Frage an Nabil Rachid von Michael D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Nabil Rachid,
ich wohne schon seit 25 Jahren (meiner Geburt also) in Neukölln Nord zwischen Sonnenalle und dem Kiehlufer.
Mir fällt seit meiner Grundschulzeit auf, dass die Deutschkenntnisse und Integrationsversuche der hier ansässigen Migranten immer miserabler wurden. Es wird seit 20 Jahren eine eigenständige Versorgungswirtschaft etabliert , was dazu führt, dass Deutsch als Sprache und Zugehörigkeit abgelehnt wird, was zu Folge hat, dass junge Menschen mit ausländischen Hintergrund meist keinen oder einen sehr schlechten Schulabschluss aufweisen und daraus resultiert Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe (Hartz4) und Kriminalität. Was gedenken Sie aktiv zu tun, dass Migranten Deutschland als ihr Heimatland anzunehmen und sich vollständig zu integrieren mit allen Konsequenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Donner
Integration ist nur durch Toleranz und Akzeptanz beider Seiten erreichbar. Migranten und insbesondere Muslime sind zunehmender Intoleranz und Diskriminierung ausgesetzt. Der so genannte „Kampf gegen den Terror“ hat unsere Welt nicht sicherer gemacht. Stattdessen wurden Vorurteile gegenüber Muslimen verstärkt. Der Generalverdacht gegenüber Muslimen hat dazu geführt, dass sich die Mehrheit der Deutschen von Muslimen bedroht zu fühlt. Der „Kampf gegen den Terror“ diente schon Rot-Grün und jetzt der Großen Koalition als Ablenkungsmanöver von den tatsächlichen Problemen in der Gesellschaft. Die Opfer ihrer Politik des Sozialabbaus und der Steuergeschenke für Reiche und Konzerne sollen gespalten werden – in Jung und Alt, Mann und Frau, Studenten und Arbeiter, Erwerbslose und Arbeiter, angeblich „integrationsunwillige Ausländer“ und Deutsche. Ich bin insbesondere besorgt über eine Zunahme rechtsextremer und rassistischer Übergriffe auf Ausländer und migrantische Einrichtungen.
Die deutsche Regierung leistet Lippenbekenntnisse, hat aber jahrzehntelang keinen Finger gerührt, um Einwanderer in ihrem Bemühen um Integration zu unterstützen. Im Gegenteil.
Beispiel Kopftuch:
Die Europäer setzen sich für das Selbstbestimmungsrecht der Frau ein, für deren Gleichberechtigung. In Europa kann die Frau über ihren Körper frei entscheiden, so haben muslimische Frauen in ihren Heimatländern gelesen. Aber wenn sie hier arbeiten wollen, wird ihnen die erste freie Entscheidung entzogen. Das Stück Stoff auf ihrem Kopf genügt, Arbeitgeber davon abzuhalten, sie einstellen.
Von den ca. 200.000 in Berlin lebenden Menschen ausländischer Abstammung lebt über die Hälfte länger als 10 Jahre hier. Sie zahlen Steuern und Sozialabgaben, haben aber kaum Rechte. Sie dürfen nicht wählen und haben zu kämpfen mit einer besonders hohen Arbeitslosigkeit, extrem negativen Bildungschancen und Armut. Für viele kommt dazu noch seit oft mehr als 17 Jahren ein ungesicherter Aufenthaltstatus, die „Duldung“.
Besonders am Herzen liegt mir dabei Schule, Bildung und Ausbildung: Die Bildungssituation von Jugendlichen ausländischer Herkunft hat sich extrem verschlechtert. Nur jeder zehnte erreicht die Hochschulreife, dagegen schafft immerhin jeder vierte Deutsche das Abitur. Für die meisten Schüler die Hauptschule der einzige Bildungs- und Ausbildungsort. Und selbst dort erzielen rund 20 Prozent keinen Abschluss. Zwei von fünf Schülern bis 30 Jahre bleiben ohne berufliche Ausbildung. Migrantenkinder haben wie alle Kinder aus armen und Arbeiterfamilien zunehmend schlechtere Chancen auf einen höheren Schulabschluss und damit auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz. Schuld daran sind die Politiker, die jedes Jahr die Mittel für Schulen kürzen und die Konzerne, die trotz Rekordprofiten jährlich zehntausende entlassen und sich weigern, den Sozialstaat, Bildung und Ausbildung zu finanzieren. Letztes Jahr boten die Unternehmen in Deutschland 2,2 Prozent, in Berlin sogar 6,1 Prozent weniger Ausbildungsplätze an als 2004.
Deshalb setze ich mich ein für:
• Schaffung von ausreichend Ausbildungsplätzen durch Land und Bund • Betriebe, die nicht ausbilden, sollen zahlen und dürfen nicht zusätzlich subventioniert werden • Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium zugunsten integrierter Gesamtschulen
Besonders dramatisch ist die Situation für ausländische Jugendliche, die nach dem Ausländerrecht nur „geduldet“ sind und weder eine Lehre beginnen, noch arbeiten dürfen. Sie leben mit ihren Familien oft seit zehn oder mehr Jahren als arabische, türkische oder bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland. Ihre „Duldungen“ werden über Jahre hinweg mehrfach verlängert. Der Arbeitslosigkeit entkommen sie nur, wenn sich für einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz kein deutscher Bewerber findet. Dass viele ausländische Jugendliche nicht gut deutsch sprechen, macht es ihnen zusätzlich schwerer, einen guten Schulabschluss zu machen und Arbeit zu finden. Trotzdem plant die CDU-SPD-Bundesregierung, die Mittel für die Integrations- und Sprachkurse dieses Jahr um 67 Millionen Euro zu kürzen. Darum lügt Kanzlerin Merkel, wenn sie behauptet, mehr für die „Integration“ jugendlicher Ausländer tun zu wollen.
Deshalb setze ich mich ein für:
• Kostenlose und qualitativ hochwertige (!) Deutschkurse • Bleibe-, Ausbildungs- und Arbeitsrecht für alle hier lebenden Ausländer. Die menschenunwürdige Praxis der Kettenduldungen muss abschafft werden! • Wiedereinführung der Lehrmittelfreiheit • kleinere Klassen, Neueinstellungen von Lehrern (auch mit Migrationshintergrund) und kostenlose Weiterbildungsprogramme für Lehrkräfte