Frage an Nina Scheer von Friedrich K. bezüglich Bundestag
Sehr geehrte Frau Scheer!
Im Rahmen der Corona-Krise gibt es im Moment sicher viel zu bedenken.
Einer von vielen Aspekten ist sicher auch zu sparen, wo das möglich ist.
Dazu gehört für mich auch die Verkleinerung das Parlaments. Auch wenn das immer wieder thematisiert wird, gibt es bisher keine Beschlüsse und die Zeit wird langsam knapp. Wie wollen Sie sicherstellen, dass das Parlament bei der nächsten Bundestagswahl deutlich kleiner wird?
Mit freundlichen Grüßen
F. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und bitte entschuldigen Sie die etwas verzögerte Rückmeldung. Zur Wahlrechtsreform hatte ich etwa in meinem monatlich erscheinenden Newsletter in der Ausgabe Februar 2020 Stellung bezogen, vgl. https://www.nina-scheer.de/app/uploads/2020/06/2020-02-Newsletter_final.pdf
Auch wenn ich mich dagegen verwehre, die Größe des Parlaments auf die Kostenfrage zu reduzieren, da daraus schnell eine Hetze gegen den Parlamentarismus erwachsen kann, gibt es gute Gründe, den Bundestag nicht weiter anwachsen zu lassen, wie dies mit dem heutigen Wahlrecht passieren kann, aber - je nach Wahlausgang - auch nicht passieren muss. Vor diesem Hintergrund muss jede Alternative zum bestehenden System auch der Prüfung stand halten, insgesamt eine Verbesserung zu erwirken, auch mit Blick auf die verfassungsgegebenen Grundsätze, die Wahlen zu erfüllen haben. Änderungen am Wahlrecht dürfen somit zu keine Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Parteien oder Kandidierenden führen.
Die SPD-Fraktion hat sich schon vor mehren Monaten für ein Modell ausgesprochen, bei dem die Anzahl der Wahlkreise (299) gleich bliebe. Unser Modell sieht vielmehr eine Kappung der Mandate bei 690 Abgeordneten bei gleichzeitiger Limitierung der Direktmandate im Verhältnis zum jeweils landesweit erzielten Zweitstimmenergebnis vor. Direktmandate, die über dieses Zweitstimmenergebnis hinaus gingen, würden danach nicht in den Bundestag einziehen.
Mit diesem Modell wird vermieden, die Anzahl der Wahlkreise zu verringern und diese zur Limitierung der Anzahl der Abgeordneten zu vergrößern. Denn eine Vergrößerung der Wahlkreise ginge mit einer entsprechenden räumlichen Entfernung zu den Bürgerinnen und Bürgern einher. Das sollte nicht passieren.
Eine Vergrößerung der Wahlkreise käme aktuell zudem allein deswegen nun nicht mehr in Betracht, weil der Wahlkreiszuschnitt und damit eine Wahlrechtsänderung aufgrund von sich verschiebenden Einwohnerzahlen bereits vor der Sommerpause verabschiedet wurde. Wer nun innerhalb der Koalition heute noch ein Modell zur Vergrößerung der Wahlkreise vertritt, muss erklären, warum denn dann dem Wahlkreiszuschnitt ohne eine Änderung der Wahlkreis-Anzahl und -Größe zugestimmt wurde.
Weitere Einzelheiten und die konkrete mathematische Umsetzung des Vorschlags der SPD sind auf der Homepage der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht:
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/beschluss-wahlrecht-spd-20200303.pdf
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/spd-brueckenmodell-zweibeispielrechnungen.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nina Scheer