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Nina Scheer
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Frage von Klaus S. •

Sehr geehrte Frau Scheer! Halten Sie es für möglich, daß radioaktiv kontaminiertes Metall aus dem Abriß deutscher Atomkraftwerke über den Umweg Schweden auch ins "Techno Centre" gelangen könnte?

Bekanntlich soll am Standort des stillgelegten AKW Fessenheim - nur 24 Kilometer vom Stadtzentrum von Freiburg entfernt - eine Schmelzanlage mit der euphemistischen Bezeichnung "Techno Centre" errichtet werden. Diese Schmelzanlage soll dazu dienen, radioaktiv kontaminiertes Metall aus dem Abriß von Atomkraftwerken einzuschmelzen, um es danach dem Metall-Recycling zuzuführen. Schon im Jahr 2007 wurde am 21. September radioaktiv kontaminiertes Metall aus Deutschland per Schiff nach Nyköping in Schweden zur Vattenfall-Tochter Studsvik AB zum Einschmelzen transportiert. Diese Anlage in Nyköping wurde im Jahr 2016 vom franzöischen Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF aufgekauft und in Cyclife AB umgetauft.

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Sehr geehrter Herr S.,

die Schließung der Atomanlagen der Region Grand-Est waren dringend notwendig und sehr erfreulich. Für die Nachnutzung des Areals ist nun ein grenzüberschreitender Gewerbepark geplant, in dessen Planungen von französischer Seite zum aktuellen Zeitpunkt auch ein „Technocentre“ zum Recycling radioaktiv belasteter Metallbauteile inbegriffen ist.

Die deutschen Energieversorgungsunternehmen haben gegenüber Frankreich bereits erklärt, dass sie kein Interesse an der Nutzung eines etwaigen „Techno-Centre“ hätten. Der Grund dafür ist ihr Zeitplan für die Entsorgung ihrer metallischen Abfälle – ein „Techno-Centre“ käme dafür schlichtweg zu spät. Bezüglich Fessenheim als möglichem Standort für ein solches „Techno-Centre“ haben insbesondere das Bundesumweltministerium sowie das Land Baden-Württemberg ihre Ablehnung bereits mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht.

Eine nukleare Recycling-Anlage ist zudem mit meinem Verständnis von umweltverträglicher Energiewende grundsätzlich nicht vereinbar. Es gilt stattdessen, die Nachnutzung von Atomkraftstandorten nachhaltig, sozial- und umweltverträglich sowie innovativ zu gestalten. Anreize für weitere Atomkraft-Projekte zu schaffen, die auf der französischen Seite der Region bereits intensiv diskutiert werden, halte ich für grundlegend falsch. Den Aufbau eines gewinnorientierten Handels mit Abbauprodukten der AKWs lehne ich daher ab.

Gleichzeitig ist jedoch nicht zu vernachlässigen, dass eine Dekontamination von radioaktiv belastetem Material, das bereits vorhanden ist, und eine daraus entstehende Möglichkeit zur sicheren Nachnutzung wichtige Meilensteine in der Post-Atomkraft-Phase sind. Hierbei muss jedoch sichergestellt sein, dass nicht nur die schadlose Verwertung aller Anlagenteile, sondern auch die Rückverfolgbarkeit etwaiger in die Nachnutzung gelangender Teile gegeben ist.

Mit freundlichen Grüßen

 Dr. Nina Scheer

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