Frage an Norbert Geis von Inge R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Geis,
als Mutter einer erwachsenen schwerstbehinderten Tochter bitte ich Sie um eine Stellungnahme zu den aktuell gehäuft auftretenden Anträgen der Sozialhilfeträger bei den Familienkassen auf Auszahlung des (anteiligen) Kindergeldes für volljährige und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII.
Die Sozialhilfeträger nutzen für die Anträge zur Abzweigung des Kindergeldes zwei Urteile des Bundesfinanzhofes, die völlig zweckentfremdet wurden.
In aller Regel erfahren die Eltern erst nach(!) erfolgter Antragstellung von diesem Verwaltungsakt, der in ihre Rechte eingreift. Ohne eine Möglichkeit der Anhörung gegenüber den Sozialämtern werden die Eltern in die Zuständigkeit von Finanzgerichten gezwungen, falls die Familienkassen der Einschätzung sind, dass die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen.
Mittlerweile entsteht bei vielen Eltern der Eindruck, dass die Sozialämter die Zuständigkeit bewusst zu den Finanzgerichten lenken, weil sie mit den Abzweigungsanträgen vor dem Bundessozialgericht bereits mehrfach gescheitert sind.
Besonders in seinem Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 16/07 - hat das BSG eindeutig beschrieben, dass die Voraussetzungen für eine solche Abzweigung keiner Prüfung bedürfen, weil dies den Zielen der §§ 41 ff SGB XII widersprechen würde, die Eltern von Unterhaltsleistungen freizustellen.
Wie stehen Sie zu den Abzweigungsanträgen der Sozialleistungsträgern, die die wiederholte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hartnäckig ignorieren?
Und wie wollen Sie Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung jetzt unterstützen, damit diese nicht gezwungen werden, sich immer wieder aufs Neue durch alle Instanzen zu kämpfen?
Mit freundlichen Grüßen
Inge Rosenberger
Sehr geehrte Frau Rosenberger,
diese spezielle Praxis innerhalb des weiten Feldes der Sozialgesetzgebung ist mir neu. Ihren Unmut über die beschriebenen Abzweigungsanträge kann ich aber sehr gut nachvollziehen. Gerne werde ich überprüfen inwiefern dieses doch widersprüchlich anmutende Prozedere rechtens ist und wie den betroffenen Eltern geholfen werden kann.
Ich möchte Sie deshalb gerne bitten, sich diesbezüglich nochmal direkt mit meinem Büro in Berlin in Verbindung zu setzen. Gerne werde ich dann versuchen Ihnen in Ihrem speziellen Fall weiterzuhelfen und mir auf diesem Weg gleichzeitig einen Überblick über die gesamte Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Geis MdB