Frage an Norbert Geis von Uwe P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Geis,
Ende September soll das Parlament über die Aufstockung und Befugnisserweiterung des Euro-Rettungsschirm EFSF abstimmen. Meine ganz einfache Frage an Sie lautet:
Werden Sie für oder gegen den Euro-Rettungsschirm stimmen?
Ich persönlich werde Ihr Abstimmungsverhalten für meine zukünftigen Wahlentscheidungen zur Grundlage machen. Gerade dieses Thema scheint mir als Gradmesser sehr geeignet um zu sehen, in wie weit Politiker bereit sind Ihren Auftrag, den Wählerwillen umzusetzen, nach zu kommen. Viele Ihrer Kollegen erwecken den Eindruck völlig vergessen zu haben "wer der Herr und wer der Diener" ist.
Ich werde Politiker nur noch an Ihren Taten messen. Danach entscheide ich, ob jemand die charackterliche und moralische Eignung hat, in meinem Namen Politik machen zu dürfen.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüssen
Uwe Peters
Sehr geehrter Herr Peters,
Ihre Bedenken hinsichtlich des Euro-Rettungsschirms kann ich gut nachvollziehen. Die Entscheidungsfindung fällt alles andere als leicht. Vorausgesetzt, der Deutsche Bundestag stellvertretend für die Bürger und Bürgerinnen in Deutschland erhält angemessene Mitbestimmungs- bzw. Kontrollrechte, werde ich dem Gesetzentwurf zustimmen. Denn ich bin überzeugt, dass er zur Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung und damit zur Absicherung unseres Wohlstandes notwendig ist. Letztendlich werden mit den nun diskutierten Beschlüssen die bisher beschlossenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung effektiv um- bzw. fortgesetzt. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht heute die Verfassungskonformität der Politik der Bundesregierung bei der Euro-Stabilisierung bestätigt.
Bereits am 07. Juni 2010 hatten die Euro-Staaten eine Zweckgesellschaft gegründet, die jedoch bis zum 30.Juni 2013 befristet ist. Diese "Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) soll mit einem Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro mögliche Zahlungsunfähigkeiten von Euro-Staaten abwenden und jegliche Spekulationen gegen den Euro vorab den Wind aus den Segeln nehmen. Zur Absicherung ihrer Geschäfte erhält die EFSF Garantien der Euro-Staaten. Damit die EFSF am Kapitalmarkt eine erstklassige Bonität (AAA) genießet und die Zinsen entsprechend niedrig bleiben, bedarf es einer Übersicherung der vom EFSF aufgenommenen und weitergegebenen Finanzmittel. Das ursprünglich beschlossene Kreditvolumen von 440 Mrd. Euro kann nur dann unter Bestbenotung effektiv bereitgehalten werden, wenn es übersichert wurde bzw. die Euro-Staaten ihren maximalen Garantierahmen entsprechend ausweiteten.
Aufgrund der anhaltenden Unruhen auf den Finanzmärkten haben die Euro-Staaten deshalb am 11. März 2011 beschlossen, im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zur Krisenbewältigung das volle Kreditvolumen des EFSF von 440 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen und den Garantierahmen entsprechend auf 780 Milliarden Euro auszuweiten, um mittels dieser Übersicherung die Bestbenotung für das maximale Garantievolumen zu erhalten. Zusätzlich sollen die Kompetenzen des EFSF effektiver gestaltet und in einen dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) überführt werden, um zukünftig solche Krisen zu verhindern. Dies bedeutet eine Erhöhung des deutschen Garantievolumens von bisher 123 auf 211 Milliarden Euro. Dieses gewaltige Garantievolumen kann aber nur in Ausnahmefällen und nur in Verbindung mit strikten Auflagen und Sparprogrammen abgerufen werden. Ich setze mich vor allem dafür ein, dass der Deutsche Bundestag bei der Vergabe dieser Hilfen angemessen beteiligt wird.
Wir brauchen den Euro! Deutschland hat nicht nur politisch, sondern mit seiner exportstarken Wirtschaft auch wirtschaftlich von der Integration innerhalb der EU profitiert. Über 40% unserer Exporte gehen in die 17 Länder der Eurozone. 60% unserer Exporte gehen in 27 Länder der EU. Die gemeinsame Währung hat nicht nur den Tourismus und die Vergleichbarkeit von Preisen gefördert. Auch die durchschnittliche Inflationsrate der D-Mark war nie so niedrig wie die des Euro. Der Handel innerhalb der Euro-Zone wurde vereinfacht und entlastet. Verluste aufgrund von Schwankungen zwischen den ehemals 17 verschiedenen Währungen gibt es heute nicht mehr. Davon profitieren viele deutsche Unternehmen. Ebenfalls können die anderen Euro-Länder die Wettbewerbsvorteile der deutschen Wirtschaft z.B. bei den Lohnstückkosten nicht mehr durch einseitiges Abwerten der eigenen Währung ausgleichen. Zudem ist der Euro seit der 2007 einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise auf einem stabilen Niveau geblieben. Zu D-Mark Zeiten hätten sich viele Anleger in einer solchen Krise in die D-Mark als "sicheren Hafen" geflüchtet und unsere Währung aufgewertet und somit deutsche Exporte stark verteuert. Ein Blick auf den rasant angestiegenen Schweizer Franken zeigt, wie es dem deutschen Export heute mit der D-Mark ergehen könnte. Der Euro ist also auch ein wesentlicher Grund dafür, warum Deutschland die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre so schnell überwinden konnte und nun sinkende Arbeitslosenzahlen und ein hervorragendes Wirtschaftswachstum hat. Schon allein deshalb müssen wir ein vitales Interesse daran haben, den Euro zu schützen.
Zweifellos war es ein gravierender Fehler, Griechenland so frühzeitig in die Euro-Zone aufzunehmen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die FDP hatten 2000 geschlossen gegen die Aufnahme gestimmt. Nun muss es darum gehen, den von der damaligen Regierung, die übrigens auch als erste gegen die Maastricht-Kriterien verstoßen und den Euro-Stabilitätspakt massiv beschädigt hat, zu korrigieren, ohne die in Europa erzielten Fortschritte zu gefährden. Mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse und unserer Politik einer konsequenten Haushaltskonsolidierung haben wir in Deutschland bereits elementare Grundsteine dafür gelegt. Nun muss es darum gehen, diese Politik der soliden Haushaltsführung auf ganz Europa zu übertragen. Dies sind wir unseren Wählerinnen und Wählern und den kommenden Generationen schuldig.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Geis MdB