Guten Abend Moritz, Wie stehst du zu der momentanen Situation in Afghanistan? Wie soll die Regieurng nach dem grossen Versagen mit den Ortskräften vor Ort weiter umgehen?
Guten Abend Moritz
Ich hoffe es ist in Ordnung, wenn ich Dich duze. Das ist in keiner Weise despektierlich gemeint.
MIch interessiert ferner, welche "Flüchtlingspolitik" du umsetzen wolltest. Hältst du in der momentanen Situation den Ausstieg aus der NATO für sinnvoll?(Gründe) Wie sollte sich Deutschland dann in der Außenpolitik aufstellen bzw. Beziehungen leben und sich einbringen?
Was hältst du von den außenpolitischen Ansichten von Eric Marquardt, auch wenn er Grüner in der EU ist? Wie möchtest du dich ins politische Leben als MdB einbringen? Ich schätze Erics Recherchen fachlich und praktisch vor Ort (Moria, Afghanistan). Kannst du dir so etwas vorstellen?
Was wären "deine politischen Schwerpunkte" bei der Linken im Bundestag?
Puh, ein Potpourri an Fragen! Ich freue mich auf deine Antwort.
Als "älteres Semester" schätze ich dein politisches Engagement. Wir benötigen dringend junge Politiker, die Inhalt und Kraft einbringen und Sprachrohr für diese Generation sind!!!
Guten Tag Margret,
vielen Dank für deine Frage. Ich duze jetzt einfach auch mal ;)
Diese Frage könnte man sehr gut in viele Einzelfragen aufteilen und zu den meisten ganze Bücher schreiben, ich versuche sie trotzdem mal nach und nach abzuarbeiten:
- Wie stehst du zur momentanen Situation in Afghanistan?
Die aktuelle Situation in Afghanistan ist sehr bedrückend. Die Bilder die man von vor Ort von verzweifelten Menschen sieht die sich an Flugzeugen festklammern oder Frauen-Demonstrationen die mit Tränengas beschossen werden, machen mich persönlich sehr betroffen. Die vollkommene Übernahme der Taliban ist gerade für die Frauenrechte ein großer Rückschritt.
Gleichzeitig ist auch klar, dass das sogenannte Nation-Building als Strategie des Westens gescheitert ist. Das ist bitter, insbesondere für die Bevölkerung vor Ort.
Wie soll die Regierung nach dem grossen Versagen mit den Ortskräften vor Ort weiter umgehen?
In der Tat haben wir es mit einem großflächigen Versagen der Bundesregierung zu tun. Dies wird gerade vom neuen Bundestag durch einen Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten sein. Besonders erschütternd ist, dass die Bundesregierung noch im Juni eine Evakuierung der Ortskräfte auf Anträge von LINKEN und Grünen hin, abgelehnt hat. Dazu kam eine grandios chaotische Kommunikation des Rettungseinsatzes und ein Chaos, sodass letztendlich nur unter 300 Ortskräfte gerettet wurden. Man wird vermutlich jetzt in den sauren Apfel beißen müssen und mit der Taliban über die Evakuierung der restlichen Ortskräfte verhandeln müssen. Ein erneuten Militäreinsatz halte ich für nicht realistisch und auch nicht zielführend.
- Mich interessiert ferner, welche "Flüchtlingspolitik" du umsetzen wolltest.
Als LINKE setzen wir uns für die Ausweitung des Asylrechtes (zumindest auf die Standards vor den ganzen Aufweichungen durch die verschiedenen Großen Koalitionen) ein. Persönlich setze ich mich vor allem für eine endlich europaweite Verteilung von Flüchtlingen durch faire Kontingente ein und die Schaffung von sicheren Fluchtwegen ein. Das Dublin-System lässt die Staaten am Rand von Europa mit der Verantwortung alleine.
Ein wichtiger weiterer Punkt ist, dass endlich Waffenexporte (zumindest in Krisengebiete) beendet werden und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit endlich erhöht werden. Es ist immer von Bekämpfung der Fluchtursachen die Rede und gleichzeitig profitieren wir vom Waffenexport in diese Länder, dass ist logisch nur noch absurd.
- Hältst du in der momentanen Situation den Ausstieg aus der NATO für sinnvoll? (Gründe)
Ich persönlich halte einen sofortigen NATO-Ausstieg für nicht sinnvoll und habe damit auch eine Differenz zum Wahlprogramm. Langfristig ist aber sowieso die Frage inwiefern sich die NATO noch halten lässt: Es gab fast zwischen 2 NATO-Partnern militärische Auseinandersetzungen (Türkei&Griechenland) und die USA treffen die Entscheidung ohne Rücksprache aus Afghanistan abzuziehen. Selbst der französische Präsident Macron hat die NATO als "hirntot" bezeichnet.
Viel wichtiger ob die Frage NATO hin oder her wäre es aus meiner Sicht, sich über die konkreten Probleme Gedanken zu machen: Wie gehen wir mit dem NATO-Partner Türkei um? Wie halten wir es mit der nuklearen Teilhabe in der NATO - Wollen wir also dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten? Und stehen wir zum 2%-Ziel der NATO?
Aus meiner Sicht bringt ein sofortiger Austritts Deutschlands nur noch mehr Unsicherheit in der aktuellen Lage. Wichtiger wäre doch in der aktuellen Situation eine inhaltliche Debatte über Abrüstung und ein Stopp der Waffenexporte.
- Wie sollte sich Deutschland dann in der Außenpolitik aufstellen bzw. Beziehungen leben und sich einbringen?
In der internationalen Sicherheitspolitik sollte Deutschland aus meiner Sicht sich für eine Stärkung der internationalen Beziehungen und diplomatischen Konfliktlösung stark machen. Weiter braucht es unbedingt eine Stärkung der UN und endlich eine Abschaffung der Vetomacht im Sicherheitsrat.
Über das Thema Linke Sicherheitspolitik habe ich erst am letzten Samstag eine Online-Veranstaltung mit unserem sicherheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion Matthias Höhn gehalten. Sie finden die Veranstaltung auf Youtube zum Anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=S1uBX_1WeOQ
Das geht auch mehr ins Detail, als ich das jetzt hier schriftlich könnte.
- Was hältst du von den außenpolitischen Ansichten von Eric Marquardt, auch wenn er Grüner in der EU ist?
Ich kenne Eric Marquardt nur von einigen wenigen Tweets auf Twitter. Diese fand ich in der Regel positiv, allerdings kenne ich Hr. Marquardt nicht persönlich und habe mich auch politisch nicht tiefer mit seiner Person auseinander gesetzt, so dass ich hier leider keine tiefere Analyse vornehmen kann. Überparteiliche Zusammenarbeit finde ich aber selbst sehr wichtig. Unter anderem habe ich auch schon für die SPD zur Gemeinderatswahl kandidiert und im Kreistag bilden wir mit der SPD zusammen auch eine gemeinsame Fraktion. Auch bei den Grünen finde ich persönliche viele Ansätze sehr richtig, gerade in der Klimapolitik gibt es da große Schnittmengen. Insgesamt werbe ich daher auch für eine Rot-Rot-Grüne Regierung. Hier müssen aber auch alle Parteien kompromissbereit sein.
- Wie möchtest du dich ins politische Leben als MdB einbringen? Was wären "deine politischen Schwerpunkte" bei der Linken im Bundestag?
Falls ich überraschend als Direktkandidat gewählt werden sollte, würde ich mich natürlich konstruktiv in die Arbeit des Bundestages einbringen. Mögliche Themenfelder für mich wären dort Digitalisierung, Mobilität oder Agrarpolitik. Letztlich entscheidet das aber immer die Fraktion. Wichtig ist natürlich auch der Kontakt zu den Initiativen, Vereinen und Menschen vor Ort und dem Voranbringen von überparteilichen Initiativen für den Wahlkreis. Ein Bahnhalt in Tunsel wäre beispielsweise so ein Fall.
- Ich schätze Erics Recherchen fachlich und praktisch vor Ort (Moria, Afghanistan). Kannst du dir so etwas vorstellen?
Ich halte vor Ort Erfahrungen für sehr wichtig. Persönlich ist Außen- und Migrationspolitik nicht mein Steckenpferd, ich weiß aber, dass ähnliche Vor-Ort-Besuche bereits von Fraktionsabgeordneten der LINKEN (bspw. Michel Brandt) durchgeführt werden und wurden. Ich würde wie oben schon geschrieben eher die innenpolitischen Themen bearbeiten. Ein Besuch beim Bahn- oder Agrarbetrieb ist zwar nicht so spektakulär, aber für die Gesellschaft ebenso wichtig.
- Puh, ein Potpourri an Fragen! Ich freue mich auf deine Antwort.
Als "älteres Semester" schätze ich dein politisches Engagement. Wir benötigen dringend junge Politiker, die Inhalt und Kraft einbringen und Sprachrohr für diese Generation sind!!!
Herzlichen Dank für dieses Lob. Ich tue mein bestes meine Generation zu vertreten und auch die Jugendbeteiligung voranzutreiben. Wichtig wäre dazu übrigens auch einmal, dass endlich zur Bundestagswahl das Wahlrecht ab 16 eingeführt wird ;)