Frage an Niema Movassat von Horst K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Movassat,
was gedenkt der Bundestag gegen die ungeheuerliche und abenteuerliche Verschwendung der Fernsehgebüren zu unternehmen. Heute musste ich wieder einmal feststellen das ein republikanisches Fernsehen eine Hofberichterstattung aus Monaco vornimmt (wie schon auch bei der Hochzeit der britischen Blutsauger).
Das soll man doch bitte anderen überlassen, aber nicht dem offentlich rechlichen Rundfunk!
Wir sind eine Republik und ich meine darauf müssen wir stolz sein.
mfg
Horst Kristen
Lieber Herr Kirsten,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie man zur Berichterstattung von den königlichen Hochzeiten steht ist sicherlich Geschmacksache. Dass diese neben den privaten Sendern auch in den öffentlich-rechtlichen Sendern erfolgt, ist auf jeden Fall zu kritisieren.
Obwohl DIE LINKE für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht, betrachten wir darunter keinen Auftrag an diesen zu einer ungebremsten Expansion auf allen Medienmärkten: Der Empfang der Öffentlich-Rechtlichen muss für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar bleiben. Zunehmend skeptisch betrachten wir auch die fortschreitenden Tendenzen in der Kommerzialisierung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots selbst. Diese folgen weitgehend unkritisch den Handlungsmustern der Privaten und bewirken eine weitere Verflachung des Medienspektrums - wie auch beim Thema Hofberichterstattung. Hier sieht DIE LINKE einen erheblichen Reformbedarf. Denn: Bürgerinnen und Bürger, die das Eine ohne die stetig steigenden Kosten des Anderen haben können, werden auf Dauer nicht bereit sein, an einem gebührenfinanzierten Rundfunkmodell festzuhalten.
Im Kern stehen wir für ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem, in dem die Kreativen mehr und die Verwaltungen weniger zu sagen haben. Dazu bedarf es Mitspracherechte der Zuschauerinnen und Zuschauer, dazu braucht es mehr Sachverstand in den Rundfunkgremien und dazu ist auch die Zwei-Parteien-Autokratie zur Besetzung der Spitzenpositionen nach dem Parteienproporz aus SPD und CDU/CSU aufzulösen. Zudem sollte über die Formulierung des Programmauftrags neu diskutiert werden. Wünschenswert ist ein Diskurs darüber, was Grundversorgung im Digitalzeitalter bedeutet.
DIE LINKE fordert ferner den Verzicht auf Werbung und Sponsoring. In der digitalen Welt, in der die Grenzen zwischen Werbung und Medium, zwischen ökonomischen und inhaltlichen Aspekten, zunehmend verschwimmen, ist ein werbe- und sponsoringfreier öffentlich-rechtlicher Rundfunk wichtig. Von dieser Regelung auszunehmen sind lediglich Übertragungen von nationalen und internationalen Sportereignissen, deren Rechte oft nur erworben werden können, wenn gleichzeitig auch Werbe- und Sponsoringmöglichkeiten geboten werden.
DIE LINKE tritt zudem dafür ein, die geltenden Regelungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht durch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) zu ändern. Geringverdiener, Studierende und Bezieher von Niedrigrenten sollen deshalb ebenso wie Arbeitslose in Hartz IV mit Zuverdienst die Möglichkeit zur Befreiung erhalten. Um einen dadurch bedingten Gebührenausfall zu kompensieren, sollen die Arbeitsagenturen und Arbeitsgemeinschaften nach SGB II sowie sonstigen Träger von sozialen Leistungen für deren Empfänger die Gebühr übernehmen. Dies würde Spielraum für eine Gebührenbefreiung für die genannten Gruppen bringen ebenso wie für den zu veranschlagenden Einnahmeausfall aus Werbung und Sponsoring.
Ich hoffe ich habe Ihnen hiermit weitergeholfen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Niema Movassat