Frage an Natalie Hochheim von Axel H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Hochheim,
eine Nachfrage habe ich noch zu Ihrer Antwort bezüglich Artikel 38, Grundgesetz.
Völlig klar, das die vielen komplexen Fachthemen kein Mensch mehr Überblicken kann.
Aber ist es nicht sehr Schade, dass die politische Praxis so vom Gundgesetz-Gedanken abweicht?
Ich habe viel darüber nachgedacht, eine tolle schnelle Lösung ist mit auch noch nicht eingefallen.
Aber ich habe immer das Gefühl, wie soll ich sagen... Das ist nicht Richtig, so wie Abstimmungen zustandekommen.
Da ist irgendwie etwas im Laufe der Jahrzehnte schiefgelaufen.
Also, wenn ich da an mich denke, nicht das ich nicht Kompromissbereit wäre, aber ich kann mir nicht Vorstellen wie ich in so einer Parteistruktur ertragen werden könnte.
Und ich kann mir vorstellen, das geht vielen so.
Kann man sich denn keine parlamentarische Demokratie vorstellen, ohne das, was ich hier wieder als Fraktionszwang titulieren möchte?
Ich habe immer das Gefühl, das ist mit politischen Neulingen so wie mit Lehrern.
Sie beginnen Ihre Arbeit voller neuer Ideen, Tatendrang und ganz individuellen Ansichten. Aber Stück für Stück werden Sie im Laufe der Jahre auf Linie gebracht.Sozusagen gemainstreamt. Sie merken, Sie müssen sich sehr weit (zu weit) an eine Systematik anpassen, oder diese verlassen.
Da Sie ja ein bisschen etwas von Philosophie wissen :-) , scheuen Sie sich nicht, wenn angebracht, auch von diesem Hintergrund ein wenig in Ihre Antwort und Meinung einfließen zu lassen.
Auch ich bin da sehr neugierig.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Holm
Sehr geehrter Herr Holm,
der Schriftsteller, Publizist und Kulturhistoriker Gustav Freytag hat einmal gesagt: „Grundlage der Politik (...) ist der Kompromiss“. Dieser These kann ich mich nur anschließen. Einen Kompromiss zu erzielen, ist sicherlich nicht immer ganz einfach. Dafür bietet der Findungsprozess aber auch Vorteile.
Nehmen wir als Beispiel die Parteistrukturen, die Sie ansprachen. Die CDU ist eine Volkspartei. Eine Volkspartei zeichnet sich dadurch aus, dass sich ihre Mitglieder aus vielen verschiedenen Bevölkerungsgruppen (z.B. Familien, Rentner, Arbeitnehmer, Arbeitgeber etc.) zusammensetzen. Wenn nun ein Gesetzesvorhaben vorangetrieben wird, müssen diese Bevölkerungsgruppen innerhalb der parteiinternen Diskussion einen gemeinsamen Beschluss fassen - und dies geht nur über Kompromisse. Dabei sollten alle Interessen mitberücksichtigt werden und keine Gruppe gänzlich unterliegen. Für den Einzelnen bedeutet dies natürlich, dass die ursprüngliche Idee nicht mehr hundertprozentig umgesetzt werden kann. Dieser Diskussionsprozess setzt sich anschließend innerhalb der Fraktion fort – und beinhaltet auch dort Kompromisse.
Ich persönlich kann damit gut leben, da ich weiß, dass Kompromisse auch immer ein Ausgleich von Gruppeninteressen bedeutet. Wer in der Politik tätig ist, muss sich daran gewöhnen, dass die eigenen Ideen nicht immer 1 zu 1 durchkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Natalie Hochheim