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Moritz Kenk
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Frage von Lothar W. •

Sollte es nicht doch mehr Videoüberwachung an öffentlichen Orten geben?

Sehr geehrter Herr Kenk,
der Mord an der Studentin in Freiburg an der Dreisam konnte nur aufgeklärt werden, weil in akribischer Arbeit alle Fahrgäste, die sich in einem gewissen Zeitfenster in der Straßenbahn aufgehalten hatten, an Hand der dort gemachten Videoaufnahmen überprüft wurden.
Öffentliche Orte sind also nicht in erster Linie potentielle Orte der Verbrechen, sondern dort gemachte Videoaufnahmen sind Datensammlungen, die - wenn sie nach strengen gesetzlichen Vorgaben verwendet werden - dabei helfen können, Verbrechen IN DER UMGEBUNG SOLCHER ORTE aufzuklären. Wenn ich eine Unterführung nachts als Fußgänger benutze, gibt mir eine dort installierte Videokamera eine gewisse Sicherheit (auch wenn sie vielleicht gar nicht funktioniert) - und dasselbe gilt in umgekehrter Form auch für einen Verbrecher...

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr W.

vielen Dank für Ihre Frage und entschuldigen Sie bitte die lange Zeit bis zur Antwort. Ich stecke derzeit vollständig im Wahlkampfstreß und bin daher noch nicht dazu gekommen.

Zum Mord-Fall in der Dreisam kann ich Ihnen jetzt leider keine fundierte Antwort geben, da ich die genauen Details zum Ablauf und den Ermittlungen nicht kenne. Dementsprechend kann ich auch wenig auf den Sinn oder Unsinn der Videokameras in diesem Verfahren eingehen.

Wie ich schon in der Kurz-Antwort geschrieben habe stehe ich als Kandidat und auch wir als LINKE gegen ein mehr als Videoüberwachung. Klar kann man immer Einzelfälle heranziehen, an der Videoüberwachung bei besonders schweren Verbrechen bei der Aufklärung hilft, aber schlußendlich ist es ja dann immer nur zur Aufklärung sinnvoll, wenn es bereits zu spät ist.

Wie auch schon in der Kurzantwort gesagt: Die Kameras sorgen nur für eine Verlagerung der Kriminalität. Und dort wo es nicht geschehen ist, ist der Schaden ja bereits da.

Ich denke für sichere Innenstädte sind andere Ansätze (auch in der später messbaren Kriminalitätsrate) erfolgsversprechender:

  • Ursachenbekämpfung durch soziale Arbeit
  • Prävention durch entsprechende Angebote (bspw. Frauen Nacht-Taxis)
  • Stärkung von Polizeipräsenz gerade im ländlichen Raum (und kein Abbau der Polizeistationen)

Die gesellschaftlichen Implikationen von Videokameras sind übrigens auch nicht zu verachten:

Menschen verhalten sich generell deutlich angepasster bis hin zur Selbst-Zensur, wenn Sie sich beobachtet fühlen (Chilling-Effekt). Dies ist natürlich hochproblematisch für eine freie Gesellschaft. Ich persönlich möchte in den Freiheitsrechten keine chinesischen Verhältnisse.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist dabei der Datenschutz: Eine eventuelle Speicherung und dem Misbrauch von einmal erhobenen Daten (oder dem Umstellen der vorhandenen Überwachungsinfrastruktur bei einer neuen Regierung) kann bei einmal installierten Kameras schlecht nachverfolgt werden. Auch die Mitarbeiter die jetzt diese Daten auswerten müssten wir ein sehr hohes Vertrauen schenken und können schlecht gegen Missbrauch kontrolliert werden.

Erste Ansätze zum Tracking aller Personen gibt es von Seiten des Staates und des Innenminister Seehofers auch schon (siehe Südkreuz).

Im Fazit also: Lieber mehr Prävention und echte Hilfe schon direkt beim Vergehen, als eine Überwachungsinfrastruktur aufzubauen die in der konkreten Anwendung sehr schwer zu kontrollieren ist.