Frage an Nina Hauer von Heinrich K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Hauer,
welche Pläne verfolgen eigentlich SPD und die Regierungskoalition, um die mittlerweile ausufernden Leiharbeitsverhältnisse mit ihren Billig- oder gar Hungerlöhnen einzudämmen? Es mag ja noch Sinn machen, wenn nach einem überschaubaren Zeitraum sog. Leiharbeitsverhältnisse in feste Arbeitsverhältnisse einmünden. Man kann aber wohl kaum noch von einem Leiharbeitsverhältnis sprechen, wenn eine Festeinstellung überhaupt nicht beabsichtigt ist und die Leiharbeit zum Dauerzustand wird. Hinzu kommt die Abzocke mancher unseriöser Leiharbeitsfirmen. Da müssen z.B. erst einmal unbezahlte 70 Arbeitsstunden angespart werden, von denen dann in Zeiten einer vorübergehenden Freistellung gezehrt werden kann. Desweiteren werden z.B. Leiharbeitnehmer am Tag vor oder nach einem Feiertag freigestellt, um ja nicht den Feiertag mitbezahlen zu müssen.
Abgesehen vom traurigen Los der betroffenen Arbeitnehmer verzichtet der Staat mit dieser Praxis auch noch auf mehr Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen und muss vielen Familien auch noch Sozialleistungen aus Steuergeldern zuschießen.
Wenn die immer stärker um sich greifende Armut in der Bevölkerung tatsächlich gestoppt werden soll, müßte nicht erst nach den Wahlen sondern sofort etwas geschehen.
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Kamperhoff
Sehr geehrter Herr Kamperhoff,
vielen Dank für Ihre Frage zur Leiharbeit.
Die SPD fordert bereits seit langem die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Mit dessen Einführung würden auch in der Leih- bzw. Zeitarbeitsbranche Dumpinglöhne unmöglich gemacht. Da hier mit der Union aber keine Einigung zu erreichen war, strebt die SPD in dieser Wahlperiode zumindest die Aufnahme der Zeitarbeitsbranche in das Entsendegesetz an. Ähnlich wie im Baugewerbe und bei Briefdienstleistungen würde dann auch für die Zeitarbeit ein von den Tarifparteien ausgehandelter und für die gesamte Branche gültiger Mindestlohn gelten. Ein gesetzlicher Mindestlohn bleibt dennoch unser Ziel.
Leiharbeit soll Unternehmen flexibel auf ihre Auftragslage reagieren lassen und Menschen die Tür zum Arbeitsmarkt aufstoßen. Und dies mit Erfolg: Nach neueren Studien hat sich die Zahl der in einem Leiharbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt – davon waren mehr als zwei Drittel unmittelbar vor Aufnahme ihres Arbeitsverhältnisses nicht beschäftigt. Etwa ein Siebtel befand sich zuvor ein Jahr und länger in Arbeitslosigkeit. Jeder zweite Arbeitnehmer mit Berufsausbildung zwischen 18 und 34 Jahren blieb nach seiner ersten Beschäftigung in Leiharbeit weiter in Beschäftigung, die Hälfte wurde direkt in die Stammbelegschaft übernommen. Dieses sinnvolle Instrument hat aber Risiken und Nebenwirkungen entwickelt. Man kann beobachten, wie Arbeitgeber mit der Zeitarbeit elementare Arbeitnehmerrechte – wie den Kündigungsschutz oder gleiche Löhne – umschiffen oder gar ihre Stammbelegschaften durch Leihkräfte ersetzen. Die SPD will „Gute Arbeit“ auch im Bereich der Zeit- und Leiharbeit.
Über eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wollen wir die Verleihdauer zeitlich begrenzen und eine Höchstquote an der Stammbelegschaft festlegen. Betriebsräte sollen echte Mitspracherechte über den Einsatz von Zeitarbeitern erhalten und es muss auch in der betrieblichen Praxis wieder der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten. Deshalb sollen Leiharbeitnehmer nach einer angemessenen Einarbeitungszeit die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft erhalten und es sollen die gleichen Arbeitsbedingungen gelten. Ich bezweifle aber, dass dies mit der Union realisiert werden kann. Dennoch wird die SPD für eine Reform der Leiharbeit kämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Nina Hauer, MdB