Frage an Niema Movassat von Sebastian D. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Sehr geehrter Herr Movassat,
Zunächst einmal möchte ich mich vorstellen: Mein Name ist Sebastian Dinspel, ich bin 15 Jahre alt und komme aus Düsseldorf. Ich habe mich vor ungefähr 18 Monaten durch Fridays for Future und den Rechtsruck in Deutschland, Europa und in der ganzen Welt politisiert und schaue mir seitdem regelmäßig Bundestagssitzungen an und diskutiere viel in den sozialen Netzwerken oder mit meinen Eltern oder Freunden über Politik.
Dadurch habe ich mir mit der Zeit zu fast allen relevanten politischen Themen eine Meinung gebildet. Während die Toleranz gegenüber jedem Menschen und die Ablehnung von Rassismus, Sexismus, Homophobie, Antisemitismus und jeder anderen Art von Diskriminierung schon immer eine Grundeinstellung von mir war, habe ich in dieser Zeit auch in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen die Einstellungen der Linken zu schätzen gelernt.
Neben dem Fußball ist Politik zu meinem größten Interesse geworden. Daher würde ich mich gerne politisch engagieren, zum Beispiel indem ich in einen Jugendverband eintrete, zudem kann ich mir auch später gut vorstellen, Politik im Bundestag oder auf kommunaler Ebene zu machen. Wenn bald in Düsseldorf Kommunalwahlen sind, werde ich 16, also wahlberechtigt sein. Soweit so gut, ich bin ehrlich, nur auf das Wahlprogramm bezogen spricht alles für die Linke.
Doch nun zu meiner eigentlichen Frage: Es gibt ein großes Problem, das ich an einigen Beispielen aufzeigen möchte:
1) Die innenpolitische Sprecherin Ihrer Fraktion, Ulla Jelpke ist nach eigenen Angaben Mitglied der "Roten Hilfe". Deren Vereinszeitung schrieb 2016 an das flüchtige RAF-Trio Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub "[...] Lasst es Euch gutgehen [...] und lasst Euch nicht erwischen!". Ein Schreiben gegen das Verbot der roten Hilfe unterzeichneten unter anderem die Abgeordneten Sevim Dagdelen, Michael Leutert und die Partei-Chefin Katja Kipping. Mitglied ist laut der FAZ weiterhin der Abgeordnete Norbert Müller. (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/ehemalige-raf-mitglieder-seit-jahrzehnten-auf-der-flucht-1.3998916-2)
2) Der Abgeordnete Andrej Hunko reiste vor einiger Zeit nach Venezuela und traf sich dort mit Staatschef Nicolás Maduro. Dieser hat unter anderem laut SPD-Politiker Nils Schmid die "Demokratie in Venezuela zerstört und sein Land ins Verderben geführt" und ist laut Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour "kein linker Präsident, sondern ein schlimmer Kleptokrat, der sein Land und Volk ruiniert". (Quelle: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/venezuela-andrej-hunko-linke-empoert-mit-besuch-bei-nicolas-maduro-a-1264489.html )
3) Die offensichtliche Solidarität aller Linken-Politiker mit "der" Antifa. Natürlich ist auch für mich Antifaschismus eine Grundeinstellung, aber wenn man beispielsweise auf Instagram nach "Antifa" sucht, dauert es nicht lange, bis man auf Fotos von brennenden Polizisten stößt (Quelle: https://www.instagram.com/p/B-tn2j0gko6/?igshid=17vx4dkret272 ) Antifaschismus, ja!, Gewalt, nein! Mich stört, dass sich von Linken nicht immer von Gewalt distanziert wird, wenn es um "die" Antifa geht.
4) Eine Ortsgruppe der Linksjugend twitterte am Tag des Gedenken an das Bombardement Dresdens "Bomber Harris - Do it again". Als CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak das im Bundestag kritisierte ( Quelle: https://youtu.be/oo84Vok_N-M , Minute 12:25 ) brachte es der Abgeordnete Jan Korte es nicht fertig, sich klar davon zu distanzieren, sondern relativierte den Tweet mit den Worten "Es war nicht DER Jugendverband, es war eine Ortsgruppe" ( Quelle: https://youtu.be/oo84Vok_N-M , Minute 57:12) Auf den Zwischenruf "Warum distanzieren sie sich nicht davon? Sagen sie doch, dass das falsch ist", ging er nicht weiter ein. ( Quelle: https://youtu.be/oo84Vok_N-M , Minute 57:50)
Ich könnte diese Liste noch weiterführen, möchte die Frage jedoch nicht ZU lang werden lassen. Darum nochmal in aller Kürze: Ist Ihrer Meinung nach für mich, als Mensch der Gewalt grundsätzlich immer ablehnt, die Linke die richtige Partei?
Vielen Dank, alles Gute und bleiben Sie gesund!
S. D.
Sehr geehrter Sebastian Dinspel,
herzlichen Dank für Ihre Mail und Ihr Interesse an der Partei DIE LINKE und ihrem Jugendverband Linksjugend [‘solid].
Ich kann zu den einzelnen Vorgängen relativ wenig sagen, da es um das Verhalten anderer Mitglieder der Partei DIE LINKE geht und diese für sich selbst sprechen können.
Ich will allerdings betonen, dass Andrej Hunko während seiner Venezuela-Reise nicht nur Nicolás Maduro getroffen hat, sondern auch den Oppositionsführer Venezuelas, Juan Guaidó. Somit hat er mit beiden Seiten gesprochen – so stelle ich mir jedenfalls seriöse Außenpolitik vor: Dialog mit allen Seiten. Nur das kann Probleme lösen und Gewalt verhindern.
Die Kritik am positiven Bezug zur Antifa verstehe ich überhaupt nicht. „Antifa“ kann sich jede und jeder nennen und darunter posten, was er / sie möchte. Insofern ist irgendein Instagram-Bild ein Beweis für gar nichts. „Antifa“ ist keine einzelne Organisation, sondern eine Denkrichtung / politische Haltung und zudem gibt es bundesweit einzelne Gruppen, die sich unabhängig voneinander „Antifa“ nennen.
Im allgemeinen kann ich nur empfehlen, diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die Sie für ihr Verhalten kritisieren, direkt zu kontaktieren.
Nun zu der Frage, die explizit an mich ging: Ja, die DIE LINKE ist die richtige Partei für Menschen, die Gewalt grundsätzlich ablehnen. DIE LINKE hat niemals Gewalt befürwortet oder aktiv unterstützt. Deshalb ist DIE LINKE eine Partei, die konsequent Krieg als Mittel der Politik ablehnt und die exzessive Gewalt von Sicherheitsbehörden während Demonstrationen etc. kritisiert. Ich selbst lehne Gewalt als Mittel der Politik ab.
Mit freundlichen Grüßen
Niema Movassat