Frage an Norbert Geis von Christian W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Geis,
ich würde gerne erneute das aktuell viel diskutierte Thema von Herrn zu Guttenbergs Dissertationsschrift aufgreifen, speziell auch mit Bezug auf Ihre vorhergehende Antwort.
Sie stellen fest, dass der Vorwurf der Täuschung an üble Nachrede grenze, wo doch verschiedentlich durch Gerichte befunden wurde, dass "Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts [...] sich bereits daraus [ergibt], dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen." (VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 13.10.2008, 9 S 494/08 ) Beides Kriterien, welche Herr zu Guttenbergs Dissertationsschrift nachweisslich erfüllt.
Meine erste Frage an Sie: wie kommen Sie zu dem Schluß, dass sich daraus für Herrn zu Guttenberg kein Vorwurf der Täuschung ergibt? Gelten für Ihren Parteifreund denn andere Regeln?
Weiterhin würde mich interessieren, wie Sie zu der Überlegung stehen, dass dieser Fall starke Implikationen zu der Eignung von Herrn zu Guttenberg für das Ministeramt hat:
1) Ist ein Mensch, der von sich sagt, er wäre vom Schreiben einer Doktorarbeite (eine Aufgabe, die er freiwillig auf sich genommen hat) überfordert gewesen, in Ihren Augen wirklich in der Lage ein Verteidigungsministerium zu führen? Letztlich ist das Anfertigen einer Doktorarbeit eine lächerlich geringe Belastung im Vergleich zum Führen eines Ministeriums.
2) Ist in Ihren Augen ein Mensch, der sich in einer Situation befindet, die ihn seiner Aussage nach überfordert, und dies in der Situation entweder nicht erkennt oder (noch schlimmer) es erkennt und trotzdem weiterpresst wirklich in der Lage ein Ministerium zu führen? Falls ja: woher nehmen Sie diese Sicherheit?
Über die Aussage, welche diese gesamte Affäre über den Charakter von Herrn zu Guttenberg macht, werden verschiedene Menschen wohl unterschiedliche Meinungen vertreten, weshalb ich diese Frage außen vor lassen möchte.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Christian Wilms
Sehr geehrter Herr Dr. Wilms,
gerne beziehe ich zu dem Thema nochmals kurz Stellung:
ad 1) Sie verschweigen hier den Kontext und verzerren die Aussage. Herr zu Guttenberg war damals Kreisverbandsvorsitzender, direkt gewählter Bundestagsabgeordneter, CDU/CSU Obmann im Auswärtigen Ausschuss und Fraktionssprecher für Abrüstung und Rüstungskontrolle. Diese Aufgabenfülle ist enorm beanspruchend. Zudem wurde Herr zu Guttenberg in dieser Zeit Familienvater. Er hatte einfach nicht die Zeit, sich wie gewöhnliche Doktoranden mit aller Kraft seiner wissenschaftlichen Arbeit zu widmen. Trotzdem stellte er diese enorm hohen Ansprüche an sich selbst, denen er letztendlich nicht vollkommen gerecht werden konnte. Dies öffentlich zuzugeben erfordert Mut und zeugt von Charakter.
Ad 2) Herr zu Guttenberg war in seiner Funktion als Bundesminister der Verteidigung zu keinem Zeitpunkt überfordert. Eine solche Behauptung geht an der Sache vorbei angesichts des Umstandes, dass er die bedeutendste Reform der Bundeswehr seit ihrem Bestehen auf den Weg gebracht hat. Nach wie vor genießt er höchstes Ansehen bei den Soldaten und in der Bevölkerung. Die deutsche Politik hat heute einen schweren Verlust erlitten.
Die Art und Weise, wie mit einem so verdienstvollen Bundesminister, wie Herrn zu Guttenberg, in den letzten Wochen umgegangen wurde, finde ich unerträglich und beschämend. Von Teilen der Medien und der Opposition wurde er zeitweise auf das Übelste herabgewürdigt, noch bevor die Anschuldigungen überprüft waren. Mit keinem Wort habe ich gesagt, dass für Herrn zu Guttenberg andere Regeln gelten sollten. Er selbst tat das auch zu keinem Zeitpunkt. Bereits am Freitag den 25.02 hat er Konsequenzen gezogen und auf das Führen seines Titels verzichtet, weil er davon ausging, dass auch der Bundesminister Herr zu Guttenberg das Recht hätte, die Vorwürfe gegen ihn in einem geregelten Verfahren überprüfen zu lassen. Doch diese Regeln gingen in dem hysterischen Medien-Hype um seine Person unter. In diesem Sinne scheinen gewisse rechtsstaatliche Regeln für Herrn zu Guttenberg tatsächlich nicht zu gelten.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Geis MdB