Frage an Niema Movassat von Florian S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Bitte um Benantwortung Thema "Internationales", "Menschenrechte", "Entwicklungspolitik", "Gleichstellungspolitk"
Sehr geehrter Herr Movassat,
Ich habe über ihre Fraktionsseite der Bundestagsfraktion gelesen, dass Sie stv. Mitglied im Rechtsausschuss, im Ausschuss für Menschenrechte sowie Mitglied im Entwicklungszusammenarbeit sind.
Zunächst einmal finde ich es gut, dass Sie sich für Bereiche engagieren, die in der öffentlichen Debatte eher als "Stiefkind" angesehen wird! Es wäre auch ein gutes Signal gewesen, wenn Sie zum entwicklungspol. Sprecher ihrer Fraktion gewählt worden wären!
Meine Fragen:
1. a,Können Sie berichten, welche ihre Schwerpunktthemen im Entwicklungsausschuss sind, welche Erfolge Sie im Bundestag(trotz Opposittion?!?!) durchsetzen könnten (mögl. juristischer Weg)?
Welche Übereinstimmung sehen Sie im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
b, Was kritisieren Sie primär an der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung?
2. Menschenrechte gelten für alle Menschen! Da Sie Mitglied der Partei Die Linke.(Sie sind mit 17 eingetreten als dies noch die PDS, Nachfolgeorganisation SED) sind, frage ich Sie wie es in einem sozialistischen Land wie Kuba zu Verhaftungen von Frauen und Homosexuellen kam. Die Homosexuellen wurden teilw. sogar in Gefängnissen hingerichtet !
( vgl. http://www.queer.de/detail.php?article_id=12666 )
3. Das MdB Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) ist Teilnehmer der"Euro Pride" und setzt sich öffentlich für das Versammlungsverbot gegenüber Schwulen,Lesben und Transgender ein. Inwieweit engagieren sich die Politiker der Linken für die Menschenrechte von Homosexuellen in der Welt,um auch hierbei den FDP-Außenminister anzugreifen?
4. Spenden Sie ihre Diätenerhöhung auch zur Verbessung der Entwicklungszusammenarb.? Würden Sie dies auch für eine Organsition tun, die das Outing junger Menschen unterstützt?
5. Neugr. Linkspartei., SED wäre Gesch., nicht besser ?
mfg
FlSt
Sehr geehrter Herr Steiner,
vielen Dank für ihre Fragen, die ich gerne im Einzelnen beantworte:
Ihre Frage:
"1. a. Können Sie berichten, welche ihre Schwerpunktthemen im Entwicklungsausschuss sind, welche Erfolge Sie im Bundestag(trotz Opposition?!?!) durchsetzen könnten (mögl. juristischer Weg)?
Welche Übereinstimmung sehen Sie im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?"
Schwerpunkte meiner Arbeit sind die Themen Welternährung/ ländliche Entwicklung und Gesundheit in Entwicklungsländern. Außerdem beschäftige ich mich mit der Frage der Unternehmensverantwortung deutscher Firmen im Ausland. Ausführlich dazu können Sie auf meiner Homepage unter http://www.movassat.de/themen nachlesen.
Ganz konkrete Erfolge sind innerhalb der Bundestagsarbeit bzw. der Arbeit im Ausschuss leider so gut wie unmöglich: Dass ein Antrag der LINKEN von den anderen Fraktionen, insbesondere der Regierungsparteien, angenommen wird, ist so gut wie ausgeschlossen.
Als Oppositionsfraktion sehen wir unsere Aufgabe viel mehr darin, auf die Widersprüche und Lügen der Bundesregierung aufmerksam zu machen und Alternativen für eine solidarische und gerechte Welt aufzuzeigen. Das alleine hat manchmal eben auch konkrete Ergebnisse. So haben wir gerade erst sehr aktiv an Protesten zahlreicher Nichtregierungsorganisationen gegen den deutschen Ausstieg aus dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV, Malaria und Tuberkulose beteiligt. Minister Niebel ist schließlich zurückgerudert und hat - wenn auch auf einem sehr geringen Niveau - bis 2013 eine Beteiligung Deutschlands zugesagt.
Im entwicklungspolitischen Bereich besteht prinzipiell eine relativ große Übereinstimmung zwischen den Grünen und der LINKEN. Dennoch gibt es auch gravierende Unterschiede: Meiner Ansicht nach sind z.B. die neoliberalen Experimente der letzten 20 Jahre mit Schuld daran, dass immer noch fast eine Milliarde Menschen auf der Welt an Hunger leiden. Die Grünen setzen leider immer noch in weiten Teilen darauf, dass es die Märkte schon regeln werden.
"b. Was kritisieren Sie primär an der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung?"
Dass auch sie sich nicht im Geringsten an ihre Verpflichtungen hält. Vor 40 Jahren (!) hat Deutschland sich völkerrechtlich dazu verpflichtet, 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Die Bundesregierung beteuert, sie halte daran fest, dieses Ziel bis 2015 zu erreichen. Das ist schlicht eine Lüge. Heute liegt die Quote Deustchlands gerade mal bei ca. 0,4 Prozent, laut Bundesfinanzministerium soll in den nächsten Jahren für die Entwicklungszusammenarbeit sogar noch weniger Geld zur Verfügung stehen. Meine Position dazu können finden sie hier: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/020/1702024.pdf
Eine Anmerkung am Rande: Auch die Rot-Grüne Bundesregierung hat seinerzeit - anders als man vielleicht vermuten würde - entgegen ihren Versprechen nicht mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt.
Ansonsten ist die starke Fixierung auf die Unterstützung der deutschen Exportwirtschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit dieser Bundesregierung zu kritisieren. Entwicklungszusammenarbeit sollte sich an den Bedürfnissen der Menschen in den Ländern des globalen Südens orientieren und nicht an den Interessen deutscher Unternehmen.
„2. Menschenrechte gelten für alle Menschen! Da Sie Mitglied der Partei Die Linke. (Sie sind mit 17 eingetreten als dies noch die PDS, Nachfolgeorganisation SED) sind, frage ich Sie wie es in einem sozialistischen Land wie Kuba zu Verhaftungen von Frauen und Homosexuellen kam. Die Homosexuellen wurden teilw. sogar in Gefängnissen hingerichtet ! ( vgl. http://www.queer.de/detail.php?article_id=12666 )“
Der Umgang mit Homosexuellen ist sicher einer der verhängnisvollsten Fehler, den die kubanische Revolution begangen hat. Eine genaue Analyse, wie es dazu kam, kann ich hier nicht liefern. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass, wie auch unter dem Link nachzulesen ist, Homosexualität auch vor der Revolution 1959 in Kuba illegal war. Zu diesem Zeitpunkt gab es sicher zahlreiche Länder auf der Welt, in denen dies ebenfalls Realität war; auch in Deutschland waren Schwule und Lesben massiver auch gesetzlicher Diskriminierung ausgesetzt. Eine homophobe Politik ist sicher nicht spezifisch für sozialistische Länder. Eigentlich müsste sogar das Gegenteil der Fall sein. Im Übrigen steht auf queer.de, es seien „zahlreiche Homosexuelle in Internierungslagern zu Tode gekommen“. Sie schreiben „in Gefängnissen hingerichtet“. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass dies ein nicht unwesentlicher unterschied ist. Gezielte Exekutionen von Homosexuellen gab es in Kuba nicht.
„3. Das MdB Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) ist Teilnehmer der "Euro Pride" und setzt sich öffentlich für das Versammlungsverbot gegenüber Schwulen, Lesben und Transgender ein. Inwieweit engagieren sich die Politiker der Linken für die Menschenrechte von Homosexuellen in der Welt, um auch hierbei den FDP-Außenminister anzugreifen?“
Bei uns ist Barbara Höll zuständig für queere Politik. Was genau die LINKE auf diesem Gebiet für Positionen vertritt, können Sie unter http://www.barbara-hoell.de/nc/standpunkte/gleichstellung/ nachlesen.
4. Spenden Sie ihre Diätenerhöhung auch zur Verbesserung der Entwicklungszusammenarb.? Würden Sie dies auch für eine Organisation tun, die das Outing junger Menschen unterstützt?
Unter http://linksfraktion.de/abgeordnete/niema-movassat/bezuege/ finden Sie genau aufgelistet, was ich wohin Spende. Ich bin grundsätzlich offen für die Unterstützung interessanter Projekte.
5. Neugr. Linkspartei., SED wäre Gesch., nicht besser ?
Ich bitte um Verständnis - die Frage erschließt sich mir leider nicht. Bitte nochmal ausführen worauf Sie hinaus möchten. Danke.
Beste Grüße
Niema Movassat