Warum wieder verschärfte Corona-Maßnahmen ab Oktober 2022?
Sehr geehrte Frau Stahr,
wie groß ist die Zahl der Menschen aus der vulnerablen Gruppe, für welche keine Möglichkeit des Eigenschutzes besteht? Wieviele dieser Menschen sind schulpflichtig?
Die Grundimmunisierungsquote der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland liegt laut RKI bei über 85%. Bei den vulnerablen Gruppen über 60 Jahren liegt die Quote sogar bei 90%, mit Booster bei 85%. Die IMMUNEBRIDGE-Studie sagt, dass 95% der deutschen Bevölkerung Antikörper gegen Covid-19 aufweist. Wie hoch muss Ihrer Ansicht nach die Grundimmunisierungsquote sowie die Antikörperquote sein, damit Deutschland den Modus "Pandemie" verlassen kann und das Covid-19-Virus als endemisch betrachten kann? Auf welche wissenschaftlichen Studien oder Expertenmeinungen stützen Sie Ihre Ansicht?
Ich bedanke mich vorab für Ihre Antworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
J. T.
Lieber Herr T.,
Im Gegensatz zu einer weltweit auftretenden Pandemie spricht man von einem endemischen Krankheitsgeschehen, wenn es regional in einem begrenzten Gebiet häufig bis regelmäßig und verstärkt auftritt, wie z.B. die Grippe, Tuberkulose oder Malaria. Die COVID-19-Pandemie war von heftigen Infektions- und Krankheitswellen geprägt und geht allmählich in ein endemisches Geschehen über. Das bedeutet, dass das Coronavirus nicht mehr verschwinden wird und wir lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Vergleichbar eben mit der Grippe. In Ländern mit einer hohen Impfquote und mit vielen genesenen Menschen wird dieser Übergang zur Endemie schneller von statten gehen als in Ländern mit geringen Impfquoten oder wenig wirksamen Impfstoffen.
Das bedeutet aber nicht, dass SARS-CoV-2 harmlos wird, denn so wie auch jedes Jahr Hundertausende Menschen an Grippe oder Tuberkuloseerkrankungen sterben, werden zukünftig viele Menschen weiterhin einer Virusinfektion mit SARS-CoV-2 erliegen. Zudem besteht nach wie vor die Gefahr von Long Covid.
Und wie bei der Grippe auch wird es notwendig sein, insbesondere die vulnerablen Bevölkerungsgruppen durch wiederholte Auffrischungsimpfungen zu schützen. Ebenso ist es wahrscheinlich, dass neue Virusvarianten auftreten, die eventuell zeitweise wieder umfangreichere Infektionsschutzmaßnahmen erforderlich machen. Auch wenn es einige Wahrscheinlichkeiten gibt, ist jegliche Prognose über die weitere Entwicklung von SARS-CoV-2 nach heutigem Stand spekulativ. Um mögliche Folgen abschätzen und frühzeitig reagieren zu können, ist eine Überwachung (sogenannte „Surveillance“) von SARS-CoV-2 und der verursachten Krankheitslast weiterhin notwendig.
Freundliche Grüße
Nina Stahr