Norbert Baunach
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Frage von Johannes N. •

Frage an Norbert Baunach von Johannes N. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Baunach,

die Wahlbeteiligung bei dieser Landtagswahl wird wohl wieder äußerst gering sein. Weniger und weniger Menschen sehen sich motiviert oder beanlasst, sich für eine Partei zu entscheiden. Wie denken Sie darüber? Wollen Sie die Wahlbeteiligung erhöhen oder sehen sie den Wahlverzicht als demokratische Handlung? Gegebenfalls: Wie wollen Sie die Bürger bewegen, in Zukunft öfters zu wählen und was haben sie bisher getan? Ich bedanke mich jetzt schonmal für ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüß,
Niemeyer.

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Niemeyer,

natürlich bin ich froh darüber, dass der Bürger heutzutage auch die Möglichkeit hat, nicht zu wählen, um damit seinen Protest auszudrücken. Sie erinnern sich bestimmt noch an die Zeiten, als der Verzicht auf die Teilnahme an der Wahl schon als eine Art Staatsverbrechen angesehen wurde und nicht selten zu Repressalien gegen den Nichtwähler führten. Als Demokrat bin ich froh, dass diese Zeiten vorbei sind und das Mittel des Wahlverzichtes im Prinzip als legales Ausdrucksmittel politischer Willensäußerung zur Verfügung steht. Allerdings habe ich schwere Bedenken, wenn von diesem Recht massenweise Gebrauch gemacht wird, so wie Sie dies offenbar auch befürchten. Denn natürlich höhlt dies die Grundlagen der Demokratie aus und spielt nur den Gegnern der Demokratie in die Hände. Parteien sind nämlich ein unverzichtbarer Bestandteil der Demokratie.
Die Stimme des Einzelnen kann in der Demokratie nur dadurch Gewicht erlangen, dass sie sich mit dem Votum anderer Gruppen verbindet, die ähnliche politische Positionen vertreten. Eine solche Gruppe ist eine Partei, von der bekannt ist, für welche Werte sie steht. Wenn Parteien sich in ihrem Profil nur noch wenig unterscheiden, so dass der Wähler den Eindruck hat, dass es ganz gleichgültig ist, für wen er sich entscheidet, dass „dies ja doch nichts am Gang der Politik ändern“ würde, dann reagiert er häufig mit Resignation und Wahlboykott. Es lohnt sich jedoch, genauer hinzuschauen, was denn eigentlich der Grund für die Annäherung der politischen Positionen von Parteien ist. Wen dies das Resultat einer öffentlich geführten demokratischen Auseinandersetzung ist oder das Resultat der Suche nach einem Kompromiss im Interesse der Lösung eines dringenden Problems, dann ist dies doch eher eine zu begrüßende Erscheinung als ein Grund, an der Demokratie zu zweifeln. Wir beobachten diese Erscheinung der Annäherung zwischen den Standpunkten von Parteien häufig, wenn das Wahlresultat Parteien zwingt, Koalitionen einzugehen, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Im Moment ist dies gerade sowohl auf Bundesebene als auch in unserem Land M/V der Fall. In solchen Situationen kommt es häufig zu der von Ihnen beschriebenen Parteienverdrossenheit. In einer Demokratie muss man jedoch lernen, damit umzugehen.
Die Alternative, die Kritiker der Demokratie zu bieten haben, ist nämlich eine rechte oder linke Diktatur, wo es keine lebendige Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen politischen Positionen mehr gibt, sondern nur noch die Meinung eines „Führers“ oder einer „führenden Partei“ gibt. Wir hatten das alles schon - mit fatalen Folgen für unser Volk und für unsere Nachbarn. Um eine Wiederkehr solcher Verhältnisse zu verhindern, sollte dem Wähler eindringlich der Zusammenhang von Wahlverzicht und Gefährdung der Demokratie deutlich vor Augen geführt werden. Hier haben die Parteien selbst eine besondere Verantwortung. Sie müssen besonders im Wahlkampf ihr Profil deutlich herausarbeiten, um dem Wähler deutlich zu machen, wofür sie stehen und wodurch sich ihr Standpunkt gegebenenfalls auch von dem ihres Koalitionspartners unterscheidet. Hier spielt die Erhöhung der allgemeinen politischen Bildung durch Schule Elternhaus und vor allem auch durch die Medien eine große Rolle. Hier tragen wir alle denen der Schutz der Demokratie am Herzen liegt, Verantwortung. Demokratie ist bekanntlich – um mit Churchill zu sprechen, eine Regierungsform mit vielen Fehlern und Schwächen, aber dennoch die beste, die die Menschheit in ihrer Geschichte hervorgebracht hat. Ich persönlich versuche in meinen ehrenamtlichen Funktionen und Mitgliedschaften von Vereinen und Verbänden, in diesen stets mit den Menschen im Gespräch zu bleiben. Über mein Bürgerbüro vor Ort in meinem Wahlkreis habe ich viele Kontakte und Diskussionen mit Bürgern.
Ich gebe gerne zu, dass dieses manchmal nicht gerade einfach ist. Auch jetzt (ich bin eine Woche im Straßenwahlkampf)zeigt sich das besonders deutlich.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Baunach