Haben Sie schon eine politische Patenschaft für eine aus politischen Gründen inhaftierte Person im Iran übernommen? Wenn nein, wieso nicht?
Sehr geehrter Armin A.,
Viele Iraner*innen haben es als ein positives Zeichen wahrgenommen, dass sich deutsche Parlamentarier*innen durch die Übernahme einer individuellen ad-hoc Patenschaft für sie stark machen. Dadurch kann die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Kampf der Betroffenen im Iran für Freiheit und gegen Menschenrechtsverletzungen gelenkt werden.
Auf den ersten Blick mag eine Patenschaft einleuchtend klingen, doch bei genauerer Betrachtung ergeben sich leider etliche schwerwiegende Bedenken und Unklarheiten, die den Betroffenen im Iran eher schaden als nützen könnten:
Die Koordinierung oder eine zentrale Erfassung der Übernahme von Patenschaften ist nicht geklärt: Wie werden solche Namen ausgewählt und von wem? Das formelle Patenschaftsprogramm PSP kann diese Aufgabe aus strukturellen Gründen nicht leisten. Es besteht die Gefahr, dass Aktivist*innen durch eine Patenschaft besonders sichtbar gemacht werden und dadurch erst recht im Fokus des iranischen Regimes stehen – so dass sie besonders drakonische Strafen fürchten müssen. Dazu kommt, dass es oft um einzelne Menschen geht, die selbst, oder deren Verwandte, im Regelfall keine Stellung dazu nehmen können, ob sie durch einen Paten besonders sichtbar gemacht werden möchten oder nicht. Schwer einzuschätzen ist auch das Risiko der Auswirkungen auf die Vollstreckung von Todesurteilen durch die Übernahme einer Patenschaft. Eine mögliche Gefahr ist, dass das iranische Regime in seinem Konfrontationskurs Todesurteile gegen besonders sichtbare Fälle erst recht umsetzt oder sogar früher umsetzt. Und zu guter Letzt: durch die Übernahme einer Patenschaft wird die Hoffnung vermittelt, dass die Patenschaften allein schon Schutz bieten könnten. Das habe ich ja bereits den unfassbar vielen Mails entnommen, die mich dazu erreicht haben. Doch eine Patenschaft in einer solchen Situation kann eben das gerade nicht, sondern kann im schlimmsten Fall – wie oben beschrieben – sogar das Gegenteil bewirken.
Eines ist aber klar: ich verurteile die massive Repression des iranischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung, die zahlreichen Festnahmen und die brutalen Verbrechen, vor allem aber die Hinrichtungen von Protestierenden aufs Schärfste und unterstütze den klaren Kurs der Bundesregierung, die mit Härte gegen das Regime vorgeht. Das Recht auf Freiheit und Gleichberechtigung darf auch vom iranischen Regime nicht mit Füßen getreten werden – deshalb stehe ich zusammen mit den Bündnisgrünen fest an der Seite der Protestierenden im Iran.
Herzliche Grüße
Nina Stahr