Profis für die Kita“, die Bewerberinnen und Bewerber für Berufe in der Kindeserziehung gewinnen soll.
Abgesehen von der Gewinnung neuer Fachkräfte ist aber auch das Potential nicht zu unterschätzen, dass in der Erhöhung der Arbeitszeit von in Teilzeit beschäftigten Fachkräften in Einrichtungen der Kindertagespflege liegt.

zu 3.
Das Ziel, bis August 2013 die Grundlagen für den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu schaffen, ist zweifellos ehrgeizig. Die Bundesregierung hält daran aber trotz aller Unkenrufe fest. Um das Betreuungsziel von 780.000 Plätzen pünktlich zu erreichen, besteht ein zusätzlicher Bedarf in Höhe von ca. 160 000 Kitaplätzen. Allerdings haben die Länder angegeben, dass dieses Ziel bis 2013 erreichbar ist. Viele der neuen Plätze werden derzeit noch nicht in der amtlichen Statistik ausgewiesen. Dies erfolgt erst nach Ende der baulichen Maßnahmen mit der Inbetriebnahme. Die Fertigstellung der zahlreichen im Bau befindlichen Plätzen wird sich in der verbleibenden Zeit bis August 2013 als deutliche Steigerung der Betreuungsquoten niederschlagen.
Gleichzeitig wollen wir das Förderprogramm „betrieblich unterstützte Kinderbetreuung(BUK)“ weiterentwickeln. Neben der Förderung von Betriebskitas schaffen wir dabei auch erstmals eine Anreize für Unternehmen, damit diese Tagesmütter oder Tagesväter einstellen können.
Vor allem die Länder sind jetzt gefragt. Die Bundesregierung hat ihre finanziellen Zusagen vom Krippengipfel eingehalten und weitet sie noch aus. Um die erforderlichen Plätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen, ist der Einsatz investiver Mittel –die von Ländern und Kommunen zugesagt wurden - für den weiteren Aus- und Neubau erforderlich.
In dem erwähnten 10 Punkte Programm des BMFSFJ wird die teils schwierige finanzielle Situation einiger Kommunen berücksichtigt. Der Bund stellt deshalb ab 2013 über die KfW zinsgünstige Kredite in Höhe von 350 Mio. Euro bereit. Ab dem Jahr 2014 erhalten die Länder vom Bund jährlich Zuschüsse für die Betriebskosten der Kitas in Höhe von 770 Mio. Euro.

zu 4.
Ihre Ansicht, dass das Betreuungsgeld einen volkswirtschaftlichen Schaden auslösen wird, kann ich nicht nachvollziehen. Dieser Ansicht stehen Studien, Erfahrungen aus anderen Ländern und starke Argumente entgegen.
Das Betreuungsgeld ist keine „Herdprämie“. Schon allein dieses Wort halte ich für eine Verunglimpfung aller Eltern, die sich in den kritischen ersten drei Jahren selber um ihre Kinder kümmern. Das Betreuungsgeld soll in Kombination mit dem Kita-Ausbau den betroffenen Familien die Wahlfreiheit eröffnen, um die Betreuungsfrage selbständig beantworten zu können. Auf Landesebene existiert das Betreuungsgeld bereits in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen als sogenanntes Landeserziehungsgeld. Diesen Ländern geht es volkswirtschaftlich recht gut. Es ist schon bemerkenswert, dass die grüne-rote Landesregierung in B-W. nichts gegen das eigene Landeserziehungsgeld unternimmt, wo es doch angeblich so schädlich sein soll.

Trotz der Einführung der Landeserziehungsgelder ist die Betreuungsquote konstant gestiegen. Es ist also ein Scheinargument, das Betreuungsgeld würde Mütter oder Väter davon abhalten, trotz Familie berufstätig zu sein. Das Betreuungsgeld kann ja auch für die Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater verwendet werden, sofern diese nicht staatlich bezuschusst wird. Das ist ein gerechter Ausgleich für die absolute Mehrheit der Eltern in Deutschland, die ihre Kleinstkinder selbst erziehen möchten.
Auch andere EU-Staaten wie Schweden, Frankreich oder Österreich befürworten das Konzept des Betreuungsgeldes. Dort wird neben der hochsubventionierten Kinderbetreuung auch der individuellen Betreuung der Kinder große Bedeutung beigemessen.

Bedenkenswert finde ich, dass in der öffentlichen Diskussion die Kindeserziehung so wenig wertgeschätzt wird. Kinderbetreuung ist eine unersetzbare Leistung und die Grundlage der Zukunftsfähigkeit der deutschen Gesellschaft und ihrer Volkswirtschaft. Es sollte daher eine Selbstverständlichkeit sein, dass diese Leistung von der Gesellschaft honoriert wird. Wir tun dies über den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz UND das Betreuungsgeld.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Geis MdB