Was werden Sie konkret tun, damit es niemals in unserem Land politische Entscheidungen in Abhängigkeit zu rechtsradikalen Partein gibt, etwa indem man auf deren Zustimmung im Bundestag angewiesen ist
Halten Sie es für richtig extrem rechtes Gedankengut dadurch zu bekämpfen indem man Inhalte rechtsradikaler Parteien und Gruppierungen 1:1 kopiert und damit zu eigen macht ? Sehen Sie in diesem Verhalten konkrete Gefahren für die freiheitlich demokratische Grundordnung ?
Moin,
die Ereignisse der letzten Woche sind besorgniserregend, da Friedrich Merz das emotionale Thema der Migration als Wahlkampfmanöver nutzen wollte, was ja gehörig nach hinten losgegangen ist. So war bekanntermaßen auch die FDP sowie Merz' Union gespalten und profitiert hat neben der Linkspartei vor allem natürlich die AfD selbst, was zuerst innerhalb der Union vermehrt dazu führen wird, dass eine offene Zusammenarbeit mit der AfD zuerst im Osten umgesetzt werden wird. Folglich ist es meiner Ansicht nach bzgl. des kompletten Verhinderns einer Zusammenarbeit auf Landes- und Bundesebene hierfür bereits zu spät und wir laufen Gefahr, dass die AfD zunehmend als normaler Teil des politischen Spektrums verstanden wird.
Unabhängig von einer spezifischen Position zum Thema haben die Beispiele Dänemark und Schweden gezeigt, dass es grundsätzlich möglich ist, durch das Abräumen des Bereiches die Popularität rechtspopulistischer Parteien relativ schnell wieder auf ein niedriges Niveau zu bringen - jedoch hat Dänemark 80 km an Grenze gen Süden und Deutschland über 3500 km und hat mit der AfD eine Partei, die mit neonazistischen Methoden versucht, unsere Demokratie auszuhölen und teils NS-Ideologen beherbergt, die dazu beitragen, gefährliche Ängste zu kultivieren und Verschwörungstheorien in einem großen Teil der Gesellschaft zu verbreiten, was sich schwieriger bekämpfen lasst als die Schwedendemokraten oder die Dänische Volkspartei. Probleme in der Migration und Integration müssen angesprochen und, sofern denn möglich, konstruktiv gelöst werden.
Die AfD hat in vielen Bereichen in konservativen Kreisen politischer Parteien bis mindestens in die 1990er-Jahre populäre Meinungen und Ansichten wieder aufgenommen - verschwunden waren diese aber nie - und bringt darüber hinaus Naziideologien wieder offen mit ein. Dass man sich nur zur Bekämpfung der AfD an diese dort nun kultivierten Ansichten annähert, erscheint mit Blick auf eine Vielzahl von Studien nicht sehr hilfreich, insbesondere dann, wenn dies in einer emotionalen und populistischen Art und Weise getan wird, was zu einer Polarisierung der Gesellschaft beiträgt und der AfD nutzt, wenn Leute den Eindruck haben, man habe ja noch das so oft genannte "Original".
Ich sehe die FDP als Partei der Mitte und lehne jegliche Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Parteien strikt ab, was Koalitionen und Absprachen mit einschließt. Natürlich wird es sich nie vor allem auf kommunaler Ebene vermeiden lassen, dass die AfD Anträgen zustimmt und ggf. auch zu einer Mehrheit eines Antrages verhilft, da es traditionell in Gemeinden und Kreisen selten bis nie Koalitionen gibt. Ich setze mich für eine eigenständige Politik ohne inhaltliche Annäherung ein, sondern betone gerne unsere liberalen Werte wie Rechtsstaatlichkeit, individuelle Freiheit und Marktwirtschaft. Es ist die Aufgabe der demokratischen Parteien, Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu bieten statt populistische oder radikale Forderungen zu kopieren. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung muss durch die konsequente Verteidigung des Rechtsstaats, Bildung und Aufklärung verteidigt werden, um extremistischen Tendenzen entgegenzuwirken.
Wenn Parteien von mitte-links bis zur Union es in der nächsten Zeit nicht hinbekommen werden, zentrale Probleme, auch im Migrationsthema, konstruktiv und ruhig zu lösen, laufen wir alle Gefahr, dass die AfD Sperrminoritäten erreicht, nicht mehr an ihr vorbeiregiert werden kann und sich alleine durch den verändernden Tonfall und radikalere Ansätze die Demokratie erodiert.
Ich selber promoviere derzeit zu Migration und Integration Geflüchteter und stehe für einen rationalen und sachlichem Umfang mit diesem Thema und vielen anderen Themenfeldern. In der Politik braucht es mehr Leute, die etwas von ihrem Thema verstehen.