Frage an Norbert Geis von Michael B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Geis,
die CSU hat sich immer als Verteidigerin konservativer Werte verstanden, wie z. B. der Schutz der Leistung des Einzelnen oder der Familie bestehend aus Mutter, Vater und Kinder.
Nicht selten nehmen Männer ein Kredit auf, sagen wir 200000 EUR. Kurz danach heiraten sie, voll auf ihre Leistungsfähigkeit vertrauend. Manch einem kann es allerdings passieren, dass er nach jahrelanger Abbezahlung des Kredites und Ansammlung eines Vermögens von 200000 EUR, vor der Scheidung steht.
Nun hat der Rechtausschuss (RAU) des Bundestages den Regierungsentwurf des Gesetzes zum Zugewinnausgleich (DRS 16/10798, http://tinyurl.com/3xrzv3g , Artikel 1, Punkt 7) dahingehend "korrigiert" (DRS 16/13027, http://tinyurl.com/2ubh4cm , Punkt 1, b)), dass die Begrenzung der Ausgleichsforderung nicht mehr durch die Hälfte, sondern durch das gesamte Endvermögen gegeben ist.
Aufgrund des Zugewinns in Höhe von 400000 EUR muss also der Mann bei Scheidung, seiner Frau, nach dem neuen §1378, Abs. 2 BGB das gesamte Endvermögen überlassen, wenn die Frau bei Heirat und bei Scheidung nichts hatte (dies scheint die Überzeugung einiger RA zu sein).
In der DRS 08/635 wurde die hälftige Teilung des Endvermögens noch als gerecht empfunden: http://tinyurl.com/35l5ntc .
Daher folgende Frage an Sie und an die CSU: Glauben Sie, dass durch die Neufassung des §1378, Abs. 2 BGB, die es erlaubt, den männlichen Alleinernährer bei Scheidung gänzlich auszuziehen, die Werte geschützt werden für die, die CSU einsteht?
Letztendlich muss der Rechtsuchende den Fehler von Juristen bezahlen. Daher wäre eine verbindliche Kostenübernahme des Staates, bei Fehler des RAU, eine Selbstverständlichkeit in einem Rechtstaat. Leider fehlt der Zwang, dass Richter nach 100 GG eine Richtervorlage beim BVerfG einreichen, wenn sie auf einen Fehler des RAU hingewiesen werden.
Sollte es sich tatsächlich um eine Fehlleistung des RAUs handeln, was wird die CSU unternehmen um den Fehler zu beheben?
MfG
MB
Sehr geehrter Herr Baleanu,
urlaubsbedingt komme ich erst jetzt dazu, auf Ihre Anfrage zu antworten.
Sie bezieht sich auf das Gesetzgebungsverfahren zu § 1378 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der Fassung des seit 1.9.2009 in Kraft befindlichen Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6.7.2009 (Bundesgesetzblatt 2009 Teil I, Seite 1696).
Nach dem vor dem 1.9.2009 geltenden alten Recht blieben Schulden, die zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden waren und während der Ehe abgebaut wurden, bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt. Der andere Ehegatte hatte insofern an diesem Vermögenszuwachs keinen Anteil.
Im Sinne einer konsequenten Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes wird nunmehr für die Berechnung des Zugewinns auch das negative Anfangsvermögen berücksichtigt. Die Neuregelung sieht diesbezüglich vor, dass Verbindlichkeiten bei der Berechnung des Anfangsvermögens über die Höhe des Anfangsvermögens hinaus abzuziehen sind (§ 1374 Absatz 3 BGB).
Im Gesetzgebungsverfahren sah der Regierungsentwurf ergänzend hierzu zunächst eine Änderung der Kappungsgrenze vor. Danach sollte die Höhe der Ausgleichsforderung durch den hälftigen Wert des vorhandenen Vermögens des ausgleichspflichtigen Ehegatten begrenzt werden. Mit dieser Regelung sollte sichergestellt werden, dass der Ausgleichspflichtige nicht sein ganzes noch vorhandenes Vermögen für den Zugewinnausgleich einsetzen muss.
Deshalb lautete im Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts“ (BT-Drs. 16/10798) auf Seite 5 zu Nummer 7 der Passus zu § 1378 Abs. 2 BGB wie folgt:
§ 1378 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den hälftigen Wert des Vermögens des ausgleichspflichtigen Ehegatten begrenzt, das nach Abzug der Verbind- lichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden ist. Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich in den Fällen des § 1375 Abs. 2 um die Hälfte des dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrages.“
In den Berichterstattergesprächen bzw. Ausschussberatungen wurde dann allerdings vereinbart, die geltende Kappungsgrenze (Begrenzung auf das vorhandene Vermögen, § 1378 Absatz 2 BGB) nicht zu verändern und die im Regierungsentwurf vorgesehene Neuregelung (Herabsetzung der Kappungsgrenze auf das hälftige Vermögen) zu streichen. Dem lag u.a. folgende Erwägung zugrunde:
Im wirtschaftlichen Sinne ist auch jede Form des Schuldenabbaus ein vermögensrechtlicher Zugewinn. Es wäre nicht gerechtfertigt, den anderen Ehegatten an diesem Zuwachs nur begrenzt, d.h. bis zur Hälfte des (noch) vorhandenen Vermögens, partizipieren zu lassen.
Deshalb sah die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Seite 3 der BT-Drs. 16/13027 zu Nummer 1b den inhaltlichen Fortbestand des alten § 1378 Abs. 2
- nunmehr als § 1378 Abs. 2 Satz 1 - vor.
Auf die Konsequenzen weist der Rechtsausschuss in der genannten Drucksache auf Seite 7 zu Nummer 1b (§ 1378) ausdrücklich hin:
„Damit muss der Ausgleichsschuldner in Fällen, in denen er in erheblichem Umfang bei Beginn des Güterstandes vorhandene Schulden getilgt hat, notfalls sein gesamtes nach der Schuldentilgung erworbenes Vermögen an den Ausgleichsgläubiger abführen. Es ist aber sichergestellt, dass der Ausgleichsschuldner zur Erfüllung der Ausgleichsforderung grundsätzlich keine Verbindlichkeiten eingehen muss.“
Die Höhe der Ausgleichsforderung ist somit weiterhin durch den Wert des (ganzen) Vermögens begrenzt. Der Zugewinnausgleichsschuldner muss zwar ggf. sein gesamtes Vermögen abgeben. Zugleich wird jedoch - wie gesagt - vermieden, dass der Ausgleichspflichtige ein Darlehen aufnehmen muss, um seine Ausgleichspflicht zu begleichen.
Dieser Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses stimmte am 14. 5.2009 die Mehrheit der Abgeordneten - des Plenums - des Deutschen Bundestages in 2. und 3. Beratung zu.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Geis, MdB